Das Wichtigste in Kürze
Zielvereinbarungen als freiwillige Massnahme und als Abfederungsmassnahme
Zielvereinbarungen werden entweder als freiwillige Zielvereinbarungen oder als Verpflichtun-gen zur Befreiung von der CO2-Abgabe, für die Rückerstattung des Netzzuschlages oder für die Erfüllung des Grossverbraucherartikels der Kantone ausgestaltet. Mit den Zielvereinbarun-gen sollen einerseits die Unternehmen motiviert werden ihre CO2-Emissionen zu reduzieren und ihre Energieeffizienz zu erhöhen. Andererseits dienen Zielvereinbarungen aber auch als Abfederungsmassnahme für Unternehmen im internationalen Wettbewerb, bei welchen die CO2-Abgabe oder der Netzzuschlag zu ungewollten Produktionsverlagerungen ins Ausland führen könnte (Vermeidung von «Carbon Leakage»).
Evaluation zeigt die Umsetzung, Wirkung und Optimierungspotenziale der Zielvereinbarungen
Die vorliegende Evaluation der Zielvereinbarungen deckt die Stärken und Schwächen des heu-tigen Vollzugs, die Wirkung auf den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen sowie die Effi-zienz im Vergleich mit anderen klima- und energiepolitischen Instrumenten auf. Daraus werden Empfehlungen zur künftigen Ausgestaltung des Zielvereinbarungssystems abgeleitet und Al-ternativen geprüft. Methodisch basiert die Evaluation auf der Auswertung der vorhandenen Literatur, einem umfangreichen Datensatz zu den heute rund 2’000 Zielvereinbarungen sowie qualitativen Interviews mit den Umsetzungsakteuren und ausgewählten Unternehmen.
Zielvereinbarungen mit Stärken und Schwächen in der Umsetzung
Die Stärke der Zielvereinbarung liegt in erster Linie im Abbau von Informationslücken und fi-nanziellen Hemmnissen durch das Aufzeigen von Einsparpotenzialen. Zudem wird der Stel-lenwert der Energie im Unternehmen langfristig erhöht. Die Hauptschwachstellen der Zielver-einbarungen sind die hohe Komplexität des Gesamtsystems, uneinheitliche Zielgrössen und die unterschiedlichen Anforderungen für die Abgabebefreiung, die zu umfangreiche Ist-Zu-standsanalyse sowie der hohe Vollzugsaufwand für den Abschluss einer Zielvereinbarung.
Die Zielvereinbarungen wirken…
In der Periode 2013 bis März 2016 haben die Unternehmen mit Zielvereinbarungen ihre CO2-Emissionen um 10% und ihren Gesamtenergieverbrauch um 6% reduziert. Damit konnte die seit 2007 beobachtete Trendentwicklung des gesamten Industriebereichs, welche gegenüber den Vorjahren einen stärkeren Rückgang der CO2-Emissionen zeigt, fortgesetzt werden.
…aber vor allem bei den kleineren Unternehmen
Allerdings dürfen insgesamt nur etwa 20% bis 40% aller CO2-Einsparungen und 23% bis 47% aller Gesamtenergieverbrauch-Einsparungen ursächlich den Zielvereinbarungen zugewiesen werden. Einige der in den Zielvereinbarungen verankerten Massnahmen wären auch ohne die Zielvereinbarungen umgesetzt worden. Bei den grösseren Unternehmen, bei denen die Ener-giekosten ein wesentlicher Faktor für den Geschäftserfolg sind, enthält die Zielvereinbarung im Wesentlichen nur die bereits geplanten Massnahmen. Anders sieht es bei den kleineren Un-
ternehmen aus. Hier zeigt die Zielvereinbarung Wirkung, indem den Unternehmen ihr wirt-schaftliches Effizienzpotenzial vor Augen geführt wird und das Thema Energie einen höheren Stellenwert erhält.
Ziel sind nicht ambitioniert, was die Wirkung aber nicht verschlechtert
Die Zielsetzungen sind im Durchschnitt aller Unternehmen wenig ambitioniert. Schwache Ziele werden v.a. dann angestrebt, wenn hohe Sanktionen drohen oder Mehrleistungen in Wert ge-setzt werden können (Bescheinigungen). Insgesamt werden die Ziele aber deutlich übertroffen. Zu beachten ist, dass die Zielsetzung zwar insgesamt, d.h. im Durchschnitt, wenig ambitioniert ist, für einzelne Unternehmen aber eine Herausforderung darstellen kann.
