ServicenavigationHauptnavigationTrailKarteikarten


Forschungsstelle
BAFU
Projektnummer
UTF 681.01.22
Projekttitel
TISCAREC Recycling von Kunstrasen (Entwicklung eines Separationsverfahrens für das Recycling von unverfülltem Kunstrasen)

Texte zu diesem Projekt

 DeutschFranzösischItalienischEnglisch
Schlüsselwörter
Anzeigen
-
-
-
Kurzbeschreibung
Anzeigen
-
-
-
Ergebnisse gemäss Vertrag
Anzeigen
-
-
-
Projektziele
Anzeigen
-
-
-
Beschreibung der Resultate
Anzeigen
-
-
-
Umsetzung und Anwendungen
Anzeigen
-
-
-
Weiteres Vorgehen
Anzeigen
-
-
-

Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)

Kunstrasen, Recycling von Kunstrasen, Sonderabfall, Mikroplastik.

Kurzbeschreibung
(Deutsch)

Fussballclubs und Gemeinden in der Schweiz und im Ausland profitieren von der enormen Belastbarkeit von Fussball-Kunstrasenplätzen. Kunstrasen bestehen aus einem Träger, in welchem zuerst Kunststofffasern eingetuftet, das heisst maschinell eingezogen, und dann mit einer Rückenbeschichtung fixiert werden. Früher wurde hauptsächlich "verfüllter" Kunstrasen verbaut. Dabei wird in den Kunstrasen ein Granulat aus einer Vielzahl verschiedener Kunststoffe eingestreut. Diese Füllung sorgt für ein höheres Eigengewicht des Rasens und verhindert Verschiebungen der Rasenfläche wie zum Beispiel Wellenbildungen. Verfüllter Kunstrasenabfall muss in der Schweiz sowie Deutschland und Österreich als Sonderabfall verbrannt werden, weil die Verfüllung teilweise Schwermetalle enthält, insbesondere Zink und Blei. Zudem gelangt ein Teil des Granulats durch Entwässerung, Unterhalt, Aufwirbelung oder Windverfrachtung in die Umwelt und kann so als Mikroplastik Böden und Gewässer belasten und von dort potenziell in die Nahrungskette gelangen.

Die Tisca Tischhauser AG hat einen unverfüllten Kunstrasen entwickelt, welcher gänzlich ohne Granulat auskommt. Der unverfüllte Kunstrasen besteht aus einem Träger, in welchem zwei Arten von Garn eingetuftet werden. Zum einen das zu 100% aus Polyamid (PA) bestehende gekräuselte Garn, welches sich aufgrund der Sortenreinheit besonders gut für eine stoffliche Verwertung eignet, und zum anderen das Glattgarn, welches aus einem Kern aus PA und einem Mantel aus Polyethylen (PE) besteht.

Durch den Verzicht auf Granulat ist der unverfüllte Kunstrasen der Tisca Tischhauser AG kein Sonderabfall und kann potenziell verwertet werden (thermisch und/oder stofflich). Die Firma hat den unverfüllten Kunstrasen in Zusammenarbeit mit der EMPA St. Gallen entwickelt und ist massgeblich daran beteiligt, dass mittlerweile in der Schweiz ca. 50%, der weltweit höchste Anteil an unverfülltem Kunstrasen verwendet wird. Aktuell wird der unverfüllte Kunstrasen nach dem Erreichen seiner Lebensdauer von ca. 10 - 15 Jahren in einer KVA oder einem Zementwerk verbrannt.

Um die ökologischen Aspekte des unverfüllten Kunstrasens weiter zu verbessern soll im vorliegenden Projekt eine teilweise stoffliche Verwertung entwickelt werden.

Das Projekt wurde aufgrund des Beitragsgesuchs vom 16.09.2021 an der Sitzung der Koko UT vom 24.11.2021 genehmigt.

Ergebnisse gemäss Vertrag
(Deutsch)
  1. Abklären von Bedingungen und Anforderungen, damit das Kunstrasengarn zum Recycling an einen Vertriebspartner abgegeben werden kann. Die Bedingungen für die Abgabe des Garns (Konzentratqualität) sind bekannt, insbesondere die stofflichen und physikalischen Spezifikationen. Meilenstein 1

  2. In Tastversuchen (Labormassstab) wurden verschiedene, mechanische Verfahren geprüft, um das gekräuselte, texturierte Garn vom Glattgarn und Verunreinigungen zu trennen. Zumindest ein Verfahren zeigt das Potenzial für eine industrielle Umsetzung. Meilenstein 2

  3. Erfolgversprechende Verfahren aus den Tastversuchen wurden im Technikumsmassstab auf den Geräten des UMTEC eingehend getestet und es ist bekannt, ob die erreichte Qualität (Konzentratqualität) den Anforderungen der Abnehmer aus Meilenstein 1 entspricht. Ein erster "scale-up" auf den industriellen Massstab wurde vorgenommen: 10 kg Material kann in weniger als einer Stunde auf den Geräten des UMTEC verarbeitet werden. Der so erreichte Trennerfolg gilt als Benchmark für die Extrapolation in den Produktionsmassstab. Meilenstein 3

  4. Sämtliche Versuche sind ausgewertet. Die erfolgversprechendste Variante wird ökologisch und wirtschaftlich bewertet. Unter Zuhilfenahme des spezifischen Ökonutzenindikators (Specific-Eco-Benefit-Indicator SEBI) wird ein Entsorgungskonzept vorgelegt, welches einen möglichst hohen ökologischen Nutzen bei tragbaren Kosten erbringt. Meilenstein 4

  5. Das Verfahren stellt durch entsprechende technische Lösungen sicher, dass während des gesamten Recyclingprozesses kein Mikroplastik in die Umwelt gelangt. Eine entsprechende Anleitung für die Betreiber solcher Recyclinganlagen ist vorhanden.

