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Forschungsstelle
BAFU
Projektnummer
UTF 635.14.20
Projekttitel
Recarb — CO2 negatives Betonrecycling mittels Karbonatisierung

Texte zu diesem Projekt

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Schlüsselwörter
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Kurzbeschreibung
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Ergebnisse gemäss Vertrag
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Projektziele
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Beschreibung der Resultate
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Umsetzung und Anwendungen
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Weiteres Vorgehen
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Publikationen / Ergebnisse
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Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)
Betonabbruch, Abfallproblem, Recyclingbaustoffe, Klimastrategie, Treibhausgase-Emissionen, negative Emissionstechnologie, CO2, Karbonatisierung, Pilotanlage,
Kurzbeschreibung
(Deutsch)

In der Schweiz stellt der Betonabbruch einer der grössten Abfallströme dar. Davon ausgehend, dass sich die jährlich verbauten Betonmengen seit 1960 stetig vergrössert haben, ist in den nächsten Jahrzehnten mit einem signifikanten Anstieg der abgebrochenen Betonmengen zu rechnen, welcher den Abfallstrom weiter vergrössert.
Der Grossteil dieser Abfälle kann heute als Recyclingbaustoffe in gebundener oder ungebundener Form wiederverwertet werden.
Auch sieht die langfristige Klimastrategie der Schweiz vor, bis ins Jahr 2050 netto-null Treibhausgase-Emissionen zu erreichen. Der Bundesrat geht davon aus, dass sich in diesem Zeitraum 95% der aktuellen Treibhausgase-Emissionen vermeiden lassen. Zum Ausgleich der verbleibenden Emissionen in Sektoren wie Landwirtschaft, Bau und Luftverkehr, sollen negative Emissionstechnologien zum Einsatz kommen, welche der Atmosphäre Treibhausgase
entziehen und diese dauerhaft speichern. Ein entscheidender Teil kann hierzu die Bindung von CO2 mittels Karbonatisierung in Betonabbruchmaterial beitragen.
Neustark AG hat gemeinsam mit der ETH Zürich ein Verfahren zur Speicherung von CO2 in Betonabbruchmaterial entwickelt. Hierbei wird bei den Betonrecyclingwerken vor Ort das gebrochene Betonabbruchgranulat in speziellen Reaktoren mit reinem CO2 begast, so dass sich das CO2 in den Mikroporen des Betonabbruchgranulats zu Kalkstein wandelt. Durch diesen Prozess wird die Porosität des Betongranulats verringert, wodurch dieses zu einem einfacher zu verarbeitenden sekundären Zuschlagsmaterial wird.
Der Scale-Up zu einer Pilot- und Demonstrationsanlage der entwickelten Speicherung von CO2 in Betonabbruchmaterial in diesem Projekt kann aus zwei Gründen als sinnvoll betrachtet werden: Erstens ist Betonabbruch neben geologischen Formationen der vielleicht einzige Körper mit einem ausreichenden Volumen zur Speicherung von klimarelevanten Mengen an CO2 und zweitens kann durch die positive Beeinflussung der Materialeigenschaften von Betonabbruch ein potentielles zukünftiges Abfallproblem teilweise entschärft werden.

Das Projekt wurde aufgrund des Beitragsgesuchs vom 24.09.2019 an der Sitzung der Koko UT vom 21.11.2019 unter Auflagen genehmigt. Die Auflagen wurden bei Einreichung eines überarbeiteten Beitragsgesuchs vom 08.04.2020 erfüllt.




Ergebnisse gemäss Vertrag
(Deutsch)
1      Proben, stammend aus den gleichen Chargen des Betonabbruchgranulats, wobei eine Probe nicht karbonatisiert und eine Probe mittels Neustarkverfahren im Labor karbonatisiert ist, sind einer chemisch-analytischen Untersuchung in einem Analyselabor unterzogen worden und die Ergebnisse geben Aufschluss darüber wie sich die Abgabe von Schadstoffen durch den Kontakt mit Wasser an die Umwelt auf Grund der Karbonatisierung verändert. Die CO2-Speicherrate von mindestens 3.33kg CO2 pro Tonne Betonabbruchgranulat ist erreicht.

