Fragestellung : Mit dem Auftreten von höheren und häufigeren Achslasten auf den Strassen werden vor allem die Fahrbahnplatten der bestehenden Strassenbrücken stärker beansprucht. Diese erhöhte Beanspruchung könnte eine Ermüdung des Bauteils zur Folge haben. Insbesondere bei relativ dünnen Fahrbahnplatten sowie bei wenig ermüdungsfesten Bewehrungsdetails ist der Nachweis der Ermüdungssicherheit nicht ohne weiteres zu erbringen. Dies kann eine Verstärkung der Fahrbahnplatte erforderlich machen. In herkömmlicher Betonbauweise ausgeführt, ergeben sich relativ aufwändige Eingriffe, denn das Eigengewicht der Konstruktion nimmt wegen der wesentlich dickeren Fahrbahnplatte deutlich zu, was nicht selten auch zu Verstärkungsmassnahmen in Längstragrichtung der Brücke (und im Fundamentbereicht) führt.
Diese schwerfälligen Eingriffe für die Verstärkung könnten vermutlich vermieden werden, indem mit einer dünnen Schicht eines verbesserten Baustoffs die erforderliche Tragfähigkeit der Fahrbahnplatte hergestellt wird, ohne dass in Haupttragrichtung ein Eingriff erforderlich wird.
Projektidee und Ziel : Verglichen mit herkömmlichem Stahlbeton weisen ultra-hochleistungsfähige Faserfeinkornbetone (UHFB) eine hohe Zugfestigkeit mit einem ausgeprägten Verformungsvermögen sowie eine sehr hohe Dichtigkeit auf. Die Projektidee besteht darin, nach dem Betonabtrag eine etwa 30 bis maximal 50mm starke UHFB Schicht, welche mit einer Betonstahl-Bewehrung versehen ist und somit „Stahl-UHFB“ genannt wird, auf die Fahrbahnplatte aus Stahlbeton aufzubringen und mit ihr monolithisch zu verbinden, um so die erforderliche Tragfähigkeit hinsichtlich Ermüdung (und Tragsicherheit) herzustellen. Auch ist bei dieser Bauweise denkbar, dass die UHFB Schicht die Schutzfunktion (Abdichtung) erfüllen kann.
Das Ziel des Forschungsprojekts besteht darin, das Ermüdungsverhalten von Plattenstreifen in Mischbauweise (Stahl-UHFB und Stahlbeton) besser kennenzulernen und daraus Regeln für die Bemessung des Stahl-UHFB und den entsprechenden Ermüdungsnachweis herzuleiten.
Dieses Forschungsprojekt wäre ein weiterer Schritt in der bereits seit mehr als 9 Jahre dauernden Forschungstätigkeit am MCS-EPFL zum Thema UHFB. Im Projekt AGB 2005/004 „Hochleistungsfähiger Faserfeinkornbeton zur Effizienzsteigerung bei der Erhaltung von Kunstbauten aus Stahlbeton“ wurden das Potential und die Anwendungsmöglichkeiten von UHFB und der Mischbauweise aufgezeigt.
Vorgehen : Tastversuche am MCS-EPFL haben gezeigt, dass sich UHFB für die Verstärkung stark ermüdungsbeanspruchter Fahrbahnplatten von Stahlbetonbrücken und die Verlängerung deren Nutzungsdauer eignen. Ausgehend von diesen Tastversuchen gliedert sich das Projekt in drei Teile:
- Ermüdungsversuche an Stahl-UHFB Probekörpern und Plattenbalken in Mischbauweise, wobei der Stahl-UHFB unter Zug- und Druck- sowie unter vorwiegend Schubbeanspruchung „ermüdet“ werden soll.
- Phänomenologische und analytische Modellbildung des beobachteten Ermüdungsverhaltens
- Herleiten von Bemessungsregeln und Nachweisen der Ermüdungssicherheit (Festlegen eines Grenzwerts der UHFB-Dehnung als Dauerfestigkeit)
Als Grundlage dienen neben der Literatur und den bisherigen Forschungsergebnissen am MCS-EPFL zum Thema UHFB auch die beiden Dissertationen von Max Schläfli (1999) und Andrin Herwig (2008), die bisher am MCS-EPFL zum Thema Ermüdung abgeschlossen wurden:
Nutzen : Im Hinblick auf den Einsatz von UHFB zur Verstärkung von ermüdungsgefährdeten Fahrbahnplatten von Brücken muss das Ermüdungsverhalten bekannt sein und Regeln für die Bemessung und den Nachweis der Ermüdungssicherheit zur Verfügung stehen. Das Projekt hat zum Ziel, diese Fragestellung zu bearbeiten.
Der Einsatz von UHFB zur Verstärkung von Fahrbahnplatten im Zusammenhang mit der Erhöhung von Achslasten ist eine interessante Anwendung, denn der Eingriff führt zu keiner Erhöhung der ständigen Einwirkungen. Auch ist bei dieser Bauweise denkbar, dass neben der Tragfunktion auch die Schutzfunktion (Abdichtung) im gleichen Arbeitsgang hergestellt werden kann. Insgesamt ergibt sich ein interessantes Potential, um die Dauer der Baustelle zu verkürzen und die Benutzerkosten entsprechend zu reduzieren.
Mit dem Forschungsprojekt kann die Anwendung einer vielversprechenden neuartigen Technologie weiter abgesichert werden.