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Forschungsstelle
BAFU
Projektnummer
WHFF 2019.07
Projekttitel
Tragverhalten und adaptive Steifigkeit von Holzrahmenwänden für erdbebengerechte Gebäudeaussteifung im mehrgeschossigen Holzbau

Texte zu diesem Projekt

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Kurzbeschreibung
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Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)
Erdbeben
Kurzbeschreibung
(Deutsch)
Erdbebengerechtes Bauen ist aus technischer, normativer und juristischer Sicht Pflicht. Eine Untersuchung der BFH zum Thema Relevanz der Bemessungssituation Erdbeben in Schweizer Holzbau [MEIE 2018] hat gezeigt, «dass für Wohnbauten in Holzbauweise, trotz schwacher bis mittlerer Seismizität in der Schweiz, die Bemessungssituation Erdbeben sehr oft massgebend ist und für die Bemessung zwingend zu berücksichtigen ist, wie dies auch die SIA-Tragwerksnormen vorschreiben». Die für die Erdbebenbemessung in der Norm SIA 261:2020 neu eingeführten Antwortspektren sowie die neue Erdbebenzone Z1b führen dazu, dass für Holzbauten in vielen Fällen noch grössere Erdbebenkräfte anfallen. Mit grosszügigen Räumen im Erdgeschoss und grossen Öffnungen in den Fassaden, bildet die zeitgemässe Architektur für den Holzbau eine Herausforderung bezüglich dem Aussteifungskonzept. Eine Schwierigkeit liegt darin, dass gemäss aktueller Norm SIA 265, die Bereiche von Holzrahmenwänden mit grösseren Öffnungen als nicht tragend zu betrachten sind. Abweichungen von dieser Norm sind zwar nach Norm SIA 260 möglich, jedoch fehlen dafür ausreichende theoretische sowie experimentelle Grundlagen. Ob die Bereiche um die Öffnungen als nicht-tragend oder als tragend betrachtet werden, beeinflusst die Anzahl der Verankerungen und die Intensität der anzusetzenden Kräfte massgeblich. Die Verankerung von mittleren bis hohen Kräften ist im Holzbau kostenrelevant.

Projektziel war, die notwendigen Grundlagen zu erwerben, sodass ein Grossprojekt, das in der Holzbaubranche breit abgestützt und unterstützt ist, lanciert werden kann. Ziel des vorgesehenen Folgeprojekts ist die Entwicklung einer experimentell abgesicherten Methode für die Modellierung, Bemessung und Ausführung von aussteifenden Wänden mit Öffnungen.