Effizienz – im Vergleich mit anderen Instrumenten kommt ZV gut weg
Die Gesamtkosten (Vollzugs- und Massnahmenkosten) der Zielvereinbarungen können auf 26 bis 69 CHF pro Tonne CO2 geschätzt werden. Diese Gesamtkosten entsprechen den soge-nannten CO2-Vermeidungskosten der Zielvereinbarungen. Im Vergleich zum Gebäudepro-gramm kommt die Zielvereinbarung deutlich besser weg: Die CO2-Vermeidungskosten des Gebäudeprogramms sind mit 150 bis 200 CHF pro Tonne CO2 deutlich über denjenigen der Zielvereinbarung.
Empfehlung zugunsten eines vereinfachten, harmonisierten Zielvereinbarungssystems
Für die Periode nach 2020 schlagen wir ein vereinfachtes und harmonisiertes Zielvereinba-rungssystem vor, bei welchem alle Zielvereinbarungen auf einem harmonisierten System von relativen Energieeffizienzzielen und CO2-Intensitätszielen mit vereinheitlichten Laufzeiten ba-sieren und zwischen den Kantonen die Umsetzung des Grossverbraucherartikels harmonisiert ist. Die Unternehmen erhalten mit einem bundesinternen One-Stop-Shop einen einzigen An-sprechpartner, der für die komplette Abwicklung der Zielvereinbarung zuständig ist. Weiter soll der Beratermarkt geöffnet werden und damit mehr Wettbewerb im heutigen Duopol der beiden Agenturen geschaffen werden. Das harmonisierte Zielvereinbarungssystem verfolgt je nach Unternehmen unterschiedliche Ziele:
- Zielvereinbarungen als Abfederungsmassnahme für steigende Abgaben/Anforderungen, damit für carbon-leakage-gefährdete Schweizer Unternehmen die gleichen Wettbewerbs-bedingungen gelten wie für ihre ausländische Konkurrenz: Die vereinbarten Ziele sollen die Wettbewerbsbedingungen in der Schweiz nicht gefährden. Das bedeutet, dass die Ziele ambitionierter ausfallen, wenn die ausländische Konkurrenz ebenfalls kostenrelevante Auf-lagen und Anforderungen zu erfüllen hat. Für die Abgabebefreiung müssen weiterhin Zu-lassungsbedingungen eingehalten werden – sowohl beim Strom wie auch beim CO2. Wer eine Abgabebefreiung erhält, der hat automatisch auch den kantonalen Grossverbraucher-artikel erfüllt. Weiter schlagen wir vor, dass die carbon-leakage-gefährdeten EHS-Unter-nehmen, welche ein funktionierendes Energie-Management-System vorweisen können, ohne weitere Auflagen auch den Netzzuschlag bzw. eine allfällig künftige Stromabgabe rückerstattet erhalten.
- Zielvereinbarungen als motivierendes, unterstützendes, selbstverpflichtendes Instrument zum Hemmnisabbau bei der Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmassnahmen für nicht carbon-leakage-gefährdete Unternehmen: Die Ziele werden mit Hilfe eines vereinfachten Analysetools festgelegt. Anreize zum Mitmachen erhalten die Unternehmen über Beiträge an die Potenzialanalyse und über ein aufzubauendes Unternehmens-Benchmarking.
Für die längerfristige Zukunft ab 2030 empfehlen die Evaluatoren als Alternative zu einem Zielvereinbarungssystem ein System mit einer auf outputabhängigen Benchmarks beruhenden Abgaberückerstattung zu prüfen.
Die Evaluation enthält eine Reihe von Empfehlungen an UVEK, BAFU, BFE und Kantone, vorwiegend auf operativer Ebene, aber auch regulatorische Anpassungsvorschläge
Kantone und UVEK und BAFU werden über die Ergebnisse und Empfehlungen informiert. Die Empfehlungen werden von den Ämtern geprüft und nach Möglichkeiten aufgenommen
Die Erkenntnisse der Evaluation konnten laufend in die Arbeiten zum CO2Gesetzesrevision einfliessen. Das BAFU war in der Begleitgruppe auch vertreten.
definitive Veröffentlichung Februar 2017