Der vorgeschlagene Umbau eines 10-jährigen Komatsu HD 605-7 zum E-Dumper Nr. 1 ist gelungen.
Der von der Vigier Belegschaft respektvoll «Lynx» (dt. Luchs) getaufte E-Dumper verbraucht pro Tag weniger als 300 KWh, spart dabei jährlich über 50’000 Liter Dieseltreibstoff und damit 130’000 Kg CO2. Er leistet, je nach Fahrprofil, 10 – 20 Prozent mehr Tonnenkilometer als das typengleiche konventionelle Fahrzeug. Die grösste Herausforderung beim Umbau waren der Bau der weltgrössten Batterie auf einem Pneufahrzeug, der Zeit- und Kostendruck sowie schlussendlich die Lade-/Entladeinfrastruktur. Die Evaluation der Hauptkomponenten, Batterie, Motor mit höchstem Drehmoment in gedrängten Platzverhältnissen, Mulde, Getriebe, Wechselrichter, Steuerung usw. gelang aufgrund der Labor- und Feldversuche der von den Fachhochschulen erforschten Grundlagen sowie einer intensiven nationalen und internationalen Zusammenarbeit von Industrie, Labors, Fachhochschulen und zahlreichen Fachspezialisten. Mit der Konzeption (Wahl der Zellchemie, «Architektur» und Management der Zellen), dem Bau und der Erprobung im Umfeld der Steingrube «La Tscharner» wurden von allen Beteiligten Grenzen überschritten und Höchstleistungen abgefordert, technologisch, fachlich, zeitlich und finanziell. Das Projektteam war gefasst auf einen umfangreichen Forschungs- und Entwicklungsaufwand für die Wahl der Zellchemie, Zellstruktur und Architektur der Batterien, Anforderungen punkto Sicherheit, Vibrationen, Moderation der Temperatur, Feuchtigkeit beim Herzstück des geplanten Energie PLUS – Fahrzeugs, das mit seinen voll beladenen Talfahrten den Batterien mehr Strom zuführen sollte, als es für die Bergfahrt ins Abbaugebiet benötigt. Das weltweit erste Projekt, das dank der Mitfinanzierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft gestartet wurde, fand eine hohe Beachtung in mehreren hundert Berichten in Fachmedien. Dass ein Energie PLUS Betrieb, quasi ein perpetuum mobile immer noch nicht erreicht wird, tut diesem Erfolg keinen Abbruch. Mit dem E-Dumper kommen alle Vorteile des batterieelektrischen Betriebs zum Tragen. Bis dato überfordert war die Ladeinfrastruktur. Ein E-Dumper kann nicht einfach wie ein Tram oder ein Elektrobus an einer zentralen und geschützten Stelle aufgeladen oder entladen werden. Im Winter und an Wochenenden müssen die Batterien beheizt, im Vollbetrieb und im Sommer gekühlt werden. Der feine Gesteinsstaub erfordert staubdichte Konstruktionen und Einbauten. Die Ladeinfrastruktur und die dazu benötigten Leistungskomponenten standen erst ab Ende 2020 zur Verfügung und sie kosten ein Mehrfaches als ursprünglich veranschlagt. Deren Kühlbedarf und bei tiefen Minustemperaturen Beheizung, immer unter Berücksichtigung von starken Vibrationen im rauhen Gelände, ständiger Feuchtigkeit, Staub und - als Folge - deren Verklumpung hatte zahlreiche kostenintensive Nachbesserungen zur Folge. Die drei grössten Vorbehalte gegenüber der Elektromobilität sind: Reichweite, Ladeinfrastruktur sowie Lithium-Batterien als Speicher, punkto Oekologie (Herkunft der Bestandteile, Graue Energie und Entsorgung), Leistung und Lebensdauer. Lithium-Batterien sind derzeit die effizientesten Stromspeicher unter Berücksichtigung der Faktoren: Herkunft des Stroms: Da hauptsächlich aus Rekuperation, spielt dies beim E-Dumper eine untergeordnete Rolle. Graue Energie: die Pouches und Zellen stammen aus China, deren Bau zu den vier Batterien erfolgte in der Schweiz. Die Leistung der Batterien des E-Dumper hängt von der Zellchemie und der Grösse der Batterien ab. Mit den besten 2017 verfügbaren Zellen, den Westart NCM 125 Ah wird eine Leistungsdichte von 160 Wh pro Kg erreicht; die Grösse der Batterien wurde nach deren maximalen Belastung in der Rekuperationsphase von – 1000 KW, dem maximalen CFaktor von 1,5 (Strom gegenüber der Kapazität der Zellen) und der gewünschten Einsatzdauer (nämlich minimal 1 Schicht von 8 Stunden mit über 20 Fahrzyklen pro Ladezyklus).Es bleiben die Fragen nach der Lebensdauer, zu der das Projekt interessante Antworten und Erkenntnisse gebracht hat. Die Kurzantworten als Zusammenfassung:
- Einzelne der 1536 Zellen fielen bereits bei der Montage auf, mussten aber aus Zeitnot trotzdem verbaut und dann später ausgewechselt werden.
