Für Bauteile, welche stark beansprucht sind und/oder bei welchen eine Instandsetzung resp. die Erneuerung des Oberflächenschutzes einen grossen Aufwand verursacht, ist gemäss dem aktuellen Astra-Fachhandbuch Kunstbauten [Astra 2007] die Anwendung eines multifunktionalen Hochleistungs-Oberflächenschutzes zu prüfen, welcher einen optimalen Schutz gegen die vorhandenen Einwirkungen bietet und insbesondere auch eine lange Lebensdauer (des Bauteils, aber auch des Oberflächenschutzsystems selber) gewährleistet. Dabei handelt es sich mittlerweile häufig um Produkte auf Basis der Nanotechnologie.
Da die entsprechenden Produkte erst vor kurzem Marktreife erreicht haben und in der neuen Norm für Oberflächenschutzsysteme (SN EN 1504-2 [CEN 2004]) nicht spezifisch behandelt werden, bestehen Unsicherheiten sowohl bezüglich der mit solchen Systemen erreichbaren Schutzwirkung als auch bezüglich der im Rahmen einer Ausschreibung zu stellenden Anforderungen. Im aktuellen Astra-Fachhandbuch Kunstbauten [Astra 2007] werden zwar Anforderungen an multifunktionale Hochleistungs-Oberflächenschutzsysteme gestellt. Diese basieren jedoch ausschliesslich auf den Herstellerangaben und –prüfungen einzelner Produkte. Es besteht daher die Gefahr, dass die Anforderungen nur durch sehr wenige Produkte erfüllt werden können, wodurch die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt würde. Zudem ist die Vergleichbarkeit der verschiedenen multifunktionalen Hochleistungs-Oberflächenschutzsysteme auf Basis der Herstellerangaben nur bedingt möglich, und die Anforderungen sind daher in der Praxis schwierig durchzusetzen.
Um die Unsicherheiten hinsichtlich der erreichbaren Eigenschaften zu beseitigen, wird im Rahmen des Forschungsprojektes eine vergleichende Studie an verschiedenen, auf dem Markt erhältlichen multifunktionalen Hochleistungs-Oberflächenschutzsystemen durchgeführt.
In einer ersten Phase werden die für die Studie zu verwendenden Produkte (maximal 5) evaluiert. Um eine möglichst breite Auswahl von Produkten zu gewährleisten, sollen daher neben den wenigen, bereits marktgängigen Systemen auch solche berücksichtigt werden, deren Einführung in der Schweiz noch bevorsteht. Zu diesem Zweck werden möglichst viele potentielle Hersteller und Lieferanten solcher Systeme angeschrieben.
Die Evaluation geschieht insbesondere auf der Basis der vorhandenen Erfahrungen, der gültigen Normen, den Angaben auf den Produktdatenblättern und der Resultate der Herstellerprüfungen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Bedürfnissen des Astra. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil die heute marktgängigen Produkte in der Regel nicht in erster Linie für die Anwendung im Betonbau (Kunstbauten) entwickelt wurden. Die Randbedingungen für die Applikation bei Kunstbauten sind daher nicht in allen Fällen gegeben, und die Produkte weisen teilweise Eigenschaften auf, welche bei Kunstbauten unnötig sind oder sie enthalten unerwünschte Inhaltsstoffe (beispielsweise Halogenverbindungen, welche im Brandfall gefährliche Stoffe freisetzen). Zudem werden gesundheitliche Aspekte von Oberflächenschutzsystemen auf Nanotechnologiebasis mit einbezogen. Es ist zu prüfen, ob der Vorsorgeraster des Bundesamtes für Gesundheit [BAG 2008b] dazu verwendet werden kann.
