Am 17. Oktober 2018 verabschiedete der Bundesrat einen Bericht zu «Autismus-Spektrum-Störungen» (ASS). In diesem Bericht empfahl er unter anderem, die intensive Frühintervention (IFI) zu einem Handlungsschwerpunkt zu machen: Kinder mit einem frühkindlichen Autismus ab 2 Jahren sollen Zugang zu einer intensiven Frühintervention erhalten.
Bei der IFI handelt sich um Interventionsprogramme, die (sonder-)pädagogische und medizinische Elemente miteinander kombinieren. Die Behandlungen werden einerseits von Psychiaterinnen und Psychiatern, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten und andererseits von Logopädinnen und Logopäden, Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen sowie Psychologinnen und Psychologen durchgeführt, die Elemente aus ihrem eigenen Fachbereich mit Methoden der Frühintervention kombinieren. Während die Leistungen von Psychiaterinnen und Psychiatern, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten von der IV finanziert werden, fallen die Leistungen der anderen Fachpersonen unter kantonale Zuständigkeiten oder sind nicht anerkannt, weshalb deren Finanzierung nicht gewährleistet ist.
2019 hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) einen Pilotversuch im Bereich IFI lanciert, der sich auf die Verordnung des BSV vom 17. Oktober 2018[1] über den Pilotversuch «Intensive Frühintervention bei Kindern mit frühkindlichem Autismus» stützt. Am 20. Oktober 2022 wurde beschlossen, den Pilotversuch ab 1. Januar 2023 um vier Jahre zu verlängern, sodass er bis Ende Dezember 2026 weiterläuft. Ziel des Pilotversuchs und der Verlängerung ist es, ein IFI-Model sowie ein Bewertungs- und Finanzierungsmodell für die IFI zu entwickeln und zu konkretisieren.
Der Pilotversuch hat insbesondere gezeigt, dass eine gemeinsame Finanzierung durch Bund und Kantone zielführend ist, da eine Unterscheidung von medizinischen und pädagogischen Massnahmen bei der IFI nicht möglich ist und dadurch unterwünschte finanzielle Anreize vermieden werden können.
Da der Pilotversuch nur einmal verlängert werden darf (Art. 68quater Abs. 2 IVG), hat das BSV eine Änderung des IVG vorgeschlagen, damit die im Rahmen der IFI erbrachten medizinischen Leistungen auch nach dem 31. Dezember 2026 von der IV übernommen werden können. Die Botschaft zur IVG-Änderung soll im Spätsommer ans Parlament überwiesen werden und ist daher noch vertraulich. Die Vorlage sieht vor, dass die im Rahmen der IFI erbrachten medizinischen Massnahmen als Fallpauschalen abgegolten werden, die von der IV an die Kantone, die IFI anbieten, ausbezahlt werden. Die Kostenobergrenze zulasten der IV wird bei 30 Prozent der geschätzten durchschnittlichen IFI-Kosten festgelegt. Zudem soll der Bundesrat die Berechnung der Fallpauschalen auf Verordnungsstufe regeln.
Eine Evaluation der IFI hat gezeigt, dass zahlreiche wissenschaftliche Studien deren Wirksamkeit bei Kindern mit ASS bestätigen. Zurzeit werden mit keiner anderen Behandlung bei frühkindlichem Autismus bessere Ergebnisse erzielt.
Die IFI zeichnet sich insbesondere durch einen breiten Methodenmix aus. Da bei der IFI keine klare Abgrenzung zwischen den medizinischen Massnahmen, die von der IV übernommen werden, und den pädagogischen Massnahmen, die in die Finanzierungszuständigkeit der Kantone fallen, möglich ist, standen auch Programmvereinbarungen im Sinne der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA)[1] zur Diskussion. Diese Option wurde jedoch verworfen, da es auf Verfassungsebene keine Norm gibt, die es der IV erlaubt, den Kantonen Bundesbeiträge für die IFI zu gewähren.
Bevorzugt wurde deshalb eine Co-Finanzierung, bei der die IV den Kantonen Fallpauschalen zur Deckung der Kosten für medizinische Massnahmen, die im Rahmen der IFI erbracht werden, ausbezahlt. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden staatlichen Ebenen wird in Vereinbarungen zwischen dem Bund, vertreten durch das BSV, und den Kantonen festgelegt. Die Vereinbarungen gelten jeweils für einen befristeten Zeitraum (in der Regel vier Jahre).
Ziel des Auftrages ist es, auf der Basis der im Gesetzesentwurf vorgesehenen Finanzierungsmodalitäten die bessere(n) Variante(n) für die Berechnung der Pauschale zu eruieren, die der Bundesrat auf Verordnungsstufe festlegen soll. Dabei sollen die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen berücksichtigt werden: Da es im Rahmen der IFI nicht möglich ist, die medizinischen von den pädagogischen Massnahmen abzugrenzen, und da die IV ausschliesslich den medizinischen Teil der IFI übernehmen kann, richten sich die Pauschalen der IV nach dem Anteil des medizinischen Personals innerhalb eines IFI-Teams.