Dynamische Betriebskonzepte als Instrument des relativ neuen Themas Verkehrsmanagement
Mit den Entwicklungen im Bereich des Verkehrsmanagements (VM) stellen sich in Praxis und Forschung Fragen zu den Entwicklungsschritten der technischen Lösungen. Verfahrensschritte und (Zwischen-) Produkte in der Planung und Projektierung im Bereich vor allem dynamischer Betriebskonzepten, resp. Betriebs- und Gestaltungsstudien werden unterschiedlich gehandhabt. Der relativ junge Begriff Verkehrsmanagement (u. a.) spielt in verschiedenen Fachbereichen eine Rolle. Der Fachausdruck wurde im Zusammenhang mit der NFA eingeführt und bewirkte die Überarbeitung der SN 671 832 Strassenverkehrstelematik: Begriffe zur neuen SN 640 781 Verkehrsmanagement, Begriffssystematik. Hinter dem Begriff VM verbirgt sich unter anderem die ganze Breite der Dynamisierung der Verkehrsbeeinflussung. Mit deren Möglichkeiten und Herausforderungen befassen sich mehrere Expertenkommissionen der Fachkommissionen FK 1 Verkehrsplanung, FK 3 Verkehrstechnik und FK 9 Strassenverkehrstelematik. Mit der Reorganisation verschiedener Fachkommissionen, verbunden mit der Neueinführung der FK 1 Verkehrsplanung, stellen sich aber im Hinblick auf die weitere Forschung und Normung in mehreren Fachbereichen thematische Abgrenzungsfragen. Auch ist unklar ob und inwiefern allenfalls Lücken bestehen, und inwiefern allenfalls ein Bedarf hinsichtlich notwendiger Grundlagen und deren Standardisierung besteht.
Bezüglich Stand der VSS-Forschung ist festzustellen, dass in der neu konstituierten FK 1 Verkehrsplanung die Formulierung des thematischen Aufgabenbereichs der EK1.05 Grundlagen für Betriebskonzepte zur Aufdeckung potenzieller Doppelspurigkeiten mit dem Themenbereich Verkehrsbeeinflussung auf HLS resp. auf HVS (EK 3.06 und 3.07) führt. Die EK 1.05 sollte sich im Rahmen der Verkehrsplanung vorerst der betrieblichen Beeinflussung des Verkehrs annehmen. Angesichts der in der FK 3 behandelten Themen Verkehrsbeeinflussung auf HLS resp. auf HVS wird der Fokus neu auf die Grundlagen für Betriebskonzepte gelegt. Die allfälligen Lücken und die Abgrenzungen zwischen den angesprochenen Fachgebieten sind damit jedoch nicht geklärt, da nicht zuletzt grundsätzliche Unschärfen in den jungen Begriffen bestehen. Dies erschwert einerseits die Kommunikation in Forschung und Praxis und führt andererseits zu Doppelspurigkeiten, aber auch zu Lücken in der Forschung und Normung, und zu nicht optimalen Planungsabläufen in der praxis. Mit den Aktivitäten des ASTRA im Zuge der NFA sind auch zwischen VSS und ASTRA Parallelarbeiten im Gange mit dem Risiko von Doppelspurigkeiten und Verunsicherungen. Seitens des ASTRA ist man daran Regelungen für das Verkehrsmanagement in den Netzübergängen HLS / HVS zu finden.
Aus Deutschland sind, aufgrund erster Abklärungen, zum Forschungsthema keine aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten bekannt. Aussagen sind allenfalls mit den Ergebnissen aus den in Vernehmlassung befindlichen neuen Hinweise zur Strategieplanung und zum Strategiemanagement der FGSV zu erwarten. Die Diskussionen dazu sind noch nicht abgeschlossen; sie sollen im 2011 vorliegen.
Betriebskonzepte:
Unter Betriebskonzepte wird etwa verstanden: Gesamtheit abgestimmter Massnahmen zur Führung des intermodalen Verkehrs (MIV inkl. Strassengüterverkehr, strassengebundener ÖV, Radverkehr, Fussverkehr) in meist stark belasteten Strassennetzen im Siedlungsgebiet oder im siedlungsnahen Gebiet, mit besonderer Berücksichtigung der (dynamischen) Priorisierung der verschiedenen Verkehrsströme und –arten.
