Lichtsignalanlagen (LSA) sind ein wesentlicher Bestandteil der inner- und ausserörtlichen Verkehrsbeeinflussung. Sie dienen der Verkehrssicherheit und einem flüssigen Verkehrsablauf. Aufgrund ihrer Bedeutung müssen sie sorgfältig geplant, errichtet und betrieben werden. Die Bewirtschaftung des sehr umfänglichen Anlagenbestandes gehört zu den Kernaufgaben der Betreiber. Hierfür gewinnt das Erhaltungsmanagement zunehmend an Bedeutung.
Im abgeschlossenen Forschungsprojekt VSS 2005/304 „Verkehrsregelungssysteme – Grundlagen des Erhaltungsmanagements“ wurde am Beispiel der LSA gezeigt, dass die Einführung des Erhaltungsmanagement für Verkehrsregelungssysteme (EM VRS) grundsätzlich notwendig und möglich ist. Mit ihm können der sichere und effiziente Einsatz von Verkehrsregelungssystemen nachhaltig gefördert und die Anlagensubstanz als wichtiger Teil des Nationalvermögens langfristig erhalten werden. Es wurden u. a. eine Rahmenmethodik für das Erhaltungsmanagement bei LSA (EM LSA) entwickelt und die verkehrstechnische Erhaltung als neue Massnahmenkategorie eingeführt.
SN 640 900a „Erhaltungsmanagement –Grundnorm“ definiert drei Gruppen von Erhaltungstätigkeiten:
1. Überwachung, Kontrolle und Wartung;
2. Unterhalt und
3. Veränderung.
Die Erhaltungstätigkeiten Überwachung, Kontrolle und Wartung wurden für das EM LSA mit dem abgeschlossenen Forschungsvorhaben vollständig bearbeitet und als Typenregeln definiert.
Zur zweiten Gruppe, dem Unterhalt, gehören die Werterhaltung und die Erneuerung. Werterhaltende Massnahmen (Reparaturen, Teilersatz) sind ebenfalls für Lichtsignalanlagen aufbereitet und in Typenregeln beschrieben worden. Erneuerung wird definiert als Ersatz, Wechsel und die Neukonstruktion von ganzen Anlagen nach Ablauf der Lebensdauer bzw. bei Zuständen ausserhalb massgebender Grenzen. Soweit die LSA – Erneuerung mit Ausrüstungen erfolgt, die annähernd die gleichen Gestaltungs- und Leistungsmerkmale aufweisen wie die bisherigen, ist das bereits untersucht und in den Typenregeln mit erfasst worden.
Veränderungen an LSA ergeben sich häufig aus strassenbaulichen Massnahmen, z. B. Änderung von Maststandorten, und können auch Anlass für Werterhaltung oder Erneuerung sein.
Im Verlauf der Bearbeitung des Forschungsprojekts VSS 2005/304 und in der bereits umfänglichen Diskussion seiner Ergebnisse, z. B. mit LSA – Betreibern, Systemherstellern und Planern, haben sich weitergehende Fragen zur Modernisierung von LSA ergeben. Diese sollen mit einem weiteren Forschungsprojekt untersucht und beantwortet werden. Das sind u. a. folgende Fragen: Welche verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Kriterien sind bei der Modernisierung von LSA zu berücksichtigen? Wie können diese praktisch angewendet werden? Gibt es hierfür nutzbare Erfahrungen aus anderen technischen Bereichen?
Zur Beantwortung dieser Fragen ist es zweckmässig, zuerst den Begriff Modernisierung zu definieren.
Im ersten Ansatz, sozusagen als Arbeitsgrundlage, wird mit Modernisierung von LSA die Erneuerung von Komponenten bzw. Anlagen auf einer höheren Qualitätsstufe bezeichnet (dem aktuellen Stand der Technik entsprechend, Nutzensverbesserungen bringen). Das bezieht sich vor allem auf die Gestaltungs- und Leistungsmerkmale. Die endgültige Definition wird im Forschungsprojekt erarbeitet.