2      Die 2 Container für den Karbonatisierungsprozess sind gefertigt und beim Betonhersteller vor Ort betriebsbereit. Zusätzlich ist eine Containerwaage in Betrieb genommen, um die Gewichtszunahme durch Karbonatisierung gravimetrisch messen zu können.

3      Mit mindestens 15 Karbonatisierungstestläufen und unter Verwendung von marktüblichem technischen CO2 ist an der Pilotanlage mit den 2 Containern der Beweis erbracht, dass der Karbonatisierungsprozess erfolgreich durchgeführt werden kann. Zudem kann die Menge an CO2, welche im Prozess möglicherweise in die Atmosphäre entweicht über Prüfprotokolle eindeutig quantifiziert werden.

4      Mindestens zwei Batches Betonabbruchgranulat sind mit der Pilotanlage karbonatisiert und für Standard- und Recyclingbeton je eine Referenzcharge und eine Charge mit einem Betonrezept mit reduziertem Zementgehalt und erhöhtem Altbetongranulat hergestellt und getestet. Ein optimiertes Rezept für Standard- und Recyclingbeton ist ermittelt und spezifiziert Massen-und Volumenanteile von Zuschlagsmaterial sekundär, Zuschlagsmaterial primär, Zement, Wasser und Zusatzmittel wie Fliessmittel und Flugasche oder Flugaschenersatz.

5      Ein weiterer Container für die Dosierung des CO2 sowie die Messung der CO2 Aufnahme des Betonabbruchgranulats ist gefertigt und im Betonwerk in Betrieb. Tests belegen, dass die CO2-Dosierung und CO2-Messung erfolgreich in den Prozess der Karbonatisierung von Betonabbruch integriert sind.

6      Ein Schlussbericht mit Darstellung der Ergebnisse aus 1 bis 5 und dem weiteren Vorgehen ist redigiert und dem BAFU abgegeben.

7      Textbausteine, Illustrationen und mindestens 3 Fotografien für die Verwendung in öffentlichen Publikationen sind bereitgestellt und dem BAFU abgegeben.

8      Eine Präsentation der Ergebnisse mit entsprechender Power-Point Darstellung ist dem BAFU abgegeben und kann auf Nachfrage beim BAFU vorgetragen werden.
Projektziele
(Deutsch)
Der Prozess der CO2-Speicherung in Betonabbruchgranulat ist im Labor validiert und optimiert, so dass bei 1 t Betonabbruchgranulat mindestens eine CO2-Speicherrate von 3.33kg CO2 erreicht wird. Anschliessend wird der Prozess auf eine Anlage in der Grössenordnung von zwei 20 t Abroll-Container skaliert und mit eigens entwickelter Gas-Injektionssysteme sowie Messtechnik zur CO2-Aufnahme bei einem Betonhersteller in Betrieb genommen. Eine Materialstudie mit Recycling-Betonmischungen gibt Auskunft darüber wie der Effekt der Karbonatisierung genutzt werden kann, um optimierte Betonrezepturen zu erzeugen
Beschreibung der Resultate
(Deutsch)

