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Forschungsstelle
BAFU
Projektnummer
WHFF 2017.19
Projekttitel
Schützen gut strukturierte und gepflegte Wälder besser? Interaktive Karten zur Wirkung gegen flachgründige Rutschungen

Texte zu diesem Projekt

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Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)
Waldstruktur, Bestandescode, Fernerkundung, Hangstabilität, flachgründige Rutschungen, 3D-Diversität, Kartographie, Web-Applikation
Kurzbeschreibung
(Deutsch)
Im Fokus unseres WHFF-CH Projekts «Schützen gut strukturierte und gepflegte Wälder besser? Interaktive Karten zur Wirkung gegen flachgründige Rutschungen» standen zum einen die Charakterisierung der Waldstruktur basierend auf dem Bestandescode im Hinblick auf eine möglichst hohe Schutzwirkung gegen flachgründige Rutschungen. Zum anderen waren es die grossräumige Zustandsansprache der Waldbestände und deren entsprechenden topographischen Verhältnisse mit Methoden der Fernerkundung sowie die kartographische Umsetzung in sogenannte «Interaktive Karten» mit einer Web-Applikation (maps.wsl.ch).
Ziel war es einerseits, Grenzwerte für die Bestandescode-Parameter zu definieren und somit für die Waldstruktur mit «optimaler» Wirkung auf die Hangstabilität und namentlich zur Verhinderung von flachgründigen Rutschungen. Damit gekoppelt sollten Richtwerte bodenmechanischer Kenngrössen für Hangstabilität, insbesondere die Scherparameter Reibungswinkel (Φ') und Kohäsion (c') in Kombination mit der Hangneigung (α) bestimmt werden. Die Basis dazu bildete der sogenannte «3-Stufen- Filter», welcher im Rahmen des NFP68 Projekts «SOSTANAH» (Graf et al. 2017; Fussnote 3) entwickelt wurde sowie die Erkenntnisse aus den wegweisenden bodenmechanischen Untersuchungen von Yildiz et al. (2019 a, b; 2020).
Für den Pilot-Kanton Appenzell Ausserrhoden wurden die Rutschungen aus dem Jahre 2002 verwendet, zu welchen detaillierte Angaben für geotechnische Parameter sowie zum Bestandescode (Schichtung, Entwicklungsstufe, Mischung, Deckungsgrad) zur Verfügung stehen (Datenquelle Hangmuren-Datenbank, Eidg. Forschungsanstalt WSL, Forschungseinheit Gebirgshydrologie & Massenbewegungen). Zusätzlich wurde, basierend auf Fernerkundungsdaten (LiDAR, Orthophotos, Vegetationshöhenmodelle), der gesamte Waldbestand sowie die Geländemorphologie des Kantons charakterisiert und klassifiziert.
Was den Effekt der Waldstruktur hinsichtlich Hangstabilität und damit den Schutz vor flachgründigen Rutschungen betrifft, konnten die Erkenntnisse aus dem Projekt «SOSTANAH» eindrücklich bestätigt werden. In gut strukturierten und gepflegten Wäldern treten signifikant weniger flachgründige Rutschungen auf und folglich kann, in Anlehnung an die «3D-Diversität» (Graf et al. 2017), mit kleinflächiger Bestandespflege die Schutzfunktion massgeblich beeinflusst und verbessert werden.
Aufgrund retrospektiver Analysen von 207 flachgründigen Rutschungen verschiedener Standorte und Ereignisse (Graf et al. 2017), konnten mit Hilfe des «3-Stufen-Filters» sowie statistischer Analyseverfahren die Segmentierung der vier Bestandescode-Parameter reduziert und Grenzwerte für eine «optimale Waldstruktur» vorgeschlagen werden. Basierend auf einer Multi-Faktor-Analyse (MFA) nehmen die Parameter Kronendeckungsgrad, Schichtung und Mischung des Bestandescodes bezüglich der zweiten Achse in abnehmender Reihenfolge des Effekts signifikanten Einfluss. Isoliert betrachtet haben im Falle des Ereignisses von Appenzell (2002) der Kronendeckungsgrad bezüglich der zweiten und die Mischung auf der dritten Achse einen signifikanten Effekt.
