In der Schweiz wird eine CO2-Lenkungsabgabe von Unternehmen und Haushalten für die energetische Nutzung von Brennstoffen erhoben. Unternehmen aus energieintensiven Wirtschaftszweigen können sich von der Abgabe befreien lassen, wenn sie sich im Gegenzug zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen verpflichten. Ziel der Befreiung ist es, einen Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und den Abbau von Arbeitsplätzen in der Schweiz, insbesondere in der Industrie, zu verhindern. Im Jahr 2022 hatten sich 1233 Anlagenbetreiber für diese Option entschieden. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat die Funktionsweise und die Wirksamkeit der Verminderungsverpflichtungen seit Inkrafttreten des CO2-Gesetzes 2013 untersucht.
Die EFK kommt zum Schluss, dass die Verminderungsverpflichtung ein wichtiges Instrument im Dispositiv zur Reduktion der Treibhausgasemissionen darstellt und gut angenommen wird. Die Unternehmen schätzen diese Möglichkeit, weil sie von ihnen verlangt, kurz- bis mittelfristig wirtschaftliche Investitionen zu tätigen. Diese Investitionen ermöglichen ihnen Energieeinsparungen und damit eine Senkung ihrer Kosten. Die Unternehmen schätzen auch die Unterstützung durch die Vollzugsorgane.
Das Instrument bedarf jedoch einer besseren Ausgestaltung. Die Anforderungen an die befreiten Unternehmen sind nicht sehr hoch. Sie sind seit 2013 unverändert geblieben, obwohl sich die CO2-Abgabe in der Zwischenzeit verdreifacht hat. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) muss eine Revision der CO2-Verordnung einleiten, um den Unternehmen ehrgeizigere Ziele zu setzen.
Mittlere Wirkung bei hohen Kosten
Die befreiten Unternehmen haben ihre Treibhausgasemissionen zwischen 2013 und 2020 im Durchschnitt um 19 % gesenkt. Diese Leistung entspricht jener der Industrie insgesamt. Gemessen an der Höhe der Abgabenbefreiung, von der die Unternehmen profitiert haben, ist das Ergebnis enttäuschend. Für den Zeitraum 2013–2020 beläuft sich dieser Betrag auf mehr als 900 Millionen Franken. Die Anstrengungen der befreiten Unternehmen werden nicht infrage gestellt, da diese ihre Ziele übertroffen haben. Die Unternehmen bemühen sich mehrheitlich, die Anforderungen des Bundes zu erfüllen, auch wenn bei Nichterreichen der Ziele nur geringe Sanktionen drohen. Bis 2021 konnten sie, wenn sie das Ziel übertrafen, zudem Bescheinigungen im Wert von 50 bis 100 Franken pro eingesparter Tonne Treibhausgas erhalten. Zwischen 2013 und 2020 bezogen die Unternehmen Bescheinigungen im geschätzten Gesamtwert von 100 Millionen Franken.
Mögliche Vereinfachungen bei der Umsetzung
Die vom Unternehmen eingegangene Verpflichtung beruht auf einer ersten Analyse seines Investitionspotenzials in Energiemassnahmen. Die EFK empfiehlt, diese Analyse stärker auf die grössten Investitionspotenziale zu konzentrieren. Darüber hinaus werden die Unternehmen während ihrer Verpflichtung von einer externen Energieberaterin oder einem externen Energieberater begleitet. Diese Betreuung wurde ihnen auf einer unklaren Grundlage auferlegt. Die EFK plädiert dafür, die Anforderungen an diese Betreuung klarzustellen und die im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen bei der Durchführung dieser Betreuung stärker zu berücksichtigen.
Governance-Probleme
Die Verminderungsverpflichtungen sind in die Zielvereinbarungen zur Steigerung der Energieeffizienz integriert, welche die Unternehmen mit dem Bundesamt für Energie (BFE) abschliessen können. Durch die Kombination der beiden Instrumente soll der Verwaltungsaufwand für die Unternehmen verringert werden. Das BFE und das BAFU müssen bei der Koordination der Umsetzung eng zusammenarbeiten.
Zwei private Agenturen, die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) und die Cleantech Agentur Schweiz (act), unterstützen das BAFU und das BFE beim Vollzug. Die Agenturen sind für die Begleitung der Unternehmen und den Aufbau eines Netzwerks von Energieberaterinnen und Energieberatern zuständig. Den Grossteil der Energieberatung lagern sie an Drittunternehmen aus.
Die Organisation des Vollzugs ist nicht transparent und führt zu Governance-Problemen, insbesondere bei der Vergabe von Energieberatungsmandaten. Einige Mitarbeitende der Agenturen sind gleichzeitig bei den Subunternehmen angestellt. Auch die Aufsicht durch das BAFU und das BFE ist lückenhaft. So können sie beispielsweise nicht feststellen, ob die den Unternehmen in Rechnung gestellten Gebühren den tatsächlichen Kosten entsprechen. Sie haben auch keinen Zugang zu allen Informationen, die erforderlich sind, um zu prüfen, ob die EnAW zu hohe Reserven bildet. Für Unternehmen, die Mitglieder ihrer Gründerverbände sind, sieht die EnAW niedrigere Gebühren vor, was gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstösst, der in der Leistungsvereinbarung mit dem Bund verankert ist.
Die EFK empfiehlt, eine alternative Vollzugsorganisation zu prüfen, die das Problem der Weitervergabe löst, und die Aufsicht zu stärken.
Verminderungsverpflichtungen stossen im Hinblick auf die Netto-Null an ihre Grenzen
Die Botschaft des Bundesrates zur Revision des CO2-Gesetzes für die Zeit nach 2024 sieht eine Verlängerung der Verminderungsverpflichtungen bis 2040 vor. Die Möglichkeit, Verminderungsverpflichtungen einzugehen, wird auf alle Unternehmen ausgeweitet. Das bestehende Dispositiv wird um eine Verpflichtung der Unternehmen ergänzt, alle drei Jahre einen plausiblen Dekarbonisierungsplan vorzulegen. Ab 2040 gelten die Verminderungsverpflichtungen nicht mehr und die CO2-Abgabe wird fällig. Die Unternehmen sollen ermutigt werden, Dekarbonisierungsmassnahmen zu ergreifen, damit sie nach 2040 keine Abgabe mehr zahlen müssen.
Die Anforderungen der zum Zeitpunkt der Evaluation geltenden Verminderungsverpflichtungen sind nicht ausreichend, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Die Verminderungsverpflichtungen zwingen die Unternehmen dazu, wirtschaftliche Investitionen in relativ kurzer Zeit zu tätigen. Die Dekarbonisierung hingegen erfordert umfangreiche Investitionen mit langer Amortisationsdauer. Eine Umfrage der EFK bei Unternehmen zeigt, dass fast alle Schwierigkeiten beim Erreichen der Netto-Null erwarten.
Die Revision des CO2-Gesetzes wurde zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts im Parlament behandelt. Die Wirkung der geplanten Massnahmen kann nicht im Voraus abgeschätzt werden. Die Auswirkungen der revidierten Verminderungsverpflichtungen auf die Treibhausgasemissionen und deren Beitrag zur Dekarbonisierung müssen genau überwacht werden. Die EFK ist der Ansicht, dass die Wirkung des Instruments regelmässig, jedoch spätestens alle fünf Jahre evaluiert werden soll.
Originaltext auf Französisch