Die Modernisierung von LSA kann sich auf die gesamte Anlage beziehen, aber auch nur für Gruppen von Komponenten erfolgen. Im ersten Fall werden alle Bestandteile erneuert, im zweiten Fall nur die erforderlichen Komponenten, z.B. die Signalgeber. Die richtige Vorgehensweise hängt vom tatsächlichen Zustand der LSA bzw. ihrer Komponenten und von wirtschaftlichen Aspekten ab. So ist es von einem bestimmten Zeitpunkt an zweckmässiger, Komponenten zu erneuern als sie kostenaufwändig zu erhalten.
Neben dem Anlagenzustand und dem Wirtschaftlichkeitsaspekt gewinnt ein dritter Faktor für den Entscheid über Werterhaltung oder Erneuerung zunehmend an Bedeutung: der technische Fortschritt. Er bietet neue Möglichkeiten für einen verkehrlich, technisch und wirtschaftlich besseren Anlagenbetrieb.
Vor allem dieser Aspekt führt dazu, dass in der Praxis häufig der Begriff Modernisierung anstelle von Erneuerung gebraucht wird. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von energieärmeren LED – Signalgebern anstelle herkömmlicher lampenbestückter Signalgeber.
Die in VSS 2005/304 durchgeführten Befragungen bei Betreibern ergaben, dass Entscheide über Werterhaltung, Erneuerung auf dem bestehenden Niveau oder Modernisierung sehr individuell getroffen werden. Deshalb konnten Erneuerungs- bzw. Modernisierungsmassnahmen noch nicht in LSA - Typenregeln verankert werden.
Die mit dem Forschungsvorhaben zu lösende Aufgabe besteht darin, objektive Entscheidungskriterien zu entwickeln, mit denen geprüft werden kann, ob eine Modernisierung der LSA unter konkreten örtlichen Bedingungen verkehrlich sinnvoll, technisch erforderlich und wirtschaftlich vertretbar ist. Hierzu müssen zunächst einmal aktuelle bzw. mittelfristig zu erwartende neue technische - technologische Entwicklungen aufbereitet und deren Einsatzmöglichkeiten sowie –grenzen dargestellt werden. Das sind bei den LSA vor allem die Verkehrsdatenerfassung, die Steuerung, die Signalgebung und die Datenkommunikation.
Das Forschungsvorhaben schliesst also an die bisherigen Untersuchungen zur Erhaltungstätigkeit Erneuerung an und vertieft diese wesentlich, mit dem Ziel, Betreibern, Planern und Lieferanten von LSA sachlich fundierte Entscheidungskriterien an die Hand zu geben.
Neue technische Lösungen müssen nicht in jedem Falle zwingend eingeführt werden. Oftmals brauchen sie längere Zeit bis zur Praxistauglichkeit und ein innovationsfähiges Umfeld. Aufgrund der hohen Anforderungen, die an LSA im Hinblick auf die Verkehrssicherheit gestellt werden, sind Experimente im laufenden Verkehr nahezu ausgeschlossen. Diese Erfahrung wurde z. B. bei der Entwicklung und dem Einsatz von LED Signalgeber gemacht. Im Forschungsprojekt sollen deshalb auf Grundlage von Gesetzen und Normen praktische Hinweise zur verkehrs- und betriebssicheren Einführung neuer Komponenten erarbeitet werden. Dabei ist die Verständlichkeit für alle Verkehrsteilnehmenden ein wichtiger Punkt.
Die Notwendigkeit der Untersuchung dieser Prozesse unterstreicht auch das folgende Zitat:
„Die Integration neuer Technologien in bestehende Infrastrukturnetze ist äusserst anspruchsvoll. Es braucht deshalb ein systematisches Integrationsmanagement, welches die vorhandenen Risiken eingrenzt und auf der Zeitachse staffelt.“ (Dr. H. Werder, Generalsekretär UVEK, Vortrag 09.11.2007)
Diese Feststellung trifft auch für LSA zu. So wurde bereits im Forschungsprojekt VSS 2005/304 herausgearbeitet, dass die einzelnen Komponenten einer LSA sehr unterschiedlich lange Lebensdauern und damit Erneuerungsbedarf aufweisen. Die Bandbreite liegt zwischen 10 Jahren für elektronische Ausrüstungen und 40 Jahren bei Masten und Kabelanlagen.