Basierend auf gebietsspezifischen verkehrspolitischen Zielen wird im betrachteten Netz der Strassenraum den verschiedenen Verkehrsarten zugeteilt: dem motorisierten Individualverkehr, dem strassengebundenen öffentlichen Verkehr und dem Langsamverkehr. Zudem werden Lösungsansätze zur Beeinflussung der verschiedenen Verkehrsarten, z. B. Dosierung, Pförtnerung, Regimevorgaben festgelegt. Damit erfolgt ein grober Ortsbezug von (dynamischen) Beeinflussungsmassnahmen und es werden grundsätzliche Fragen der Intermodalität geklärt. Das gesamtverkehrliche Betriebskonzept zeigt damit das Prinzip der angestrebten verkehrstechnischen Funktionsweise des strassenbezogenen Verkehrssystems. Dynamische Betriebskonzepte bauen auf technischen Systemen der Verkehrstelematik auf und fallen in die Verfahrensstufe Vorstudien (Phase 21 gemäss SIA). Grundlagen dazu sind VM-Konzepte (Phase 11 gemäss SIA: Strategische Planung). Die optimalen Verfahrensschritte sind jedoch nicht in den notwendigen Detaillierung und logischen Abfolge bekannt und beschrieben.
Grundlagen:
Als Grundlagen können verstanden werden: Begriffe; Instrumente (Simulationsinstrumente; Bewertungsmethoden), Parameter (VQS); Verfahrensschritte (SIA 11: Strategische Planung; 21: Vorstudien; 31/32: Vorprojekt / Bauprojekt)
Grundlagen wie Definition von Parametern wie Verkehrsqualitätsstufen für ÖV, Fussverkehr und Radverkehr für Anlagenelemente, Anwendung von Instrumenten, etc. werden in (4) erforscht
Handlungsgrundsätze und strategische VM-Konzepte als Vorgaben für die zu setzenden verkehrlichen Prioritäten sind raum- bzw. ortsspezifische politische Festlegungen.
Methoden zur Bestimmung des Nutzens von Betriebskonzepten werden in der EK 1.02 behandelt.
Forschung: (4) befasst sich u. a. mit (übergeordneten) Steuerungs- und Betriebskonzepten in Netzen und Netzteilen (Forschungsthema 15: "Steuerungstechnische Umsetzung zur Priorisierung von ausgewählten Verkehrsströmen und Verkehrsmodi in HVS Netzen")
Normen: SN 640 871 Verkehrsmanagement: Begriffssystematik: ist thematisch umfassend; doch das Thema Betriebskonzepte passt nicht in diese Systematik.
Systematischer Klärungsansatz:
Die systematische Klärung der Aufgabenfelder der Verkehrsplanung, der Verkehrstechnik und der Strassenverkehrstelematik sind wichtig für eine effiziente Planungspraxis. Die bisherigen Abklärungen weisen darauf hin, dass die Erkenntnisse aus der angestrebten Forschungsarbeit eine wertvolle Basis für die Praxis bilden können. Aufgrund der Erkenntnisse kann auch beurteilt werden, ob eine eventuelle übergeordnete Grundnorm, welche die veraltete SN 671 831 Strassenverkehrstelematik Grundlagenorm ersetzen könnte, oder ob eine Ergänzung der SN 640 781 Verkehrsmanagement Begriffssytematik anzusterben ist. Im Rahmen der Forschungsarbeit könnte ein inhaltlicher Entwurf einer dieser Normen erarbeitet werden.
Aufgrund der Analyse des Problemkreises kann die Ausgangslage für die Forschungsarbeit mit folgenden Fragen zusammengefasst werden:
§ Wie sind die einzelnen Themen und Aufgaben des angesprochenen Themenkomplexes Betriebskonzepte / Betriebs- und Gestaltungsstudien systematisch zu gliedern?
§ Welche Erkenntnisse versprechen, dass die Arbeit in der Praxis klarer und einheitlicher gestaltet werden kann?
§ Besteht Klarheit über die notwendigen Grundlagen und deren Anforderungen für die Arbeit in der Praxis?
§ Welche Hinweise ergeben sich aus den Analysen und Prozessstrukturen für den Forschungs- und Normungsbedarf, und für deren Organisation in den verschiedenen bestehenden und vorgesehenen Organen?
Bestehet Bedarf für einen Ersatz oder eine Revision der Grundnorm SN 671 831 Strassenverkehrstelematik oder für eine Ergänzung der SN 640 781 Verkehrsmanagement, Begriffssystematik (ex SN 671 832)?