Hintergrund Trotz allgemein vermuteter hoher Validität des selbstberichteten Alkoholkonsums in Befragungen, sollten subjektive Konsumangaben durch objektive Messungen ergänzt werden.
Ziele Beschreibung der Personen, die mit einer Haupt- und/oder Nebendiagnose „Alkohol-Intoxikation“ oder „Alkoholabhängigkeit“ in Schweizer Spitälern behandelt wurden (Beschreibung nach Alter, Geschlecht, Dauer des Spitalaufenthalts und Wohnkanton). Beschreibung von kurz- und längerfristigen Trends von 2003 bis 2012.
Datengrundlage Daten der „Medizinischen Statistik der Krankenhäuser“ (MS) des Bundesamtes für Statistik (BFS) von 2003 bis 2012. Die MS umfasst die in einem Schweizer Spital stationär behandelten Patient/innen und deren Diagnosen.
Diagnosegruppen „Alkohol-Intoxikation“ (ICD-10 Codes: F10.0, F10.1, T51.0) und „Alkoholabhängigkeit“ (ICD-10 Codes: F10.2-F10.9).
Resultate Diagnosen der Gruppe „Alkohol-Intoxikation“ und „Alkoholabhängigkeit“ während eines stationären Aufenthalts sind kein Jugendphänomen: Personen im mittleren und höheren Erwachsenenalter sind deutlich stärker betroffen als Jugendliche und junge Erwachsene. Personen mit einer Hauptdiagnose „Alkohol-Intoxikation“ haben oft eine Nebendiagnose „Alkoholabhängigkeit“ (41%) oder "psychische und Verhaltensstörungen“, welche nicht direkt mit dem Gebrauch psychoaktiver Substanzen in Verbindung stehen (33%). Längerfristig (2003 bis 2012) nahmen Hospitalisierungen aufgrund von „Alkohol-Intoxikation“ deutlich zu. Die Zunahme findet sich jedoch nur zwischen 2003 und 2008, danach zeigt sich eine Trendwende, zwischen 2008 und 2012 nahmen die Hospitalisierungen ab. Bezüglich Hospitalisierungen aufgrund von „Alkoholabhängigkeit“ zeigt sich längerfristig (2003 bis 2012) eine deutliche Abnahme.
Diskussion Die MS berücksichtigt nur stationäre Hospitalisierungen und vermag somit nur die Spitze des Eisbergs abzubilden. Es gibt zurzeit jedoch keine andere Statistik, um Trends für ambulante und stationäre Behandlungen für die gesamte Schweiz darzustellen. Zudem eignet sich die MS aufgrund der konstant hohen Datenqualität ziemlich gut für Trendaussagen. Für die Trends bezüglich „Alkohol-Intoxikation“ (Zunahme: 2003 bis 2008, Abnahme: 2008 bis 2012) gibt es verschiedene Erklärungsansätze: Polarisierung, Konsum im öffentlichen Raum, Einführung des SwissDRG-Systems und Ausnüchterungsstellen. Eine systematische Übersicht zu möglichen Gründen für die beobachtete Entwicklung fehlt jedoch bisher. Insgesamt lässt sich aber sagen, dass es sich beim beobachteten Rückgang nicht nur um ein Artefakt handelt.