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Forschungsstelle
BLV
Projektnummer
2.13.07
Projekttitel
Untersuchungen zur Bedeutung des Hornstatus bei Milchkühen
Projekttitel Englisch
Relevance of horn status in dairy cows

Texte zu diesem Projekt

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Schlüsselwörter
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Projektziele
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Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)
Milchkühe, Sozialverhalten, Management, Hornstatus, Enthornung, Tierwohl, Güterabwägung
Schlüsselwörter
(Englisch)
Dairy cows, social behaviour, management, horning status, dehorning, animal welfare, weighing competing interests
Kurzbeschreibung
(Deutsch)

Die Haltung von Milchvieh in Laufställen hat in den letzten Jahren aus ökonomischen und ergonomischen Gründen weite Verbreitung erfahren und kam dem Tierwohl zu Gute. Als Konsequenz aus der Bewegungsfreiheit der Tiere, grösseren Beständen und dem schwindenden Mensch-Tier-Kontakt werden heute unabhängig vom jeweiligen Haltungssystem annähernd 90% aller Milchkühe bereits im Kälberalter enthornt, um schweren Verletzungen untereinander und Unfällen mit Menschen vorzubeugen sowie bei Zuchttieren den Verkaufswert nicht zu schmälern. Zwar verbietet das Schweizer Tierschutzgesetz einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen, ein Enthornen ist jedoch unter Schmerzausschaltung erlaubt. Diverse Untersuchungen zeigen allerdings, dass das Entfernen der Hornanlagen weiterhin schmerzhaft und stressbehaftet für Tier und Mensch bleibt. Als Alternative stehen inzwischen in den meisten Rassen einige genetisch hornlose Bullen zur Zucht bereit, deren Leistung jedoch noch nicht an die der behornten Stiere heranreicht. Daher setzen bislang nur wenige Landwirte diese Bullen ein. Schätzungen gehen von 20 Jahren aus, ehe das gleiche Leistungsniveau wie bei den behornten Bullen erreicht werden wird.

In den letzten Jahren hat unter einem Teil der Tierschützer, Wissenschaftler, (Bio-)Bauern und KonsumentInnen vermehrt ein Umdenken stattgefunden: es wird daher immer wieder medienwirksam gefordert, auf ein Enthornen aus Gründen des Tierschutzes zu verzichten, die Integrität der Tiere zu wahren, ihre Würde zu achten und ihnen unnötige schmerzbehaftete Eingriffe zu ersparen. Inzwischen gibt es mehrere wissenschaftliche Untersuchungen und daraus abgeleitete Empfehlungen für die Praxis, wie auch behornte Tiere im Laufstall gehalten werden können. Diese beziehen sich überwiegend auf die Abmessungen und Stalleinrichtungen, einige wenige auf die Mensch-Tier-Beziehung. Darüber hinaus gibt es jedoch keine Erkenntnisse, wie sich die Individualdistanzen und soziales Verhalten zwischen enthornten und behornten Tieren unterscheiden, ob Hörner einen Einfluss auf die Selbstwahrnehmung der Tiere haben, die Enthornung ihre Kommunikationsfähigkeit eventuell einschränkt sowie möglicherweise Unterschiede in diesen Aspekten zwischen Kühen in Laufstall- und Anbindehaltung bestehen. In Hinblick auf das von den Zuchtverbänden weltweit angestrebte Ziel, Milchviehrassen genetisch hornlos zu züchten, ist es darüber hinaus von Bedeutung, mögliche Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit und des Verhaltensrepertoires sowie deren Auswirkungen auf den Herdenverband und das Wohlbefinden der Tiere aufgrund einer Hornlosigkeit aufzudecken, bevor es zu einer flächendeckenden Verdrängungszucht kommt.

Im vorliegenden Projekt soll daher mittels ethologischer und physiologischer Parameter auf Praxisbetrieben untersucht werden, ob Unterschiede in den Individualdistanzen und im Sozialverhalten zwischen behornten, enthornten und genetisch hornlosen Kühen bestehen. Ein Anbindestall schränkt die Interaktionsmöglichkeiten des Individuums gegenüber dem Sozialverband räumlich und zeitlich ein. Eine eventuelle Beeinflussung der sozialen Verhaltensweisen bzw. deren Bedeutung für die Tiere in den unterschiedlichen Haltungsverfahren Laufstall und Anbindestall soll daher geklärt werden. Darüber hinaus soll evaluiert werden, ob sich Unterschiede in der Selbstwahrnehmung der Tiere in Abhängigkeit von ihrem Hornstatus nachweisen lassen. Sollten sich daraus möglichen Defizite in der Kommunikation oder eine Beeinträchtigung der Selbstwahrnehmung der Tiere ergeben, könnte dies eine eventuell dauerhafte Einschränkung des Wohlbefindens der Tiere bedeuten. Das vorliegende Projekt möchte diesen Fragen nachgehen und einen Hilfe zur Beurteilung des Hornstatus bei Milchkühen unter neuen Gesichtspunkten leisten. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse könnte zukünftig eine mit neuen Informationen ergänzte Güterabwägung durch verschiedene Zielgruppen erfolgen, ob zum einen die Zucht auf genetische Hornlosigkeit und zum anderen die Enthornung von Kälbern mit den Grundsätzen der Schweizer Tierschutzgesetzgebung und dem Anspruch der KonsummentInnen vereinbar sind. Somit könnte ein Beitrag zur Versachlichung der Diskussion bezüglich behornter Kühe geleistet werden. Des Weiteren könnten die gewonnenen Erkenntnisse zum Schutz von Tieren und Tierhaltern eingesetzt werden und sich bei der Beurteilung von Stallmaßen für behornte Milchviehherden hilfreich erweisen.

