Hanta-Viren sind Krankheitserreger der Risikogruppe 3, die aerogen, über getrocknete Sekrete infizierter Nagetiere, übertragen werden und schwere Krankheitssymptome verursachen können. Je nach Hanta-virusart können sie hämorrhagische Symptome mit Nierenversagen (Puumala, Dobrova, Hantaan und Seoul) oder ein pulmonales Syndrom (Amerikanische Hanta-Virusarten) hervorrufen.
In Europa kommen vor allem Puumala-, Dobrova- und Saarema-Viren vor. In Nordeuropa (Finnland, Schweden und Norwegen) und in Mitteleuropa (Belgien, Deutschland und Frankreich) kommt es regelmässig zu Ausbrüchen mit Puumala-Viren. In Osteuropa ist vor allem das Dobrova-Virus verbreitet, Puumala-Viren kommen aber auch dort vor. Umgekehrt findet man Dobrova-Viren sporadisch in Mitteleuropa. Die Viren verbreiten sich innerhalb einer Mausspezies (Puumala hauptsächlich in der Rötelmaus und Dobrova in der Gelbhalsmaus) und können über getrocknete Sekrete und Exkremente über die Luft auf den Menschen übertragen werden. Häufungen von Hanta-Virusinfektionen ereignen sich in zyklischen Abständen von 2-4 Jahren und korrelieren mit der Mausdichte im selben Jahr. Letztmals kam es im Jahr 2007 und 2010 in Deutschland und in Frankreich zu grösseren Ausbrüchen mit vielen Übertragungen auf den Menschen. In Deutschland wurden bis im August 2010 insgesamt 1318 Hantavirusinfektionen labordiagnostisch bestätigt, wobei die Mehrzahl auf Baden-Württemberg (739) und Bayern (249) entfielen. In Frankreich wurden für das Jahr 2010 (Stand Ende Juli 2010) 110 neue Hantavirus-Infektionen gemeldet, die sich zu einem grossen Teil im grenznahen Gebieten zur Schweiz ereignet haben.
Eine symptomatische Hantavirusinfektion beginnt meist abrupt mit hohem Fieber, das über 3–4 Tage anhält. Zunächst stehen unspezifische Allgemeinsymptome wie Schüttelfrost, Glieder- und Kopfschmerzen, Lichtscheue, Sehstörungen, Rachenrötung und Husten im Vordergrund. Nach wenigen Tagen treten bei den meisten Patienten ausgeprägte Lumbalgien, abdominale Schmerzen, Schwindel und Erbrechen auf. Diese Phase ist durch eine Hypotension bis hin zum Schock und weitere hämostatische Störungen gekennzeichnet, die sich beispielsweise im Auftreten von konjunktivalen Einblutungen und Petechien der Haut manifestieren können. Im weiteren Verlauf kommt es zum Anstieg der Nierenretentionswerte bis hin zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz. Die polyurische Phase leitet die Rekonvaleszenz ein. Diese kann mehrere Wochen anhalten und von einer renalen Hypertonie begleitet sein.
Die in Deutschland am häufigsten beobachtete, klinisch milde bis moderate Verlaufsform des HFRS (die auch Nephropathia epidemica genannt wird) zeigt prinzipiell die oben genannten HFRS-Stadien, diese sind jedoch weniger ausgeprägt. Sie verläuft eher als grippeähnliche Erkrankung mit Nierenbeteiligung. Die Nierenfunktionsstörung präsentiert sich mit Hämaturie, Proteinurie und Nierenversagen. Hämorrhagien treten nur sehr selten auf, die zum Schock führende schwere Hypotension fehlt meist. Die Letalität liegt bei PUUV-Infektionen deutlich unter 1% (RKI-Ratgeber für Ärzte).
Klinisches Bild einer akuten Hantavirus-Erkrankung, definiert als mindestens eines der drei folgenden Kriterien:
-> Fieber,
-> Nierenfunktionsstörung,
- mindestens zwei der neun folgenden Kriterien:
- Kopfschmerzen,
- Muskel-, Glieder- oder Rückenschmerzen,
- Übelkeit ODER Erbrechen,
-> Durchfall,
- vorübergehende Myopie („Verschwommensehen“),
- Husten,
- Dyspnoe (Atemstörung),
- Lungeninfiltrate,
- Herzversagen.
(RKI-Ratgeber für Ärzte)
Die Diagnose einer Hantavirus-Infektion wird in der Regel anhand des klinischen Bildes und der serologischen Untersuchungsergebnisse gestellt, die bereits einen Hinweis auf den Serotyp geben. In der Regel weisen Patienten bei Beginn der klinischen Symptomatik IgM-Antikörper, IgA-Antikörper und meist auch bereits schon IgG-Antikörper auf. Für eine sichere serologische Diagnose ist der Nachweis von IgM- und im weiteren Verlauf von IgG-Antikörpern oder der IgG-Titeranstieg in Serumpaaren notwendig. Auch Immunoblots können zur Diagnostik eingesetzt werden. In spezialisierten Laboren wird zudem die Immunfluoreszenz für den Antikörpernachweis genutzt. Die Bestätigung von zweifelhaften ELISA-Ergebnissen durch ein unabhängiges Verfahren zum Antikörpernachweis (Immunblot, IFAImmuno fluorescence assay) wird empfohlen. IgM-Antikörper können in der Regel bis etwa 1–3 Monate nach Krankheitsbeginn nachgewiesen werden, in Einzelfällen aber auch mehrere Jahre. IgG-Antikörper persistieren wahrscheinlich lebenslang. Mittels Virusneutralisationstests, die im Speziallabor (Sicherheitsstufe 3) durchgeführt werden, ist eine spezifische Serotypisierung möglich. Aufgrund der kurzen virämischen Phase von nur wenigen Tagen ist der RNA-Nachweis im Blut mittels PCR nur in der frühen Phase der Erkrankung Erfolg versprechend. (RKI-Ratgeber für Ärzte)
Gezielte Untersuchungen bei Mäusen ergaben, dass auch Gebiete in der unmittelbaren Nähe zur Schweizer Grenze hohe Anzahlen an virusinfizierten Mäusen aufwiesen. Trotz der Nähe der Endemie gebiete (Baden Württemberg und französischer Jura) wurden in der Schweiz nur ganz wenige Hanta-Virusinfektionen beim Menschen registriert. Ob die Infektion zu wenig gut erkannt und deshalb zu selten diagnostiziert wurde oder ob Hanta-Viren in der Schweiz tatsächlich kaum vorkommen, ist nicht fundiert untersucht worden.