Der Individualverkehr gehört zu den grössten Verursachern von CO2-Emissionen und steht deshalb im Fokus verschiedener nationaler und internationaler Initiativen zur Reduktion des CO2-Ausstosses. Die Hauptstossrichtung ist dabei die Umstellung auf Elektroantriebe. Bei diesen Fahrzeugen haben die Zusatzsysteme einen massgeblichen Einfluss auf die Gesamteffizienz und Reichweite, wobei das Heiz-und Klimatisierungssystem der grösste Zusatzverbraucher darstellt. Rein elektrische Heizsysteme verringern die Reichweite enorm, weshalb bereits heute einige Fahrzeughersteller Wärmepumpen-Systeme zur Beheizung des Fahrgastraumes einsetzen.
Dieses Projekt befasst sich mit der Entwicklung eines kombinierten Wärmepumpen/Klimakälteanlagen-Systems mit Turbokompressor für Elektrofahrzeuge. Hauptziele sind die technische Umsetzbarkeit des Systems zu prüfen und die energetischen Vorteile gegenüber Standardlösungen aufzuzeigen. Es wurde ein Heiz- und Klimatisierungssystem entwickelt, welches die Abluft aus dem Fahrgastraum als Wärmequelle nutzt und damit den Temperaturhub der Wärmepumpe reduziert. Mit Simulationen wird die Leistungsaufnahme des Systems und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Reichweite ermittelt.
Die Turbokompressor-Auslegung ist für die Anwendung im Automobilbereich eine Herausforderung, da das Kennfeld begrenzt ist und mit steigendem Druckverhältnis zunehmend schmaler wird. Das Kältemittel R1233zd(E) ist aufgrund der geringen Sauggasdichte für den Turbokompressor gut geeignet. Ein Turbokompressor-Prototyp für die Kompaktklasse wurde hergestellt und experimentell untersucht. Die Performance des Kompressors entspricht den Erwartungen, die Umsetzung des Heiz- und Klimatisierungssystem in einem Fahrzeug ist jedoch aufgrund der zu grossen Abmessungen der Wärmeübertrager und der beschränkten Verfügbarkeit geeigneter Komponenten nicht möglich.
Die Auslegung des Heiz- und Klimatisierungssystem und des Turbokompressors mit den Kältemitteln R1234yf und R1234ze für die Golfklasse hingegen zeigt, dass die Umsetzung in einem Fahrzeug machbar ist. Als Vergleich wird eine Anlage mit einem Scrollkompressor mit dem Kältemittel R1234yf herangezogen. Für die mit der Häufigkeit der Betriebspunkte gewichtete Reichweite bzw. für die relative Reichweitensteigerung ergeben sich aus den Simulationen für den Standort Zürich folgende Werte:
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Golfklasse, Referenzfahrzeug Nissan Leaf, max. Reichweite 199 km gemäss NEFZ
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ohne WP
(el. Heizung)
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mit WP
(Aussenluft)
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Konzept HSLU
Scroll R1234yf
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Konzept HSLU
Turbo R1234yf
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Konzept HSLU
Turbo R1234ze
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Gewichtete Reichweite
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113 km
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139 km
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156 km
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156 km
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150 km
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Reichweitensteigerung
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100 % (Ref.)
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+ 23 %
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+ 38 %
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+ 38 %
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+ 33 %
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Der Einsatz einer Wärmepumpe mit Aussenluft als Quelle ergibt im Vergleich zu einem rein elektrischen Heizsystem eine Reichweitensteigerung von 23%. Durch das entwickelte System mit Abwärmenutzung aus dem Fahrgastraum kann eine Reichweitensteigerung von 38% erzielt werden. Der Einsatz eines Turbokompressors führt im Vergleich zum Scrollkompressor zu keiner Reichweitensteigerung, mit dem Kältemittel R1234ze ist die Reichweite leicht tiefer.
Weiter wurde eine Machbarkeitsstudie für ein Heiz- und Klimatisierungssystem mit Turbokompressor für die Anwendung in Elektro-Lkws durchgeführt. Die Hauptschwierigkeit liegt ebenfalls in der Breite des geforderten Kennfeldes. Die Umsetzung des Systems mit dem Kältemittel R1234yf ist jedoch möglich.
Das entwickelte Heiz- und Klimatisierungssystem mit Nutzung der Abluft aus dem Fahrgastraum ist vielversprechend und sollte weiterverfolgt werden. Die Reduktion des Temperaturhubs sowie der wesentlich geringere Energiebedarf für die Abtauung führen zu einer deutlich höheren Effizienz. Kleine Turbokompressoren sind eine vielversprechende Technologie, stossen jedoch im Automobilbereich aufgrund des weiten Bereichs von Heiz-/Kühlleistungen und Temperaturhüben an ihre Grenzen. Bezüglich Effizienz sind im Vergleich zu Scrollkompressoren keine markanten Effizienzsteigerungen zu erwarten.