Kurzbeschreibung
(Englisch)

Dairy cow husbandry in loose housing systems has become very common out of economic, ergonomic and animal welfare reasons. In consequence of more freedom in loose housing systems, larger stocking rates and lower human-animal relationship, today, almost 90% of all dairy cows are dehorned to prevent severe injuries within the human-animal-interactions and to each other as well as to retain the potential market value of the animal. Although the animal welfare act of Switzerland prohibit interventions in animal that are followed by pain, distress or damages, exceptions for dehorning calves under anesthesia are possible. But dehorning is a very harm- and stressful intervention for the animal as well as for the farmer. As an alternative, polled bulls could be used for breeding, but most of them today are handicapped by lower milk yields than bulls with horns. Therefore, breeders rarely make use of semen from polled bulls and breeding improvement will take another 20 years.

In the last few years, some animal welfare activists, scientists, (ecological) farmers and consumers recognized this dilemma, ask for housing horned dairy cows and launch articles in printed press, television and the world wide web. Preserving animal welfare, protecting animal integrity, respecting animal dignity and avoiding painfully interventions are the main intensions. While there is a profound knowledge about dimensions and management of loose housing stables for horned cows and the human-animal-relationship in the meantime, only little is known about aspects of social behaviour in mixed herds with horned and dehorned or polled animals, individual distances, influence of horns on self-awareness, possible deficiency in communication abilities and differences between loose housing and tie-stalls. As breeders associations worldwide push the use of polled dairy cattle, these aspects should be investigate before widespread extrusion of polled sires.

This project will investigate possible differences in social behaviour and individual distances of horned, dehorned/polled and mixed herds of dairy cows on farms by experimental research regarding ethological and physiological indicators of stress und animal welfare. Tie-stalls confine social interactions between cows by space and time. Thus, a possible interference of social behaviour respectively its relevance for the cows through housing systems will be examined. Furthermore, possible differences in self-awareness between animals depending on their status of horns should be verified. If these potential differences will result in deficiencies of communication or disturbance of self-awareness, welfare of animals could be decreased permanently. This project will follow these questions and contribute to appraisement of horn status of dairy cattle under a new point of view. Based on possible findings, with new information different target groups could weigh competing interests between breeding polled dairy cattle and dehorning calves, regarding the Swiss animal welfare act as well as the requirements of consumers. The findings would allow a factual discussion of common dehorning practice. Animals and animal breeders would profit referring to security aspects and supplementary measures for housing systems for horned dairy cows could be defined.

Projektziele
(Deutsch)

Ziel des vorliegenden Projektes ist es, unter Berücksichtigung verschiedener Haltungssysteme die bislang unbekannte Bedeutung des Behornungsstatus von Milchkühen für deren Individualdistanzen und Sozialverhalten sowie für ihre Selbstwahrnehmung zu erkennen. Anhand der gewonnenen Daten können erste Empfehlungen für den sozialverträglichen Platzbedarf von behornten bzw. enthornten Tieren z. B. für die Laufhofgestaltung erarbeitet werden. Darüber hinaus könnten die gewonnenen Erkenntnisse dazu beitragen, eine Güterabwägung bezüglich der Enthornung von Milchkühen zu ermöglichen sowie zum Schutz der Tierhalter und anderer Tiere eingesetzt werden.