  6. Ein Schlussbericht mit Darstellung der Ergebnisse aus 1 bis 5 und dem weiteren Vorgehen ist redigiert und dem BAFU abgegeben.

  7. Textbausteine, Illustrationen und mindestens 3 Fotografien
    (genauere Angaben s. 12 Beilage 4) für die Verwendung in öffentlichen Publikationen sind bereitgestellt und dem BAFU abgegeben.

  8. Eine Präsentation der Ergebnisse mit entsprechender Power-Point Darstellung wird am Schluss des Projektes für interessierte Personen aus dem BAFU durchgeführt.
Projektziele
(Deutsch)

Ein für den industriellen Einsatz geeignetes Separationsverfahren für das Gemisch aus Glattgarn und gekräuseltem Garn, welches nach dem Abscheren vom Kunstrasen-Träger entsteht, ist entwickelt und ermöglicht das Recycling von unverfülltem Kunstrasen.

Beschreibung der Resultate
(Deutsch)
Das Abscheren des Kunstrasens mit einem rotierenden 8-Kant-Schneidmesser erbrachte sehr gute Ergebnisse, auch bei stark verfilzten Garnen. Der Schnitt erfolgte knapp über der Trägermatte, wodurch 1.5 kg Garn pro Quadratmeter gewonnen wurden. Dies entspricht etwa 68 % des eingesetzten Garns. Das abgescherte Garn bestand zu 90 % aus PE-Garn, zu 10 % aus PA-Garn, und zu weiteren 10 % aus schwarzem Latexabrieb von der Trägermatte plus Sand. Verglichen mit dem eingesetzten Rohmaterial (83 % PE und 17 % PA) war das Verhältnis PE/PA im Schnittgut mit 9:1 deutlich Richtung PE verschoben, denn beim Scheren wurden die kurzen, tiefer liegenden PA-Fasern weniger gut erfasst als die langen, hochstehenden PE-Fasern. Daher wurde bei den Versuchen zum Recycling auf die Rückgewinnung von PE fokussiert. Mittels Schwimm/Sink-Sortierung wurde beim PE-Garn mit einer
Reinheit von 99 % und einem Verlust von weniger als 1% eine ausgezeichnete Trennung erreicht. Nach der Trocknung wurde das PE-Garn bei 180 °C eingeschmolzen und zu Recycling-Granulat verarbeitet. Prüfköper aus Rezyklat lagen bei der Festigkeitsprüfung mit einem Zugmodul von 260 N/mm2 und einer Bruchspannung von 14 N/mm2 im Bereich von PE-Neuware niedriger Dichte (NDPE). Diese Festigkeit wurde sogar ohne Filtration des Materials und ohne Zugabe von Additiven erreicht. Zum Nachweis, dass eine Wiederverwertung des Recyclinggranulats möglich ist, wurden Musterbälle hergestellt.
Zumindest für unsensible Anwendungen, z.B. zur Herstellung von Sitzschalen für Sportstadien, Radlaufschalen, Rohre für drucklosen Einsatz, Wellrohre und Platten scheint der recycelte Kunstrasen geeignet zu sein. Ob das Rezyklat auch zur Herstellung von hochwertigem Kunstrasen geeignet ist, wurde im Rahmen dieses Projekts nicht abschliessend geklärt.
Umsetzung und Anwendungen
(Deutsch)
Das Recycling von Kunstrasen hat gegenüber dem Recycling von PE aus gemischten Sammlungen von Verpackungen oder Konsumgütern den entscheidenden Vorteil, dass die Herkunft des Recyclingmaterials bekannt und die Qualität gleichbleibend ist. In der Regel stammt «post consumer»
Recyclingmaterial aus vielen verschiedenen Quellen wie Verpackungen, Gewerbeabfällen, gemischten Bauabfällen oder Sperrmüll. Das Deutsche Umweltbundesamt hat das Kunststoffrecycling 2021 untersucht und kommt zu dem Schluss, dass solche Regranulate nicht ganz die Qualität von
Granulaten aus Primärrohstoffen erreichen. Für homogene, sortenrein, erfasste Kunststoffe, die mit optimierter Technik sortiert und gereinigt wurden, ist eine maximale Substitution bis 90 % erreichbar. Die sehr guten Ergebnisse unserer Versuche haben Tisca davon überzeugt, nach Projektabschluss den Einsatz des rezykliertem PE zwecks Herstellung von neuem Kunstrasen zu untersuchen.
Weiteres Vorgehen
(Deutsch)
In einem an diese Studie anschliessenden Innoscheck-Projekt arbeitet Tisca aktuell zusammen mit der EMPA daran, das gewonnene und rezyklierte PE als Kernmaterial für neue Bikomponenten-Kunstrasengarne einzusetzen. In diesem Projekt wird die Aufbereitung, Filtration und weitere Compoundierung des PE-Garns für die Herstellung von neuem Kunstrasen ausgeweitet, bzw. optimiert. Damit wird der Kreislauf vom alten zum neuen Kunstrasengarn geschlossen. Die positiven Ergebnisse der in dieser Studie durchgeführten Scherversuche werden von Tisca zum Anlass genommen, ein industrielles Scherverfahren auf der Basis eines rotierenden Messers zu entwickeln. Dazu führt Tisca derzeit Versuche auf einer eigens dafür konzipierten Anlage in Italien durch. Im Erfolgsfall will Tisca das Scherverfahren zukünftig für den Rückbau ihrer Kunstrasen einsetzen.