Kurzbeschreibung
(Deutsch)
|
|
Hochpathogene aviäre Vogelgrippeviren vom Subtyp H5N1 (Klade 2.3.4.4b) haben sich in den letzten 3 Jahren global ausgebreitet und haben zum millionenfachen Tod von Wildvögeln und Wirtschaftsgeflügel geführt. Ausserdem ist es H5N1 gelungen, die Speziesbarriere wiederholt zu durchbrechen. Neben Pelztierfarmen in Spanien und Finnland waren auch Katzen in Polen betroffen, die mit H5N1 infiziertes rohes Geflügelfleisch gefressen hatten. Auch viele wildlebende Carnivore wie z.B. Füchse infizierten sich in Europa und Nordamerika durch den Verzehr erkrankter Vögel. Besonders erschreckend ist der tausendfache Tod von Seelöwen und Seerobben an Südamerikas Küsten. Insgesamt kennt man inzwischen 46 verschiedene Säugetierarten, die von H5N1-Infektionen betroffen sind. In vielen Fällen konnte man im Genom der aus diesen Tieren isolierten Viren adaptive Mutationen nachweisen.
Die jüngsten Ereignisse in den USA zeigen, dass H5N1 auch vor Wiederkäuern keinen Halt macht. Im März dieses Jahres wurden auf einer Farm in Minnesota (USA) 10 neugeborene Ziegenkitze mit H5N1 infiziert, wovon 5 verstarben. Die erwachsenen Ziegen zeigten dagegen keine Symptome und das Virus konnte in ihnen auch nicht nachgewiesen werden. Allerdings wurde die Milch der Muttertiere nicht untersucht. Die Ziegen auf der Farm nutzten die gleiche Weide und den gleichen Teich wie das Geflügel.
Im Februar 2024 trat bei zahlreichen Milchkuhherden in Texas (USA) ein auffälliger Rückgang der Milchproduktion auf («milk drop syndrom»), ohne dass die Ursache festgestellt werden konnte. Im März 2024 wurde dann auf einer Farm mit erkrankten Kühen zahlreiche tote Vögel und Katzen aufgefunden. Die daraufhin auf das hochpathogene aviäre H5N1-Virus (Klade 2.3.4.4b) untersuchten Kühe erwiesen sich als H5N1-positiv. Insbesondere die Milch der Tiere enthielt extrem grosse Mengen infektiöses Virus (bis zu 109 infektiöse Einheiten pro ml). Im Respirationstrakt der Tiere wurde dagegen nur wenig oder kein Virus nachgewiesen. Die bei Geflügel beobachtete hohe Mortalität wurde bei Milchkühen nicht beobachtet. Alle Tiere erholten sich wieder von der Infektion. Allerdings breitete sich das Virus rasch aus und konnte inzwischen in mehr als 60 Milchkuhherden in 9 US-Bundesstaaten nachgewiesen werden. Auch eine Übertragung des Virus auf benachbarte Geflügelbestände wurde beobachtet. Schliesslich konnte das Virus auch bei zwei Farmarbeitern nachgewiesen werden, die beide an einer Bindehautentzündung litten. Da weitaus mehr Personen Kontakt zu infizierten Kühen gehabt haben müssen, nimmt man an, dass die Infektion bei ihnen mit keinen oder nur milden Symptomen verbunden waren und daher unentdeckt blieb.
Die amerikanischen Behörden wiesen H5N1-spezifische RNA in ca. 20% aller getesteten Milchproben nach, was darauf hindeutet, dass das Virus wohl schon weiterverbreitet ist als bisher angenommen. Infektiöses Virus wurde in den Milchproben allerdings nicht nachgewiesen. Man nimmt an, dass H5N1 durch den Pasteurisierungsprozess inaktiviert wird. Eine Untersuchung des FLI von ca. 1000 Milchproben in Deutschland verlief dagegen ohne positiven Befund. Erste vom IVI in Mittelhäusern durchgeführte Infektionsversuche an primären bovinen Mamma-Epithelzellen weisen zudem daraufhin, dass die in 2022 in Europa zirkulierenden aviären H5N1-Viren wohl noch nicht die Fähigkeit erlangt hatten, effizient in diesem Gewebe zu replizieren. Neuere Virus-Isolate von 2023, die am FLI untersucht wurden, waren jedoch bereits in bovinen Mamma-Epithelzellen infektiöser. Diese Beobachtungen zeigen deutlich darauf hin, dass uns zurzeit noch das Verständnis fehlt, aufgrund welcher genetischer Veränderungen das Virus nun in Kühen auftritt und dort vor allem im Euter zu grossen Mengen vorkommt.
