Bei der am meisten verbreiteten Installationsart von PV-Modulen auf Flachdächern werden die Module bodennah in Ost/West-Ausrichtung unter geringen Neigungswinkeln montiert. Trotz geringerem spezifischem Energieertrag (kWh/kWp) als bei einer optimierten Südausrichtung ermöglicht sie bei hohen Flächenausnutzungsgraden hohe Energieerträge pro Fläche. Diese Installationsart wurde als Referenzsystem gewählt. Dieses Projekt befasst sich mit der Frage, ob der Energieertrag pro Fläche durch alternative Systemdesigns weiter gesteigert werden kann.
Bifaziale Module mit Abstand vom Boden und reflektierender Dachoberfläche sind eine Möglichkeit den Energieertrag zu steigern. Mit diesem Ansatz können die ohnehin notwendigen Wartungsgänge als reflektierende Flächen zur Ertragssteigerung sinnvoll genutzt werden. Die Realisierung einer hohen Albedo ist auf Dachflächen über Folie oder Farbe einfacher möglich als beispielsweise auf Freiflächen. Mit einem miniaturisierten Testsystem wurde experimentell eine Ertragssteigerung von ca. 15 % gegenüber der Referenz ermittelt. Der Effekt nimmt allerdings bei großen Systemausdehnungen und geringerer Installationshöhe ab, da nur Licht aus Randbereichen reflektiert wird. Auch wenn eine Verallgemeinerung somit schwierig ist, birgt der Einsatz bifazialer Module bei hoher Albedo die Möglichkeit einer signifikanten Ertragssteigerung.
Ein weiterer untersuchter Ansatz sind Systeme mit vertikal aufgeständerten bifazialen Modulen. Auch mit hoher Albedo und bei geringen Reihenabständen kann jedoch der flächenspezifische Energieertrag gegenüber dem Referenzsystem nicht gesteigert werden. Dies ist auch dann der Fall, wenn reflektierende Strukturen zwischen den Modulen installiert werden. Dadurch werden dann zwar vergleichbare spezifische und flächenspezifische Erträge erzielt wie mit Standardsystemen, aber bei höherem Aufwand und höheren Kosten. Vertikal installierte Module auf Flachdächern mit gut reflektierendem Untergrund könnten zukünftig, aufgrund ihres Ertragsprofils von Interesse sein. Sinnvoll ist ihre Verwendung bereits heute in Kombination mit Dachbegrünung aufgrund von Synergieeffekten, allerdings bei bewusst in Kauf genommenem geringerem PV-Ertrag, sowie bei der Anwendung in alpinen Regionen (keine Schneebedeckung der Module, bifazialer Gewinn durch Schneereflexion).
Ertragssteigerungen im Vergleich zur Referenz sind auch durch den Einsatz von horizontal ausgerichteten Trackern (HSAT) möglich. Um den flächenspezifischen Energieertrag zu steigern ist auch beim HSAT ein geringer Reihenabstand notwendig, was den sinnvoll anfahrbaren Winkelbereich begrenzt, um Verschattungsverluste zu vermeiden. Experimentell konnte aus den Daten ein optimaler Winkelverlauf bestimmt werden. Nur durch das das Tracking allein wurden experimentell, bei annähernd dichter Flächenbelegung, im Jahresmittel Energieertragssteigerungen von ca. 6 % im Vergleich zu fix installierten flach aufgeständerten bifazialen Modulen erzielt (Referenz bifazial). Der experimentell ermittelte Mehrertrag liegt höher als durch Simulationen vorhergesagt. Mit dem im Projekt verwendeten HSAT-Testsystem konnte bauartbedingt nicht das volle Ertragspotential des Ansatzes aufgezeigt werden, bei optimierter Ausführung kann somit mit einem höheren Mehrertrag gerechnet werden. Rein durch den Mehrertrag pro Fläche ist es im Mittelland jedoch voraussichtlich dennoch nicht möglich, ein wirtschaftlich attraktives HSAT-System auf Flachdächern zu realisieren. Berücksichtigt man stündlich zeitabhängige Stromtarife oder Berglagen mit Schnee könnte sich bei grösseren Reihenabständen aufgrund des günstigeren Gestehungsprofils ein anderes Bild ergeben.
Auch durch Reflektoren ausserhalb des Kollektorfeldes können die Erträge abhängig von der Grösse des Reflektors und des Kollektorfeldes deutlich gesteigert werden. Bei den durchgeführten Messungen wurden an einzelnen Tagen Mehrerträge von 30 % erzielt. Zeitlich dynamische Reflektoren, die je nach Wetterbedingungen ein- und ausgefahren werden können, könnten für alle Systeme und auch als Nachrüst-Kit eingesetzt werden. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um zu evaluieren, ob dies zu wirtschaftlichen Lösungen führen kann.
Kernbotschaften («Take-Home Messages»)
- Durch bifaziale Module in Kombination mit einer erhöhten Aufständerung und reflektierender Dachfolie können höhere spezifische und flächenspezifische Mehrerträge gegenüber typischen PV-Systemen auf Flachdächern erzielt werden. Mit einem Testsystem wurde experimentell eine Ertragssteigerung von ca. 15 % ermittelt. Eine Verallgemeinerung ist schwierig, dennoch birgt der Einsatz bifazialer Module bei hoher Albedo die Möglichkeit einer Ertragssteigerung bei vergleichsweise geringem Aufwand.
- Mit vertikal installierten bifazialen Modulen kann im Vergleich zur klassischen aufgeständerten Referenz kein flächenspezifischer Mehrertrag pro Jahr erreicht werden. Mit zusätzlichen strukturierten Reflektoren zwischen den Modulreihen werden vergleichbare Jahreserträge erzielt, allerdings mit höherem Aufwand. Sinnvoll ist der Einsatz vertikaler Module in Höhenlagen insbesondere bei länger anhaltenden Schneelagen, in Kombination mit Gründächern und potenziell zukünftig aufgrund des netzdienlicheren Ertragsprofils.
- Durch horizontales einachsiges Tracking (HSAT) konnte bei annähernd dichter Anordnung ein experimenteller Jahresmehrertrag von ca. 6 % ermittelt werden, wobei durch Optimierung noch höhere Werte möglich sind. Eine wirtschaftlich sinnvolle Umsetzung rein durch die Tracking-Mehrerträge ist dennoch unwahrscheinlich. Über weitere Vorteile (Vermeidung Schneebedeckung, Wartungszugänglichkeit / Flächenausnutzung, Gründach-Kombination, Ertragsprofil) könnten HSAT-Anlagen auf Dächern eine Anwendung in der Praxis finden.
- Reflektoren im Randbereich des Kollektorfeldes bieten ein Potential für Ertragssteigerungen. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob dies zu wirtschaftlichen Systemlösungen führen kann.