Im Rahmen eines BFH-AHB internen Vorprojektes konnte anfangs 2019 die Machbarkeit des Prinzips aussteifende Wände mit Öffnungen gezeigt werden. Dazu kam der neue Ansatz der adaptiven Steifigkeit zustande, dessen baupraktische und wirtschaftliche Machbarkeit geprüft werden soll. Dafür war es notwendig, das Tragverhalten von OSB-Holz-Klammerverbindungen detailliert zu bestimmen. So wurde die Steifigkeit dieser Verbindung anhand von 48 Prüfkörpern untersucht. Dabei wurden monotone und zyklische Versuche mit vier unterschiedlichen Kraft-Faserwinkel-Konfigurationen durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigten, dass der Verschiebungsmodul dieser Verbindung deutlich höher liegt als gemäss Normen SIA 265/1:2012 und SIA 265:2012 angeben. Neu ist jedoch die Erkenntnis, dass der Kraft-Faserwinkel die Steifigkeit nicht signifikant beeinflusst. Eine Halbierung der Steifigkeit im Falle „rechtwinklig zur Faserrichtung“ nach Tab. 265.25 konnte nicht beobachtet werden. Ferner wurde der Einfluss der Inneneckgeometrie (scharfkantig, innen und aussenliegende Radien) der OSB C-Platten auf den Tragwiderstand anhand von 35 Prüfkörpern mit OSB/3-Platten von drei unterschiedlichen Herstellern untersucht. Erwartungsgemäss haben innenliegende Radien eine Laststeigerung zur Folge. Ein innenliegender Radius von 8 mm hat sich als optimale Inneckgeometrie herausgestellt bezüglich Produktion und Leistungsfähigkeit. Bei der Auswertung nach Plattenhersteller hat sich gezeigt, dass die Minimalwerte auf demselben Niveau liegen. Anders sieht es jedoch mit den Maximalwerten aus. Mit grossen Überfestigkeiten werden auch beträchtliche Überfestigkeitsfaktoren notwendig, um eine funktionierende Hierarchie der Tragwiderstände zu gewährleisten. Dies wirkt sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Ansatzes der adaptiven Steifigkeit aus. Um die Prüfwände mit CPlatten modellieren zu können, wurde zuletzt an 30 weiteren Prüfkörpern die extrapolierte Eckstrukturspannung bei OSB/3 untersucht. Um die Versagensvorhersage der C-Platten in OSB/3 zu ermöglichen, wurden Biegeprüfungen mit drei unterschiedlichen geometrischen Verhältnissen (gedrungen, schlank und dazwischen) durchgeführt. Die Prüfkörper wurden mit DIC (Digital Image Correlation) aufgenommen und durch FEA (Finite Elemente Analyse) simuliert. Leider musste
festgestellt werden, dass die Oberfläche von OSB mit den unterschiedlichen Spanrichtungen eine zielführende DIC-Auswertung unmöglich macht. Trotzdem war es möglich, die FEA-Simulation aufgrund der erhaltenen Maximallasten und Variationskoeffizienten zumindest näherungsweise zu kalibrieren.

Basierend auf den Prüfergebnissen der insgesamt 113 getesteten Kleinprüfkörper konnten nun die Prüfwände geplant und FE-analysiert werden. Die Wandgeometrie und Ausführung wurde an ein echtes Bauprojekt der Partnerfirmen Schaerholzbau und Winter und Walther angelehnt. Zwei unterschiedliche Wandtypen wurden entwickelt: 1) mit C-Platten (C) und 2) mit Verstärkungsgurten (V) in Form von durch die OSB-Beplankungen aufgeschraubten Windrispenbändern. Die Wände sind 5,10 m lang und 2,56 m hoch. Mit je zwei Wiederholungen wurden insgesamt vier Wände auf dem Prüfrahmen monoton getestet. Zusätzlich zu konventionellen Wegaufnehmern wurden DMS (Dehnmessstreifen) auf dem Stahlstab, der als Zugverankerung diente, aufgeklebt, um die Zugankerkräfte während dem Versuch zu bestimmen. Sowohl für die Wände mit C-Platten (C) als auch für diejenige mit Verstärkungsgurten (V) gab es zwischen der FE-Analyse und dem Experiment eine gute Übereinstimmung bezüglich der Steifigkeit. Jedoch konnte die Kraft, bei welcher die OSBBeplankung der Wände mit C-Platten im Eckbereich reissen, mit der FEA nicht zuverlässig vorhergesagt werden. Dies zeigt sich als grosse Schwierigkeit bezüglich des Ansatzes der adaptiven Steifigkeit. Zudem ist zu erwarten, dass – auch wenn diese Risskraft präziser bestimmt werden könnte – beträchtliche Überfestigkeitsfaktoren zu berücksichtigen sind, da die Mindestfestigkeiten der OSBPlatten je nach Hersteller deutlich überschritten werden. Ferner hat sich der Steifigkeitszuwachs durch die Ausführung mit C-Platten (k = 3,75 bzw. 3,78 kN/mm) mit nur 6%, im Vergleich zur Ausführung mit Verstärkungsgurten (k = 3,51 bzw. 3,60 kN/mm) als sehr bescheiden erwiesen. Dies ist sehr wahrscheinlich auf die relativ grossen Fensteröffnungen zurückzuführen. Die Höchstlasten betrugen 122,1 bzw. 119,2 kN für die Wände mit C-Platten, 155,7 bzw. 156,6 kN im Falle von Verstärkungsgurten, d.h. rund 30% mehr. Auf Bemessungsniveau wurde der horizontale Tragwiderstand der Wand mit C-Platten auf FH,Rd = 46 kN festgelegt. Für die Wand mit Verstärkungsgurten beträgt dieser Wert FH,Rd = 73 kN, d.h. rund 60% mehr. Die Messungen der vertikalen Schwellenverformungen haben gezeigt, dass dies bei der praxistauglichen Ausführung von Wänden mit Öffnungen ohne Zwischenverankerungen zu berücksichtigen ist. Schubverankerungen müssen in vertikaler Richtung ausreichend weich sein, um weitgehend zwängungsfrei arbeiten zu können. Die Summe der anzuschliessenden Zugankerkräfte für die Betrachtungsweise «Wandsegmente» (als 100% definiert) wird mit «Wände mit Öffnungen» verglichen. Für Wände mit CPlatten beträgt diese Summe 38%. Für Wände mit Verstärkungsgurten sind es 44%. Die Bereiche, um die Öffnungen als tragend zu gestalten und zu betrachten, bildet eine sehr effiziente Möglichkeit, um die Zugverankerungskosten zu reduzieren.