neustark entwickelte und demonstrierte die CO2 Mineralisierung in Rückbau im Industriemassstab im Rahmen des Recarb Projekts in Zusammenarbeit mit dem Baustoffunternehmen Kästli Bau AG, der Abwasserreinigungsanlage Ara Region Bern AG und der ETH Zürich. Im Rahmen dieses Projektes wurden einerseits Versuche in den Laboratorien der ETH Zürich durchgeführt, und andererseits die  gesamte CO2 Mineralisierungswertschöpfungskette gebaut, welche die Verflüssigung und den Transport des CO2’s sowie die mobile CO2 Speicheranlage Anlage Pioneer umfasst. Hierfür wurden eine Probe an Betongranulat der Fraktion 0 bis 4 mm genommen, in zwei Proben unterteilt, wobei eine Probe für mehrere Stunden karbonatisiert wurde. Beide Proben wurden mittels Eluattests (VVEA) analysiert, wobei vorallem die Leitfähigkeit und der Trockenrückstand nach Filtration mittels Karbonatisierung reduziert werden konnte. Zusätzlich wurde Betongranulat der Fraktion 0 bis 16 mm über 2 Stunden karbonatisiert, wobei eine CO2 Aufnahme von ca. 12 kg CO2 pro Tonne Betongranulat erreicht wurde.
Zeitgleich wurde die Pioneer Containeranlage, welche zwei Reaktorcontainer mit je 20 t Fassungsvermögen, eine Prozesszentrale, eine Containerwaage, einen Verdampfer und einen 20 t CO2 Flüssigtank umfasst, konstruiert und im Juli und August 2020 bei der Firma Kästli Bau AG in Betrieb genommen. Die Anlage ist in der Lage, die Menge an gespeichertem CO2 im Betongranulat gravimetrisch und mittels Gasdurchflussmessung zu ermitteln. Insgesamt wurden in einer 7-tägigen Betriebsphase ca. 800 t Betongranulat in 38 Containern karbonatisiert, wobei 6.5 t CO2 gespeichert wurden. Zusätzlich wurde die CO2 Speichereffizient durch Messungen quantifiziert. Es wurde festgestellt, dass 95% des CO2’s gespeichert wurden, und 5 % wieder in die Atmosphäre entwichen. Als finaler Schritt wurde das mit CO2 angereicherte Betongranulat in Betonmischungen des Typs A getestet. Es konnte gezeigt werden, dass die Karbonatisierung bei sonst gleichbleibendem Mix-Design zu einer Erhöhung der 28-Tage Druckfestigkeit führte. Weiter wurde in einem Mix-Design der Zementanteil reduziert, wobei die von der Norm vorgegebenen Eigenschaften erreicht werden konnten. Zusätzlich zu den Milestones hat neustark eine CO2 Verflüssigung im Sommer 2021 bei der Ara Region Bern in Betrieb genommen. Damit ist die Negativemissionswertschöpfungskette komplett. Weiter hat neustark in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich eine Lebenszyklusanalyse der Wertschöpfungskette erstellt, um den Klimanutzen zu quantifizieren. Dabei zeigte sich, dass unter den Rahmenbedingungen in der Schweiz die Speicherung von 1000 kg ca. 940 kg Negative Emissionen generiert. Weiter hat Kästli Bau AG das mit CO2 angereicherte Betongranulat bereits bei verschiedenen Bauprojekten eingesetzt, unter anderem für die Primarschule Kleefeld in Zusammenarbeit mit der Stadt Bern. 

Patentanmeldungen: neustark hat das Patent EP20174964, ‘Verfahren und Anlage zum Aufbereiten von Betongranulat’, beim Europäischen Patentamt am 15.5.2020 eingereicht. Der vorläufige Recherchebericht des EP vom 9.11.2020, kommt zum vorläufigen Schluss, dass das beschriebene Verfahren und die Anlage erfinderisch und damit neu sind.
Umsetzung und Anwendungen
(Deutsch)

Im Recarb Projekt hatten wir auf ein mobiles System gesetzt, welches sich ideal für Demonstrationszwecke eignet. Der Vorteil darin besteht, dass es sich innerhalb eines Tages von einem zu einem anderen Recyclingplatz bewegen lässt – und Betonrecycler dieses System testen können. Auf diese Weise haben bereits über 14 Betonrecycler in der Schweiz sowie ein Deutscher und ein Holländischer Recycler die Anlage getestet. Die Anlage eignet sich ideal für diese Art von Pilotberieb. Allerdings stellt sich sehr schnell heraus, dass diese Anlage im Betrieb sehr kostenintensiv ist, da der Betrieb zu zusätzlichen Arbeitsschritten mit schwerem Gerät führt, die sich nicht automatisieren lassen. Gleichzeitig war die Speicherleistung durch die relativen kurzen Durchlaufzeiten beschränkt.

