Der vorliegende Bericht setzt sich mit der Ausgestaltung, den Kosten und Nutzen, und generell mit der Wirkung von ‘grünen’ Standardstromverträgen (sogenannten Defaults) auseinander. Defaults werden vermehrt als Instrumente zur Verhaltensänderung von Konsumentinnen und Konsumenten in Endkundenenergiemärkten eingesetzt. Im Vordergrund stehen dabei zwei politische Ziele. Einerseits soll die Nachfrage nach ‘grünem’ Strom, d.h. Strom aus erneuerbaren Energiequellen erhöht werden, andererseits soll den Verbraucherinnen und Verbrauchern die freie Wahl eines Vertrages erhalten bleiben.
Dieser Bericht bezieht sich auf drei Projekte, welche methodisch und konzeptionell auf Arbeiten der Verhaltens- und Umweltökonomie aufbauen. Die Analyse der Forschungsfragen erfolgt dabei mittels experimenteller und empirischer Methoden.
Das erste Projekt erforscht, ob Entscheidungen für einen Stromvertrag, welche in einer Wahl mit einem Standardstromvertrag getroffen werden, den tatsächlichen individuellen Präferenzen entsprechen. Viele Energieversorger bieten heutzutage grüne Standardstromverträge für ihre Kundinnen und Kunden an. Bislang ist jedoch unklar, welche Ausgestaltung eines solchen Standardvertrages für eine Übereinstimmung mit den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher sorgen kann. Die Analyse zeigt, dass grüne Standardstromverträge nicht uneingeschränkt den individuellen Präferenzen entsprechen.
Das zweite Projekt untersucht, ob sich grüne Standardstromverträge nachteilig auf unterschiedliche Gruppen der Gesellschaft auswirken können. Wir zeigen in einer Feldstudie mit einem Schweizer Energieversorger, dass ein Standardstromvertrag die Entscheidungen von Haushalten in unterschiedliche Richtungen ‘verzerrt’. Einerseits führt der Default dazu, dass Haushalte mit starken Präferenzen für die Umwelt, welche sich jedoch nur wenig über die Stromvertragswahl informieren, nicht zu einem noch umweltfreundlicheren Vertrag wechseln. Anderseits führt der Default dazu, dass Haushalte mit geringem Einkommen und schlechter formaler Ausbildung im Standardstromvertrag bleiben, obwohl sie eine klare Präferenz für eine preisgünstigere Option haben. Beide Befunde bilden die Basis für eine Diskussion über die Verteilungswirkungen von grünen Standardstromverträgen.
Das dritte Projekt beschäftigt sich mit der Frage, ob Defaults Auswirkungen auf Verhaltensweisen haben können, welche nicht in direktem Zusammenhang mit der ursprünglichen Entscheidung stehen. Von besonderem Interesse in der Umweltökonomie sind vor allem negative ‘spillovers’, d.h. ‘nachgelagerte’ Verhaltensweisen, welche anfänglich positive Umwelteffekte in insgesamt negative Effekte umkehren. Unsere Analyse zeigt, dass ein grüner Default den gewünschten positiven Effekt auf das ursprüngliche Verhalten hat, dass jedoch keine negativen Auswirkungen auf nachgelagerte Entscheidungen erkennbar sind.
Dieses Projekt trägt zu einem besseren Verständnis möglicher Herausforderungen und Chancen von grünen Standardstromprodukten bei. Zudem gibt dieser Bericht Impulse für eine ökonomisch sinnvolle und sozial verträgliche Ausgestaltung und Verwendung von verhaltensorientierten Massnahmen in der Umweltpolitik.