Anschliessend werden die ausgewählten Oberflächenschutzsysteme auf Prüfkörper angewendet, welche einer Reihe von Prüfungen (möglichst EN- oder ISO-Normen) unterzogen werden. Im Vordergrund stehen dabei Prüfungen, deren Resultate eine aussagekräftige Beurteilung hinsichtlich des primären Anwendungszwecks der Hochleistungs-Oberflächenschutzsysteme – der Verlängerung der Lebensdauer von Kunstbauten – erlauben. Insbesondere kommen in Frage:
- UV-Beständigkeit (hinsichtlich Wirkung und Erscheinungsbild) EN 1062-10/-11
- Wasseraufnahme EN 1062-3
- Wasserdampf-Diffusion EN ISO 7783-1/-2
- Öl- bzw. Chemikalienresistenz ISO 2812-1
- Chloridaufnahme (braucht neue Prüfung)
- CO2-Diffusionswiderstand EN 1062-6
- Frost-Tausalzwiderstand EN 13687-1
- Rissüberbrückungsfähigkeit EN 1062-7
- Gewitterregenbeanspruchung (Temperaturschock) EN 13687-2
In die Bewertung werden ggf. weitere Eigenschaften einbezogen (z.B.: Griffigkeit / Rutschfestigkeit, Haftfestigkeit).
Grundsätzlich ist die Prüfung von Oberflächenschutzsystemen eine Aufgabe der Hersteller. Die Vergleichbarkeit von Herstellerprüfungen ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nur bedingt gegeben, da die Resultate durch zahlreiche Parameter (Oberflächenbeschaffenheit und Zusammensetzung des Betons, Feuchtigkeit, Applikation etc.) stark beeinflusst werden. Um einen direkten, objektiven Vergleich der Wirksamkeit der verschiedenen Oberflächenschutzsysteme zu gewährleisten, sind daher unabhängige, für alle Systeme unter gleichen Bedingungen durchgeführte Prüfungen unabdingbar.
Die durchzuführenden Prüfungen werden im Rahmen des Projektes so festgelegt, dass unter Einhaltung aller Randbedingungen möglichst aussagekräftige Resultate erzielt werden können. Zudem sollen die Prüfungen auch für die spätere Beurteilung der Einhaltung der Anforderungen (siehe unten) durch neu entwickelte, im Rahmen des Projektes nicht geprüfte Hochleistungs-Oberflächenschutzsysteme geeignet sein.
Auf der Basis der erreichten Werte wird zunächst eine Klassierung vorgenommen, und die Resultate werden mit den Anforderungen an konventionelle Oberflächenschutzsysteme sowie den mit solchen Systemen erfahrungsgemäss erreichbaren Werten verglichen. Auf dieser Basis werden die Vorteile und eventuellen Nachteile der Hochleistungs-Oberflächenschutzsysteme gegenüber konventionellen Produkten beurteilt.
Anschliessend werden die Anforderungen definiert, welche multifunktionale Hochleistungs-Oberflächenschutzsysteme erfüllen müssen, damit sie für Kunstbauten der Nationalstrassen angewendet werden dürfen. Die Anforderungen werden so festgelegt, dass einerseits ein möglichst hoher Schutz gewährleistet wird, andererseits aber alle Anforderungen durch mehrere Produkte gewährleistet werden können, so dass die Ausschreibung solcher Systeme wirtschaftlich interessant ist. Die nach diesen Kriterien festgelegten Anforderungen werden in das Merkblatt des Astra-Fachhandbuchs Kunstbauten [Astra 2007] übernommen. Sie bilden zudem eine Grundlage für den allfälligen Aufbau eines Registers Astra-konformer multifunktionaler Oberflächenschutzsysteme in der Zukunft. Der Aufbau eines solchen Registers ist jedoch nicht Gegenstand des Forschungsprojektes.
Die Resultate werden in einem Schlussbericht zusammengestellt. Dabei ist nicht vorgesehen, die geprüften Produkte namentlich zu erwähnen. Sollte sich im Laufe der Bearbeitung zeigen, dass eine Nennung sinnvoll wäre, könnte dieser Punkt allenfalls mit der Begleitkommission hinterfragt werden.
Die Anliegen des Astra werden durch die Vertretung eines Fachspezialisten Kunstbauten in der Begleitkommission gewährleistet.