Beide Punkte hat neustark adressiert, indem der CO2 Speicherprozess in-line mit den Recyclingprozessen geschalten wurde. Dies bedeutet, dass neustark in einem Folgeprojekt stationäre Systeme entwickelt, die entweder in bestehende oder neue Behälter eingebaut werden können. Da das Material für die Weiterverarbeitung diese Behälter in jedem Fall durchläuft, konnte ein zusätzlicher manueller Prozessschritt vermieden werden. Die längere Durchlaufzeit führt zudem zu höheren Speicherleistungen. Gleichzeitig konnte so ein Arbeitsschritt vermieden werden – sodass das System mithilfe des Verkaufs des Umweltnutzen unter heutigen Rahmenbedingungen wirtschaftlich betrieben werden kann. 

Die CO2 Speicherung in Rückbaubeton wurde von Medien, Bauherrn sowie Betonrecyclern als Möglichkeit wahrgenommen, unmittelbar einen Schritt zur Emissionsreduktion zu setzten. Einige Bauherren haben diese Chance wahrgenommen (Hochbau Stadt Bern, VBZ, Losinger Marazzi, VZug,) und haben Beton inklusive CO2 Speicherung bezogen. Dadurch ist Nachfrage nach dieser Wertschöpfungskette entstanden. Einige dieser Projekte sind bereits umgesetzt – während viele weitere Projekte in der Pipeline sind. 

Weiteres Vorgehen
(Deutsch)

Die neustark Negativemissionswertschöpfungskette besteht aus der CO2 Versorgung, der CO2 Speicheranlage, der Zertifizierung und dem Verkauf der Negativen Emission. Ziel ist es in der Schweiz innerhalb von 3 Jahren die CO2 Speicherung in Rückbaubeton zum Industriestandard machen. Darüber hinaus ist neustark bereits dran, schrittweise in die Nachbarländer zu expandieren. Dadurch möchte neustark Negative Emissionen um Umfang von 1 Million Tonnen im Jahr 2030 generieren.

Die Lösung von neustark ist weniger als isolierte Lösung – sondern mehr als ein erster Schritt, der als Türöffner für weitere Klimaschutzmassnahmen im Bausektor dienen soll, zu sehen. Einerseits ist die Lösung von einer technologischen Perspektive kompatibel mit aktuellen Recyclingprozessen sowie mit CO2 Abscheide, Transport und Speicherprozessen – da wir die gleiche Infrastruktur aufbauen. Dies bedeutet, dass bei weitere Skalierung Synergien genutzt werden können – welche in einem Folgeprojekt analysiert werden. Zusätzlich sind wir in der Entwicklung eines CO2 Monitoring Systems schon sehr fortgeschritten – welches es erlaub, die negativen Emissionen entlang einer validierten Methode zu quantifizieren, zu verifizieren und in Zusammenarbeit mit anerkannten und vertrauenswürdigen Partnern in einem Register zu dokumentieren. Ein weitere Eckpfeiler ist das Geschäftsmodell – welches es den Teilnehmern der Wertschöpfungskette erlaubt, einen Gewinn zu erwirtschaften. Die Technologie, das Monitoring System sowie das Geschäftsmodell sind skalierbar.
Publikationen / Ergebnisse
(Deutsch)

Tiefenthaler et al (2021). Technological Demonstration and Life Cycle Assessment of a Negative Emission Value Chain in the Swiss Concrete Sector

Tiefenthaler et al (2020). Forschungsbericht Projekt RECARB