Die Infektion von Milchkühen in den USA mit hochpathogenen aviären H5N1-Viren ist ein ausserordentlich ungewöhnlicher Vorgang, für den es in der Literatur nur wenige Beispiele gibt. Auch der Ort der Virusreplikation im Euter der Tiere ist ungewöhnlich. All dies wirft zahlreiche Fragen bezüglich des zoonotischen Potentials des Erregers, der Tiergesundheit und der Lebensmittelsicherheit auf:
- Auf welchen Wegen infizieren sich die Tiere?
- In welchen bovinen Geweben bzw. Organen repliziert H5N1?
- In welchen Geweben von anderen Tierarten kann H5N1 replizieren?
- Was sind die Determinanten im Genom der Viren, die die Infektion von Milchkühen begünstigen? Gibt es hier Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen H5N1-Isolaten?
- Wie verbreitet sich das Virus von Kuh-zu-Kuh, von Kuh-zu-Mensch, und Kuh-zu-Geflügel?
- Wie sicher sind mit H5N1-kontaminierte Rohmilchprodukte für den menschlichen Verzehr? Wird das Virus durch die Milchsäuregärung effizient inaktiviert?
- Wie kann die Früherkennung für ähnliche Fälle in der Schweiz verbessert werden?
|
|
Kurzbeschreibung
(Englisch)
|
|
Hochpathogene aviäre Vogelgrippeviren vom Subtyp H5N1 (Klade 2.3.4.4b) haben sich in den letzten 3 Jahren global ausgebreitet und haben zum millionenfachen Tod von Wildvögeln und Wirtschaftsgeflügel geführt. Ausserdem ist es H5N1 gelungen, die Speziesbarriere wiederholt zu durchbrechen. Neben Pelztierfarmen in Spanien und Finnland waren auch Katzen in Polen betroffen, die mit H5N1 infiziertes rohes Geflügelfleisch gefressen hatten. Auch viele wildlebende Carnivore wie z.B. Füchse infizierten sich in Europa und Nordamerika durch den Verzehr erkrankter Vögel. Besonders erschreckend ist der tausendfache Tod von Seelöwen und Seerobben an Südamerikas Küsten. Insgesamt kennt man inzwischen 46 verschiedene Säugetierarten, die von H5N1-Infektionen betroffen sind. In vielen Fällen konnte man im Genom der aus diesen Tieren isolierten Viren adaptive Mutationen nachweisen.
Die jüngsten Ereignisse in den USA zeigen, dass H5N1 auch vor Wiederkäuern keinen Halt macht. Im März dieses Jahres wurden auf einer Farm in Minnesota (USA) 10 neugeborene Ziegenkitze mit H5N1 infiziert, wovon 5 verstarben. Die erwachsenen Ziegen zeigten dagegen keine Symptome und das Virus konnte in ihnen auch nicht nachgewiesen werden. Allerdings wurde die Milch der Muttertiere nicht untersucht. Die Ziegen auf der Farm nutzten die gleiche Weide und den gleichen Teich wie das Geflügel.
Im Februar 2024 trat bei zahlreichen Milchkuhherden in Texas (USA) ein auffälliger Rückgang der Milchproduktion auf («milk drop syndrom»), ohne dass die Ursache festgestellt werden konnte. Im März 2024 wurde dann auf einer Farm mit erkrankten Kühen zahlreiche tote Vögel und Katzen aufgefunden. Die daraufhin auf das hochpathogene aviäre H5N1-Virus (Klade 2.3.4.4b) untersuchten Kühe erwiesen sich als H5N1-positiv. Insbesondere die Milch der Tiere enthielt extrem grosse Mengen infektiöses Virus (bis zu 109 infektiöse Einheiten pro ml). Im Respirationstrakt der Tiere wurde dagegen nur wenig oder kein Virus nachgewiesen. Die bei Geflügel beobachtete hohe Mortalität wurde bei Milchkühen nicht beobachtet. Alle Tiere erholten sich wieder von der Infektion. Allerdings breitete sich das Virus rasch aus und konnte inzwischen in mehr als 60 Milchkuhherden in 9 US-Bundesstaaten nachgewiesen werden. Auch eine Übertragung des Virus auf benachbarte Geflügelbestände wurde beobachtet. Schliesslich konnte das Virus auch bei zwei Farmarbeitern nachgewiesen werden, die beide an einer Bindehautentzündung litten. Da weitaus mehr Personen Kontakt zu infizierten Kühen gehabt haben müssen, nimmt man an, dass die Infektion bei ihnen mit keinen oder nur milden Symptomen verbunden waren und daher unentdeckt blieb.
