Der kritische Chloridgehalt Ccrit ist die Schüsselgrösse für die Zustandsbeurteilung und Prognose der (Rest)Nutzungsdauer bestehender
Stahlbetoninfrastrukturbauten. Im Gegensatz z.B. zur Druckfestigkeit, welche routinemässig als objektspezifische Grösse bestimmt wird, wird Ccrit mangels einer gesicherten Datenbasis als konstante, für alle Bauwerke "gültige" Grösse angenommen. Im Forschungsprojekt soll daher die statistische Verteilung von Ccrit an mehreren bestehenden Bauwerken objektspezifisch bestimmt werden (Methode aus AGB 2012/010). Damit lässt sich erstmals erfassen, ob und wie die Materialeigenschaften am Bauwerk (Betonqualität, Betonalter, Stahl etc.) Ccrit beeinflussen. Der Einfluss der Probengrösse auf die statistische Verteilung von Ccrit soll an Laborproben verschiedener Grösse erfasst werden; die erhaltenen Daten erlauben es, das bestehende numerische Modell zur Beschreibung des Grösseneffekts zu verifizieren. Ebenfalls im Labor soll der Einfluss der Auslagerungsbedingungen (Betonfeuchte, Chloribeaufschlagung) geprüft werden.
Mit den gut geplanten Versuchen an Proben aus Bauwerken und aus dem Labor wird die heute bestehende Wissenslücke bezüglich der objektspezifischen statistischen Verteilung von Ccrit, dem Einfluss der Probengrösse und der Beschleunigung der Versuchsführung im Labor auf Ccrit weitgehend geschlossen. Dies ist ein grosser Fortschritt: die objektspezifischen Werte von Ccrit werden eine präzisere Beurteilung der Korrosionsgefährdung und damit gegebenfalls eine Abkehr von der heute üblichen Anwendung eines pauschalen Grenzwerts für Ccrit erlauben. Die Ergebnisse sind für Bauherren, Eigentümer und beauftragte Ingenieure bedeutend, da eine bessere, experimentell gesicherte und objektspezifische Basis des kritischen Chloirdgehalts für die Zustandsbeurteilung und Prognose zur Verfügung steht. Erste Vorschläge, die ausgearbeitet werden sollen, zeigen wie diese Resultate in die Praxis, in Modelle und Normen umgesetzt werden können.