Im Verlauf der Projektbearbeitung hat sich gezeigt, dass sich der Ansatz der adaptiven Steifigkeit als nicht wirtschaftlich erwiesen hat. Parallel dazu wurde im Rahmen eines anderen Projektes entdeckt bzw. bestätigt, dass Holzrahmenbauten eine hohe Tragwerksdämpfung aufweisen. Mit einem viskosen Dämpfungsmass von beispielweise 10% anstelle der üblicherweise pauschal angesetzten 5% konnten die Erdbebenkräfte rund 20% reduziert werden. Deshalb wurde entschieden, einen ergänzenden Ausschwingversuch zur Bestimmung des viskosen Dämpfungsmasses zu planen und durchzuführen. Leider waren der Auslösemechanismus und die geplante eingeschossige Konstruktion nicht ausreichend aufeinander abgestimmt, um zuverlässige Dämpfungswerte ermitteln zu können. Lediglich die Grundschwingzeit konnte bestimmt werden. Die Modifikation des Versuchsdispositivs hätte den Rahmen dieses Projektes gesprengt und der Versuch musste vorläufig eingestellt werden. Jedoch wurde der Versuchsaufbau nicht demontiert, um im Rahmen eines Folgeprojektes die entsprechenden Versuche durchführen zu können.

Eine praxistaugliche Umsetzung des Ansatzes der adaptiven Steifigkeit ist aus den vier folgenden Gründen nicht gegeben: a) Schwierigkeit einer zuverlässigen Rissvorhersage; b) grosse erforderliche Überfestigkeitsfaktoren; c) bescheidener Steifigkeitszuwachs (6%); d) geringere horizontale Tragfähigkeit (ca. 2/3) im Vergleich zu Wänden mit Öffnungen mit Verstärkungsgurten. Dies bedeutet aber nur, dass der Ansatz der adaptiven Steifigkeit kaum zielführend ist. Aussteifende Wände mit Öffnungen und Verstärkungsgurten bilden jedoch eine gute Lösung für die erdbebengerechte und effiziente Aussteifung von Holzrahmenbauten.

Für die Lancierung eines breit abgestützten Grossprojekts konnten die dafür notwendigen Grundlagen gewonnen werden. Die folgende Strategie wird empfohlen: Nur Endverankerungen werden angebracht. Die Verstärkungen bestehen aus innen- oder aussenliegen Zuglaschen aus Furnierschichthölzern oder Windrispenbändern. Eine mehrgeschossige Betrachtung ist anzustreben. Auf eine adaptive Steifigkeit soll verzichtet werden, wie auch auf eine duktile Bemessung. Dafür soll geprüft werden, ob die nicht-duktile Bemessung nicht mit einem Verhaltensbeiwert von q = 2 durchgeführt werden könnte. Zuletzt soll untersucht werden, ob für das viskose Dämpfungsmass grössere Werte als die pauschalen 5% angesetzt werden könnten.
Publikationen / Ergebnisse
(Deutsch)
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