Die amerikanischen Behörden wiesen H5N1-spezifische RNA in ca. 20% aller getesteten Milchproben nach, was darauf hindeutet, dass das Virus wohl schon weiterverbreitet ist als bisher angenommen. Infektiöses Virus wurde in den Milchproben allerdings nicht nachgewiesen. Man nimmt an, dass H5N1 durch den Pasteurisierungsprozess inaktiviert wird. Eine Untersuchung des FLI von ca. 1000 Milchproben in Deutschland verlief dagegen ohne positiven Befund. Erste vom IVI in Mittelhäusern durchgeführte Infektionsversuche an primären bovinen Mamma-Epithelzellen weisen zudem daraufhin, dass die in 2022 in Europa zirkulierenden aviären H5N1-Viren wohl noch nicht die Fähigkeit erlangt hatten, effizient in diesem Gewebe zu replizieren. Neuere Virus-Isolate von 2023, die am FLI untersucht wurden, waren jedoch bereits in bovinen Mamma-Epithelzellen infektiöser. Diese Beobachtungen zeigen deutlich darauf hin, dass uns zurzeit noch das Verständnis fehlt, aufgrund welcher genetischer Veränderungen das Virus nun in Kühen auftritt und dort vor allem im Euter zu grossen Mengen vorkommt.
Die Infektion von Milchkühen in den USA mit hochpathogenen aviären H5N1-Viren ist ein ausserordentlich ungewöhnlicher Vorgang, für den es in der Literatur nur wenige Beispiele gibt. Auch der Ort der Virusreplikation im Euter der Tiere ist ungewöhnlich. All dies wirft zahlreiche Fragen bezüglich des zoonotischen Potentials des Erregers, der Tiergesundheit und der Lebensmittelsicherheit auf:
- Auf welchen Wegen infizieren sich die Tiere?
- In welchen bovinen Geweben bzw. Organen repliziert H5N1?
- In welchen Geweben von anderen Tierarten kann H5N1 replizieren?
- Was sind die Determinanten im Genom der Viren, die die Infektion von Milchkühen begünstigen? Gibt es hier Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen H5N1-Isolaten?
- Wie verbreitet sich das Virus von Kuh-zu-Kuh, von Kuh-zu-Mensch, und Kuh-zu-Geflügel?
- Wie sicher sind mit H5N1-kontaminierte Rohmilchprodukte für den menschlichen Verzehr? Wird das Virus durch die Milchsäuregärung effizient inaktiviert?
- Wie kann die Früherkennung für ähnliche Fälle in der Schweiz verbessert werden?
|
|
Weiteres Vorgehen
(Deutsch)
|
01.09.2025: der 1. Zwischenbericht ist eingegangen und zur Prüfung an die BeEx. Der finanzielle Zwischenbericht wurde durch gre akzeptiert.
Der fachliche Zwischenbericht wurde genehmigt. sza schreibt:
Zusammenfassung des Zwischenberichtes, Ende Sept. 2025:
1. Wirtstropismus des bovinen H5N1-Virus
- Wir konnten zeigen, dass sich ein 2024 aus Rindern isolierter H5N1-Stamm sich in primären menschlichen Nasenepithelzellen, die an der Luft-Flüssigkeits-Grenzfläche kultiviert wurden, mit vergleichbarer Effizienz repliziert wie das pandemische H1N1-Virus von 2009.
