Die Planung neuer Leitungen ist ein aufwendiger Prozess. Gründe dafür sind unter anderem, dass sehr viele heterogene Aspekte berücksichtigt werden müssen, Planungsarbeiten vorwiegend noch manuell verrichtet werden, Berechnungen unterschiedlicher Leitungsvarianten lange dauern und Einsprachen aufgrund mangelnder Akzeptanz in der Bevölkerung den Planungsprozess verlangsamen. Deshalb wurde im Rahmen des Projekts «Einsatz von 3D GIS zur transparenten und nachhaltigen Planung von elektrischen Versorgungsnetzen» ein 3D Decision Support System (3D DSS) entwickelt, das Planer, Amtsvertreter und betroffene Parteien gleichermassen im Planungsprozess von Leitungen unterstützen soll. Ziel war es, einen 3D DSS-Prototyp zu entwickeln, der zwischen zwei gegebenen Punkten im Raum unter Berücksichtigung unterschiedlicher, räumlich-expliziter Faktoren eine Kostenoberfläche berechnet und davon den optimalen Korridor und mögliche Trassees für eine Leitung ableitet. Dabei sollte das Vorgehen nach dem Sachplanverfahren berücksichtigt werden.
Für die Entwicklung des 3D DSS-Prototyps wurden für einen Betrachtungsraum zuerst GIS-Daten zu relevanten räumlichen Faktoren bezüglich Raum und Umwelt sowie zu technischen Aspekten zusammengestellt. Diese wurden dann so aufbereitet, dass sie gegeneinander abgewogen werden konnten. Modelle für multikriterielle Entscheidungsanalysen (MCDA) wurden entwickelt, mit denen basierend auf den gewichteten Faktoren eine Raumwiderstandskarte für den gesamten Betrachtungsraum berechnet wird. Zur Modellierung eines Planungsgebiets sowie eines möglichen Korridors wurde eine Least Cost Path (LCP)-Analyse generiert. Des Weiteren wurde ein Algorithmus erarbeitet, der für berechnete Korridore die indikativen Baukosten ermittelt. Für den Zugriff auf die Grundlagendaten und Modellierungsalgorithmen zur Berechnung von Raumwiderstandskarten, Planungsgebieten und Korridoren wurde ein Web-Interface entwickelt. In diesem Interface wurde der Web-basierte Globus CESIUM als Viewer eingebettet, auf dem die berechneten Korridore und Trassees in 3D visualisiert werden.
Die verschiedenen MCDA-Modelle, die im 3D DSS verwendet werden können, wurden mit einer Sensitivitätsanalyse untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass MCDA-Modelle, die sich überlappende Schutzgebiete berücksichtigen und ein kontinuierliches Begrenzungsmodell anwenden, einen Schutz von Landschaft und Lebensraum begünstigen und Siedlungsgebiete weitgehend umgehen. Wie das 3D DSS in der Praxis eingesetzt werden kann und wie gut seine Funktionen sind, wurde in einer Nutzerstudie und in drei Workshops in Zusammenarbeit mit Projektpartnern getestet. Mit dem 3D DSS können Alternativen schnell berechnet werden und es kann bei der Diskussion um geeignete Alternativen als Kommunikationsplattform dienen, um zu einer breit abgestützten Lösung zu gelangen. Während die Funktionsweise des Prototyps grundsätzlich gut ist, wurde das 3D DSS bezüglich der Resultate der Algorithmen noch als zu theoretisch beurteilt. Um tatsächlich für den Einsatz in der Praxis geeignet zu sein, ist eine weitere Kalibrierung, insbesondere der Datengrundlagen und der Möglichkeiten zum Einstellen der Widerstände und Gewichtungen von Kriterien, notwendig. Darüber hinaus sollte der Berechnungsalgorithmus Erdleitungen in Kombination mit Freileitungen berücksichtigen. Mit einem weiterentwickelten 3D DSS steht der Praxis ein wertvolles Instrument zur Verfügung, mit dem die Diskussion, die Transparenz und die Offenheit in Planungsprozessen von Leitungen gefördert werden kann.