Das Hauptziel dieses Projektes besteht darin, ein verteiltes Überwachungssystem (englisch: Distributed Monitoring System) für Verteilnetze in einem real existierenden Verteilnetz zu erproben. Das besagte Überwachungssystem verwendet zeitsynchronisierte Zeigermessgeräte (englisch: Phasor Measurement Units / PMUs), die in verschiedenen Knotenunkten des Netzes platziert werden. Diese PMUs senden die gemessenen Phasoren über ein Telekommunikationsnetz an einen Datensammelpunkt (englisch: Phasor Data Concentrator / PDC). Dort werden die Messwerte nicht nur gesammelt, sondern auch zum Zweck der Netzzustandserkennung (englisch: Power System State Estimation / SE) weiterverwendet. Genauer gesagt wird der Netzzustand mithilfe einer Maximalwahrscheinlichkeitsmethode ermittelt. Die Verwendung von PMUs gestattet es, den SE-Prozess mehrere Male pro Sekunde durchzuführen. Dies ermöglicht es wiederum, selbst rasche Veränderungen des Netzzustandes nachzuvollziehen. In diesem Zusammenhang spricht man daher von „Netzzustandserkennung in Echtzeit“ (englisch: RealTime State Estimation / RTSE).
Der vorliegende Bericht gliedert sich inhaltlich zwei Teile:
Zum Ersten stellen wir ein Konstruktionsprinzip für einen PDC vor, der Messdaten auf dreierlei Weise verarbeiten kann: mit Hilfe absoluter Zeitmarken, relativer Zeitmarken, oder unter Minimierung der durch den PDC verursachten Latenz (englisch: „push-when-complete“). Die letztgenannte Methode ist in Einklang mit der IEEE Richtlinie C37.244-2013 so konzipiert, dass durch sie keine zusätzlichen Datenverluste entstehen. Die drei Verarbeitungsmechanismen vergleichen wir anhand der PMU-Installation im Stromnetz der Stadt Lausanne in puncto Zuverlässigkeit, Determinismus, und kumulierter Latenz. Die Installation besteht aus 15 PMUs, welche an ein Glasfasernetz-Telekommunikationsnetz angeschlossen sind. Die Versuchsergebnisse zeigen, dass der „push-when-complete“ Ansatz die tiefste kumulierte Latenz erreicht, wohingegen die anderen Methoden besser mit Verzögerungen der Messwerte umzugehen vermögen.
Zum Zweiten präsentieren wir eine Umsetzung eines PMU-basierten RTSE in die Praxis, durchgeführt in einem Teil des 125kV-Unterverteilnetz der Stadt Lausanne, sowie die daraus gewonnenen Resultate. In diesem Zusammenhang analysieren wir sowohl die Genauigkeit als auch die Leistungsfähigkeit des verwendeten RTSE, der auf der Methode der kleinsten Quadrate (englisch: Linear Weighted Least Squares) fusst.