Aus bodenmechanischer Sicht sticht mit 90% (n=29) der grosse Anteil an geotechnisch klassifiziertem Bodenmaterial hervor, dessen Scherfestigkeit wesentlich von der Saugspannung beeinflusst wird. Nur in zwei Fällen erfolgte die Auslösung der Rutschung in reinen «Reibungsböden»; in einem Fall wurde das Bodenmaterial als intermediär klassifiziert. Werden nur die 29 Rutschungen in Bodenmaterial, das insbesondere durch die Saugspannung beeinflusst ist, nehmen alle Parameter des Bestandescodes in der zweiten Dimension signifikanten Einfluss.
In Kombination mit bodenmechanischen Analysen (Yildiz et al. 2019 a, b; 2020) wurde zudem ein Schwellenwert von αlim=35° für eine hinsichtlich Versagenswahrscheinlichkeit kritische Hangneigung bestimmt.
Durch die kombinierte Anwendung von Hangneigungs-Schwellenwert αlim=35° und Bestandescode mit reduzierten Faktorstufen, konnte von den 32 analysierten Rutschungen des 2002-er Ereignisses im Kanton Appenzell nur eine identifiziert werden, welche allen Anforderungen der vorgeschlagenen Bestandescode Grenzwerte entsprach, wobei der Hangneigungswinkel α für diese Rutschung exakt beim Schwellenwert von αlim=35° lag.
Mit Hilfe angewandter Fernerkundung und GIS Analysen wurden die für flachgründige Rutschungen relevanten geomorphometrischen Parameter sowie der Bestandescode zur Beschreibung der Waldstrukturen abgeleitet. Als Grundlage dienten das von swisstopo bereitgestellte Höhenmodell «swissALTI3D» sowie die LiDAR-Daten der Messkampagne «swissSURFACE3D». Kernelemente sind «Einzelbäume », welche auf einem spike-free Vegetationshöhenmodell (Khosravipour et al. 2014, 2016) sowie dem Algorithmus von Dalponte & Coomes (2016) abgeleitet wurden. Die Einzelbäume sind «Träger der Waldstruktur» und ermöglichen dadurch in den interaktiven Karten nicht nur einen ersten visuellen Eindruck der Waldstruktur eines Bestandes, sondern erlauben auch statistische Abfragen innerhalb selektierter Flächen.
Für den einfachen Zugriff und eine praxistaugliche Anwendung wurde eigens die Web-Applikation «SHALLOW LANDSLIDES» entwickelt und in unserer Umsetzungs-Plattform «maps.wsl.ch» implementiert. Die vorerst auf den Kanton Appenzell beschränkte interaktive Karte ermöglicht es, die komplexen Zusammenhänge im Rahmen des Schutzpotentials von Waldbeständen zur Verhinderung flachgründiger Rutschungen auf einfache Art und Weise für ein nachhaltiges Waldmanagement anzuwenden, mit der Möglichkeit der Priorisierung von Pflegeeingriffen. Neben der Hangneigung können die vier Parameter des Bestandescodes eingeblendet werden, differenziert nach den verschiedenen Faktorstufen. Als Ergänzung stehen zudem zwei Feuchte Indices (TWI: Topographic Wetness Index) zur Verfügung – ungewichtet und mit dem Sommerniederschlag gewichtet. Zudem können beliebige Höhenprofile angelegt und somit Informationen zur Topographie (Morphotypen) gewonnen werden.
Im Hinblick auf eine nachhaltige Schutzfunktion vor flachgründigen Rutschungen wird empfohlen, bei Eingriffen wo immer möglich, das Nebeneinander verschiedener Sukzessions- und Entwicklungsstufen in kleinräumig ausgewogener Verteilung zu fördern. Durch diese «dreidimensionale Diversität» – oberirdisch, unterirdisch sowie hinsichtlich Sukzession (zeitliche Diversität) – erhöht sich nicht nur die Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft des gesamten Bestandes. Auch dessen Selbstregulierung wird so massgeblich gefördert.