- Für 5 Pouches in Serie pro Zelle und bei Parallelverschaltungen ist ein Batteriemanagment zu vernünftigen Kosten überfordert; dies gilt sowohl für die je zwei parallel verbauten Zellen in den Stacks, als auch für die vier parallel über eine DC-Sammelschiene betriebenen Batterieblöcke.
- Bei sorgfältigem Logging der Batteriedaten, effizientem Temperaturmanagement für alle 1536 Zellen, Einschichtbetrieb (pro Tag) und topografischen Gegebenheiten, wie im Steinbruch «La Tscharner» im Berner Jura gegeben, werden die Batterien 12 bis 15 Jahre betrieben werden können und auch dann noch eine Restkapazität von rund 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität und die Zellen einen Wert von geschätzten 20 Prozent aufweisen.
- Bereits heute (2020) könnten für einen E-Dumper Nr. 2 vergleichbarer Bauart bei exakt gleicher Architektur 20 Prozent mehr Batterie-Leistung zu tendenziell niedrigeren Kosten verbaut werden.
Beim E-Dumper Nr. 1 «Lynx» wie ihn die Mitarbeiter von Vigier getauft haben, fallen drei Dinge auf: Die grüne Farbe auf Wunsch der Betreiberin. Die nicht existenten Abgase und Lärmemissionen. Die komplett anders aufgebaute Lademulde. Die sogenannte Gummimulde australischer Provenienz wurde evaluiert, weil die ursprüngliche Stahlmulde nicht mehr mit den heissen Abgasen beheizt werden konnte. Die Stahl(-gerippe), Nylon(-stränge), Gummi(-matten)-Mulde muss ist federnd, absorbiert harte Schläge der tonnenschweren Steinbrocken, ist etwas leichter und kann etwas mehr laden, steigert somit die Produktivität und die Wertigkeit des E-Dumpers zusätzlich. Bisher wurde ein einziger Prototyp gebaut. Die Abrechnung zeigt rund dreifache Kosten im Vergleich mit einer konventionellen Dieselmaschine. Dank vielseitiger Erkenntnisse, vor allem bei den nachträglichen Verbesserungen, kann ein (internes) Projektziel, ein Umbau einer mindestens gleichwertigen batterieelektrisch betriebenen Maschine zu etwas mehr als doppelten Kosten veranschlagt werden. Die oekologischen Ziele werden dabei erreicht. Elektrische 110 – 160 Tonnen Dumper zu mit Diesel Maschinen vergleichbaren Kosten während ihrer Lebensdauer (TCO Betrachtung) können bei einer Serienfertigung prognostiziert werden. Nach einer anfänglichen Begeisterung, vor allem in den Fachmedien, wird die Serienfertigung allerdings kaum im europäischen Raum den Durchbruch schaffen. Das grösste Interesse beobachten wir derzeit aus Kanada, Australien, Chile und China.