Die stetige Zunahme verteilter Erzeugung und die Einführung neuer Gerätetechnologien (z.B. Elektrofahrzeuge) führen zu einem tiefgreifenden Wandel der Energieversorgungsnetze. Im Gegensatz zur klassischen Energieversorgung sind zukünftige Netze durch eine deutliche Zunahme moderner leistungselektronischer Geräte, aber auch durch niedrigere und volatilere Kurzschlussleistung gekennzeichnet. Es ist zu erwarten, dass in zukünftigen Netzen die Strom- und Spannungsqualität einen erheblich stärkeren Einfluss auf den effizienten und stabilen Betrieb hat, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Viele Studien und Feldversuche beschränken sich jedoch auf Effizienz und Stabilität bei Netzfrequenz und betrachten den Einfluss der Netzrückwirkungen nicht oder nur unzureichend. Auch der zukünftige Betrieb von Microgrids bzw. Netzinseln, welche zu praktisch 100% aus erneuerbaren
Energien gespeist werden, tragen maßgeblich zu diesem Wandel bei.
Nahezu alle Kundeninstallationen für Erzeugung, Verbrauch oder Speicherung von elektrischer Energie bewirken Netzrückwirkungen. Geräte mit Leistungselektronik führen bspw. zu Oberschwingungen, ein oder zweiphasig angeschlossene Geräte zu Unsymmetrien. Dies führt zu einer Verschlechterung der Strom- und Spannungsqualität und kann den störungsfreien und effizienten Betrieb anderer Geräte und Kundenanlagen nachhaltig beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, die Netzverträglichkeit einer Kundenanlage gerecht und verlässlich zu quantifizieren, um den zuverlässigen und effizienten Netzbetrieb sicherzustellen und die Anforderungen bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit einzuhalten.
Die Rückwirkung von Kundenanlagen auf die Netzspannung wird heutzutage basierend auf Erfahrungswerten und Richtlinien theoretisch berechnet, bevor diese ans Netz angeschlossen werden. Ein messtechnischer Nachweis der Einhaltung vorgegebener Grenzwerte erfolgt entweder gar nicht oder nur mittels einfacher Verfahren, welche auf einer Reihe vereinfachender Annahmen beruhen. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass bei Betrieb einer Kundenanlage unerwartete Störungen auftreten, welche den zuverlässigen Netzbetrieb beeinflussen. Andererseits werden bereits im Rahmen der Planung möglicherweise teure Abhilfemaßnahmen (z.B. Filter) gefordert, die beim Betrieb der Kundenanlage letztendlich nicht notwendig gewesen wären.
Durch Anwendung neuer Methoden und Indizes, wird in diesem Projekt ein Verfahren zur kontinuierlichen Überwachung des Beitrages einer einzelnen Kundenanlage zur Spannungsverzerrung bzw. zur Spannungsunsymmetrie bestimmt. Durch umfassende und systematische Messungen in Zusammenarbeit mit mehreren schweizerischen Netzbetreibern werden die verschiedenen Methoden bewertet und die optimale Methode identifiziert. Dadurch ist es möglich vorhandene Wechselwirkungen (z.B. Kompensationseffekte) besser zu bestimmen, Kundenanlagen mit unzulässig hohen Netzrückwirkungen sicher zu identifizieren bzw. unnötige Investitionen in nicht erforderliche Abhilfemaßnahmen zu vermeiden. Dies trägt nachhaltig zu einer deutlich effizienteren Nutzung der Netzinfrastruktur, der effektiveren Integration neuer Technologien und zu einem zuverlässigeren Betrieb zukünftiger Netze bei und erhöht dadurch die Versorgungssicherheit. Die Ergebnisse leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Richtlinien und Normen.