Abstract
(Deutsch)
Um die Frage «Schützen gut strukturierte und gepflegte Wälder besser?» zu beantworten wurden für den Pilot-Kanton Appenzell Ausserrhoden die Rutschungen aus dem Jahre 2002 verwendet, zu welchen detaillierte Angaben für geotechnische Parameter sowie zum Bestandescode (Schichtung, Entwicklungsstufe, Mischung, Deckungsgrad) zur Verfügung stehen (Hangmuren Datenbank WSL). Zusätzlich wurde, basierend auf Fernerkundungsdaten (LiDAR, Orthophotos, Vegetationshöhenmodelle), der gesamte Waldbestand sowie die Geländemorphologie des Kantons charakterisiert und klassifiziert. Was den Effekt der Waldstruktur, charakterisiert durch die Bestandescode-Parameter (Schichtung, Entwicklungsstufe, Mischung, Kronen-Deckungsgrad) hinsichtlich Hangstabilität und damit dem Schutz vor flachgründigen Rutschungen betrifft, konnten die Erkenntnisse aus dem NFP68 Projekt «SOSTANAH» eindrücklich bestätigt werden. In gut strukturierten und gepflegten Wäldern treten signifikant weniger flachgründige Rutschungen auf und folglich kann, in Anlehnung an die «3D-Diversität», mit kleinflächiger Bestandespflege die Schutzfunktion massgeblich beeinflusst und verbessert werden. Eine Multi-Faktor-Analyse (MFA), der eine Segmentierung der vier Bestandescode-Parameter und Grenzwerte für eine «optimale Waldstruktur» zu Grund gelegt wurde, wies für die Parameter Kronendeckungsgrad, Schichtung und Mischung des Bestandescodes bezüglich der zweiten Achse in abnehmender Reihenfolge des Effekts signifikanten Einfluss aus. Isoliert betrachtet haben im Falle des Ereignisses von Appenzell (2002) der Kronendeckungsgrad bezüglich der zweiten und die Mischung auf der dritten Achse einen signifikanten Effekt.
Aus bodenmechanischer Sicht sticht mit 90% (n=29) der grosse Anteil an geotechnisch klassifiziertem Bodenmaterial hervor, dessen Scherfestigkeit wesentlich von der Saugspannung beeinflusst wird. Nur in zwei Fällen erfolgte die Auslösung der Rutschung in reinen «Reibungsböden»; in einem Fall wurde das Bodenmaterial als intermediär klassifiziert. Betrachtet man nur die 29 Rutschungen in Bodenmaterial, das insbesondere durch die Saugspannung beeinflusst ist, nehmen alle Parameter des Bestandescodes in der zweiten Dimension signifikanten Einfluss. In Kombination mit bodenmechanischen  Analysen und unter Einbezug der Ereignisse von Sachseln (1997) und St. Antönien (2005), kann ein Schwellenwert von αlim=35° für eine hinsichtlich Versagenswahrscheinlichkeit kritische Hangneigung vorgeschlagen werden.
Durch die kombinierte Anwendung von Hangneigungs-Schwellenwert αlim=35° und «reduziertem» Bestandescode, konnte von den 32 analysierten Rutschungen des 2002-er Ereignisses im Kanton Appenzell nur eine identifiziert werden, welche allen Anforderungen der vorgeschlagenen Bestandescode Grenzwerte entsprach. Die Auslösung dieser Rutschung erfolgte in einem als instabil klassifizierten Geländemorphotyp mit einem Hangneigungswinkel α der exakt beim Schwellenwert von αlim=35° lag. Unter Beachtung der teilweise eingeschränkten Datengrundlage, kann abschliessend die Kernfrage des Projekts «Schützen gut strukturierte und gepflegte Wälder besser?» auf einem durchaus soliden wissenschaftlichen Fundament bejaht werden.
Im Hinblick auf eine praxistaugliche Umsetzung der komplexen Zusammenhänge wurde eigens die Web-Applikation «SHALLOW LANDSLIDES» – vorerst auf den Kanton Appenzell Ausserrhoden beschränkt – entwickelt und in unserer Umsetzungs-Plattform «maps.wsl.ch» implementiert. Diese interaktive Karte ermöglicht die Abschätzung des Schutzpotentials von Waldbeständen zur Verhinderung flachgründiger Rutschungen und unterstützt damit auf einfache Art und Weise ein nachhaltiges Waldmanagement, mit der Möglichkeit der Priorisierung von Pflegeeingriffen.
Publikationen / Ergebnisse
(Deutsch)
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