Gemäss der ASTRA Richtlinie „Lüftung der Strassentunnel“ sind Strömungskurzschlüsse von Rauch und Schadstoffen von einer Tunnelröhre in eine andere und zwischen Abluftbauwerken und Aussenluftfassungen bzw. Portalen durch geeignete Massnahmen zu vermeiden.
Diese Auflagen werden zum heutigen Zeitpunkt durch verschiedene aktive und passive Massnahmen berücksichtigt. Die gängigsten sind:
- Genügender horizontaler und vertikaler Abstand zwischen Kamin und Portal resp. Ansaugstellen (Sisto, HLKS, …).
- Bau von Trennwänden zwischen Ein- und Ausfahrtsportalen.
- Steuerungstechnische Massnahmen beim Betrieb der Fahrraumlüftung (z.B. gleiche Längsströmung in beiden Tunnelröhren oder Überdruck in der „gesunden“ Röhre).
- Verwendung von Rauchmelder.
Fundierte Grundlagen bezüglich dieser Massnahmen, wie auch konkrete Vorgaben der zu erreichenden Ziele fehlen heute weitgehend. Zudem sind Aspekte, die primär bei Erneuerungen von Lüftungsanlagen massgeblich sind (fixe Portal-, resp. Kaminposition) nicht behandelt. In aktuellen Projekten ergeben sich diesbezüglich laufend Fragen, die nicht hinreichend geklärt werden können:
- Wie gross muss der horizontale / vertikale Abstand zwischen Portal und Kamin sein?
- Kann ein zu geringer Abstand vom Kamin zum Portal (z.B. bei bestehenden Anlagen) mit alternativen Massnahmen kompensiert werden?
- Wie ist der Einfluss der Ausblasgeschwindigkeit und Mündungsform hinsichtlich Strömungskurzschlüsse zu beurteilen?
- Welchen Einfluss haben die meteorologischen und orographischen Gegebenheiten (Wind, Hanglage, etc)? Wann ist eine Portallage ungünstig?
- Wie ist der Zusammenhang zwischen Länge und Höhe der Trennwand? Kann bei einer zu kurzen Trennwand eine zusätzliche Erhöhung die Nachteile kompensieren?
- Wie ist die Situation bei nahe beieinander liegenden Tunnels oder Galerien zu beurteilen (z.B. Simplon Passstrasse)?
Massnahmen zur Reduktion von Strömungskurzschlüsse sind grösstenteils baulicher Natur und prägen nicht selten das Portalbauwert resp. das Landschaftsbild. Entsprechend sind sie schon in einer frühen Projektphase möglichst präzise zu spezifizieren. Für bestehende Anlagen sollten quantifizierbare Massnahmen bekannt sein, um trotz der bestehenden Infrastruktur, die höchstmögliche Sicherheit gegen Strömungskurzschlüsse zu gewährleisten. Vorgaben diesbezüglich wären dringend erforderlich.
Das geplante Forschungsprojekt hat zum Ziel, die Problematik von Strömungskurzschlüsse für neue und bestehende Tunnelanlagen umfassend zu untersuchen. Die Ergebnisse sollen in Zukunft als Grundlage für die Auslegung von Lüftungsanlagen, sowie für Sanierungsmassnahmen bestehender Anlagen dienen. Die Forschungsarbeit ist in fünf Teile gegliedert und umfasst folgende Aspekte:
Teil 1: Erarbeiten der Grundlagen / Gefahrenpotential
Der erste Teil beinhaltet einerseits eine Literaturrecherche andererseits eine theoretische und praktische Betrachtungen von Strömungskurzschlüssen an bestehenden Tunnelanlagen.
Mit der Literaturrecherche sollen bereits vorhanden Entwicklungs-/Forschungsarbeiten, verwendete Ansätze (z.B. Richtlinien) und gängige Praxis zusammengetragen, ausgewertet und beurteilt werden. Anhand theoretischer und praktischer Betrachtungen soll die Strömungskurzschlüsse und die damit verbundenen Aspekte (z.B. bauliche Massnahmen, Methoden) analysiert und beschreiben werden.
Das Gefahrenpotential für die Tunnelbenützer, das von Kurzschlüssen von Rauch oder Schadstoffen ausgeht, soll durch eine Risikoanalyse untersucht werden.
Teil 2: Einflussgrössen der Rezirkulation
Der zweite Teil umfasst primär die detaillierte Analyse der verschiedenen Einflussgrössen bezüglich der Rauch- und Schadstoffkurzschlüssen. Die verschiedenen Einflussgrössen (Kaminhöhe, Abstand Kamin – Portal, Ausblasgeschwindigkeit, Windverhältnisse, Portalsituation, etc) werden mittels detaillierter CFD-Simulationen systematisch beurteilt. Die Simulationen sollen relevante Faktoren aufzeigen, die bei der Auslegung von Tunnellüftungen berücksichtigt werden müssen. Neben den Einflussgrössen für neue Tunnelanlagen sollen anhand der Simulationen zusätzliche Möglichkeiten aufgezeigt werden, die ohne grosse baulichen Massnahmen die Sicherheitssituation bezüglich der Rezirkulation für die Tunnelbenützer in bestehenden Tunnelanlagen verbessern können. Dies kann zum Beispiel der Einbau von Blenden zur Erhöhung der Ausblasgeschwindigkeit oder eine geeignete Lüftungssteuerung sein.
Die CFD Simulationen liefern verschiedene Parameter, anhand derer die Rezirkulation von Rauch und Schadstoffen beeinflusst werden kann und deren Abhängigkeit voneinander. Die Faktoren werden anhand verschiedener Kriterien bewertet (neue Tunnelanlage – Sanierung bestehender Anlage, notwendige bauliche Anpassungen, nicht beeinflussbare Umwelteinflüsse, etc). Damit soll eine Vorgehensweise zur Vermeidung von Strömungskurzschlüsse erreicht werden.
Teil 3: Validation und Bewertung
Einige der durchgeführten CFD-Simulationen werden an bestehenden Tunnelanlagen sollen durch Messung der Strömungskurzschlüsse validiert werden. Die Messungen werden mittels bewährtem Tracergasverfahren durchgeführt.
Teil 4: Definition von Vorgaben / Empfehlungen
Die CFD-Simulationen und die Validierung durch Messungen sollen Richtwerte und eine Vorgehensweise für die Auslegung von neuen und bestehenden Tunneln liefern. Die beeinflussenden Parameter sollen definiert und anhand ihres Einflusses auf die Strömungskurzschlüsse klassifiziert werden.
Die Resultate der Studie sollen als Empfehlung für die Auslegung/Sanierung von Tunnelanlagen dienen.
Teil 5: Dokumentation
Alle Aspekte der Forschungsarbeit werden im Rahmen eines Schlussberichtes am Ende der Forschungsarbeit dokumentiert. Der Fortschritt der Arbeiten wird regelässig anhand von Zwischenberichten dokumentiert.