- Bemerkenswert ist, dass sich das bovine H5N1 bei 33 °C effizient vermehren kann, der physiologischen Temperatur im Nasenrachenraum, während frühere H5N1-Isolate aus Vögeln überwiegend bei 41 °C replizierten, was darauf hindeutet, dass das bovine H5N1-Virus bereits eine wichtige Speziesbarriere überwunden hat. -> oberen Atemwegen des Menschen zu replizieren, was eine entscheidende Voraussetzung für eine Übertragung über die Luft ist.
- Zurzeit bereiten wir ein Manuskript vor, um diese Ergebnisse zu veröffentlichen.
- In der Folgeperiode besteht der Fokus unserer Untersuchungen vor allem auf den primären Zellen des Respirationstraktes und des Milchdrüsengewebes laktierender und nicht-laktierender Milchkühe. Eine Frage, die uns hier besonders interessiert, ist, warum das bovine H5N1 bevorzugt im Euter laktierender Milchkühe repliziert aber nur wenig im Respirationstrakt.
- Herstellung rekombinanter H5N1
- Die Plasmide, die die Gensegmente des bovinen H5N1 und des Pelikan-Isolats kodieren, wurden am IVI hergestellt und vollständig sequenziert.
- das Nichtstrukturprotein 1 (NS1) und das «nuclear export protein» (NEP) kodiert, massgeblich dafür verantwortlich ist, dass das bovine H5N1-Virus so effizient auf Säugetierzellen replizieren kann.
- Diese Untersuchungen werden zurzeit weitergeführt, um festzustellen, welche Mutationen im NS1 bzw. NEP-Protein zu diesem erweiterten Wirtstropismus führen.
- Zudem soll die Rolle des NS1-Proteins des bovinen H5N1-Virus bei der Unterdrückung der angeborenen Immunantwort des Wirtes neuer beleuchtet werden.
- Säureempfindlichkeit des bovinen H5N1-Virus
- Beide H5N1-Viren wurden bei Inkubation mit Joghurt bei einem pH-Wert von 4,2 vollständig inaktiviert.
- Im Gegensatz zum aviären H5N1 war die Infektiosität von bovinem H5N1 nach Inkubation mit halbhartem Käse (pH-Wert von 5,0–5,3 ) nur minimal reduziert.
- In unbehandelter Rohmilch kann das bovine H5N1-Virus jedoch die Käseherstellungsprozesse überleben, wenn die Produktionstemperatur unter 50 °C bleibt.
- Diese Ergebnisse wurden dieses Jahr im Internationl Journal of Food Microbiology veröffentlicht. Keine weiteren Versuche dazu geplant.
- H5N1-Nachweistests
a, Nachweis mit der RT-qPCR
- Niedrigpathogenes H5N2-Virus wurde verwendet, um serielle Verdünnungsreihen mit Kuhmilch (Einzel- und Tankmilch) oder PBS als Kontrolle anzulegen.
- Der Nachweis der in Milch verdünntem H5N2-Virus war in allen Fällen erfolgreich.
- Interessanterweise war der Virusnachweis etwas unempfindlicher, wenn Tankmilch und nicht Einzelmilchproben zum Verdünnen des Virus verwendet wurde.
- Weitere Untersuchungen müssen zeigen, was der Grund hierfür ist.
b, Influenza-Schnelltests (Lateraldiffusion)
- Der Nachweis des bovinen H5N1 war mit allen 6 Schnelltests erfolgreich. Die Empfindlichkeit lag bei allen Tests bei etwa 2000 bzw. 6000 infektiöse Einheiten pro mL. Eine Angabe der infektiösen Einheiten als Nachweisgrenze ist daher eher sinnvoll.
- Es ist geplant, die Schnelltests analog auch mit in Rohmilch verdünnten H5N1-Viren durchzuführen.
Rückfrage an Gert Zimmer zur Säureempflindlichkeit durch sza am 30.9.25.
|
Publikationen / Ergebnisse
(Deutsch)
|
Lenz-Ajuh, N., Rau, L., Butticaz, L., Aguiar Moreira, E., Zimmer, B., Beuret, V., Loosli, F., Ingenhoff, J.-E., Wieland, B., Zimmer, G. (2025) Impact of pH and temperature in dairy processing on the infectivity of H5N1 avian influenza viruses. Int. J. Food Microbiol. 441:111328. doi: 10.1016/j.ijfoodmicro.2025.111328.
|
Publikationen / Ergebnisse
(Englisch)
|
|