Um dies zu erreichen, sollen behornte und enthornte Milchkühe der gleichen Rasse mittels ethologischer und physiologischer Parameter auf Praxisbetrieben untersucht werden. Individualdistanzen und Sozialverhalten werden an Fokustieren sowohl im normalen Umfeld Stall und Weide, aber auch in experimentellen Umgebungen erfasst und zwischen behornten und enthornten Tieren verglichen. Des Weiteren soll sowohl in vertrauter Umgebung mit den gewohnten Herdenmitgliedern wie auch allein in unbekannter Umgebung das Temperament bzw. die Grundaufmerksamkeit der Tiere in möglicher Abhängigkeit von ihrem Hornstatus geklärt werden. Dazu werden verschiedene, grundsätzlich etablierte Testmethoden zum Einsatz kommen, die darüber Auskunft geben sollen, ob eine Behornung Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung der Tiere hat und damit ihr Verhalten gegenüber verschiedenen Situationen beeinflussen kann. Somit können die Fragen geklärt werden, ob behornte Tiere der gleichen Rasse generell aggressiver bzw. mutiger reagieren als enthornte Tiere bzw. vice versa, und ob sie auf eine geringere Signalintensität ansprechen als ihre enthornten Artgenossen. Unter Umständen könnte dies zu einer vermehrten Stressbelastung des Tieres führen. Dies hätte nicht nur Auswirkungen auf das Tierwohl, sondern möglicherweise auch auf die Leistungsfähigkeit der Milchkuh.

Auch der zukünftigen Entwicklung im Bereich der landwirtschaftlichen Milcherzeugung, vermehrt genetisch hornlose Tiere in der Zucht einzusetzen, um auf eine Enthornung verzichten zu können, wird mit dem vorliegenden Projekt Rechnung getragen. Aus Gründen des Tierschutzes ist es zu begrüssen, dass Kälbern dadurch eine belastende Prozedur erspart bleibt. Jedoch gibt es bislang keinerlei Untersuchungen dazu, ob eventuell Unterschiede im Verhaltensrepertoire von behornten, enthornten und genetisch hornlosen Milchkühen einer Rasse bestehen. Erkenntnisse, ob und inwiefern die Tiere durch ihre fehlende Behornung eventuell dauerhaft in ihrer Selbstwahrnehmung und Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt werden, liegen bislang ebenfalls nicht vor. Ein Vergleich mit behornten und enthornten Tieren anhand der zuvor erarbeiteten Parameter könnte hierzu neue Einsichten liefern.

Zur Bearbeitung dieser Fragen gliedert sich das Projekt in 3 Teilprojekte:

       I.     Einfluss der Behornung von Milchkühen auf Individualdistanzen und Sozialverhalten anhand von Erhebungen bei behornten und enthornten Herden

a.      im Laufstall

b.      im Anbindestall

     II.     Untersuchungen zu Temperament und Selbstwahrnehmung von Milchkühen in Abhängigkeit von ihrem Hornstatus in Herden mit behornten und enthornten Tieren

    III.     Vergleich von genetisch hornlosen Milchkühen mit behornten und enthornten Tieren anhand der in den Teilprojekten I – II evaluierten Parameter

Publikationen / Ergebnisse
(Englisch)

Lutz, J., Würbel, H., Burla, J.-B., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. Verhaltensreaktionen behornter und unbehornter Milchkühe auf Herdenmitglieder, deren Hornstatus manipuliert wurde. 48. Internationale Tagung Angewandte Ethologie, Freiburg im Breisgau, Germany.

Lutz, J., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. Untersuchungen zur Bedeutung des Hornstatus. Kolloquium zum Hornstatus Rind, Agroscope, Posieux, Switzerland.

Lutz, J., Würbel, H., Burla, J.-B., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. Behavioural reactions of horned and dehorned dairy cows to herd mates whose horn status was manipulated. 50. ISAE Congress, Edinburgh, United Kingdom.

Lutz, J., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. Einfluss des Hornstatus und des Flächenangebotes im Laufhof auf         das Sozialverhalten, die Herzaktivität und die Bewegungsaktivität bei Milchkühen. 47. Internationale Tagung Angewandte Ethologie, Freiburg im Breisgau, Germany.

Lutz, J., Gygax L., Friedli K., Wechsler B. Einfluss des Platzangebots auf das Verhalten von behornten und unbehornten Milchkühen. 5. Tänikoner Melktechniktagung, S. 45, Agroscope Tänikon, Switzerland.

Lutz, J., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. Einfluss des Platzangebots auf das Verhalten von behornten und unbehornten Milchkühen. Kommission für Stalleinrichtungen 2015, Tänikon, Switzerland.

Lutz, J., Kutzer T., Wechsler, B. The relevance of horns for dairy cows. 9. Annual Symposium of the PhD Program in Sustainable Agriculture. Agroscope Tänikon, Switzerland.

Lutz, J., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. Influence of Avaible Space on the Behaviour of Horned and Dehorned Dairy Cows. Walks and talks 2015, Ranflüh, Switzerland.

Lutz, J., Gygax L., Wechsler B., Friedli K. (2014) Relevance of horns in dairy cows. Walks and talks 2014, Ocourt, Switzerland.

Lutz, J., Kutzer T., Wechsler, B. (2013) Untersuchungen zur Bedeutung des Hornstatus. Projektforum 2013, Tänikon, Switzerland.

Lutz, J., Kutzer T. (2013) Vermisst die Kuh ihre Hörner? Hörnerfest 2013, Dällikon, Switzerland.

Zugehörige Dokumente
URL-Adressen
(Deutsch)