Modernisierung von LSA ist auch deshalb eine anspruchsvolle Aufgabe, weil vor allem die elektronischen Anlagenkomponenten, wie Steuergeräte, Detektoren oder Signalgeber, untereinander in technischen Abhängigkeiten stehen. Modernisierungsmassnahmen bei einer Komponente verlangen in der Regel auch Massnahmen bei den anderen Komponenten. Damit steigt der technische und wirtschaftliche Aufwand. Ein zweiter Grund für das unterschiedliche Herangehen ist, dass viele LSA in Städten/ Agglomerationen mit übergeordneten Verkehrs-(Gebiets-)-rechnern zusammenwirken. Erneuerungen sind dann oft für ganze Gebiete erforderlich. Neben den hohen Kosten für solche Massnahmen sind auch die umfänglichen Abstimmungen zu Planung und Realisierung zu berücksichtigen. Modernisierungen von mehreren LSA in einem Strassenzug oder Gebiet bedürfen einer exakten Bauplanung und straffen Durchführung, um die Verkehrsbeeinträchtigungen gering zu halten. Störungen aufgrund nicht ausreichend getesteter neuer Komponenten dürfen nicht auftreten bzw. die Folgen müssen beherrschbar bleiben.
Diese Zusammenhänge brauchen einer weitergehenden Untersuchung, um praktisch nutzbare Erneuerungsstrategien im Sinne der Modernisierung entwickeln zu können.
Die wirtschaftliche Bedeutung einer gezielten Erneuerungspolitik ist auch daran ersichtlich, dass die Mehrzahl der in Betrieb befindlichen LSA ein Alter von 11 – 20 Jahren aufweisen und deshalb immer häufiger zu entscheiden sein wird, wann werterhaltende Massnahmen noch sinnvoll sind und wann die Erneuerung (Modernisierung) von Anlagen bzw. Komponenten zu planen ist.
Hier spielt auch der ideelle Verschleiss eine grosse Rolle. Technologische Innovationen im Hard- und Softwarebereich treten in immer kürzeren Zyklen auf. Ob das zu Erneuerungsmassnahmen im Sinne der Modernisierung führen muss, hängt auch davon ab, ob die LSA in das städtische oder regionale Verkehrsmanagement eingebunden werden. Diese übergeordneten Systeme zur Verkehrslagebeurteilung und zur Verkehrsbeeinflussung werden auf sehr modernem technischem Niveau eingerichtet.
Das Forschungsprojekt beinhaltet erstens die vertiefte praktische Untersuchung von LSA – Modernisierungsbeispielen mit dem Ziel, Erfahrungen zu verallgemeinern. Zweitens sollen wissenschaftliche und praktische Erkenntnisse zur Integration neuer Technologien in bestehende Systeme aus anderen Technikbereichen (z. B. IT – Branche) aufbereitet und in geeigneter Weise nachnutzbar gemacht werden. Drittens werden erkennbare Haupttrends der (verkehrs-) technischen Entwicklung bei LSA und ihre Nutzung für die Modernisierung dargestellt.
Das Ergebnis der Forschungsarbeit wird ein praktischer Leitfaden mit Entscheidungskriterien zur LSA – Modernisierung sein. Dann können auch die Typenregeln für das EM LSA komplettiert und ein Konzept für die Norm “LSA – Erneuerung (Modernisierung)“ erstellt werden.
Einbindung des Forschungsvorhabens
Das Forschungsvorhaben basiert auf Ergebnissen des Forschungsprojekts VSS 2005/304 „Verkehrsregelungssysteme – Grundlagen für das Erhaltungsmanagement“ (Forschungsbündel „Verkehrsregelungssysteme“).
Es wird themenrelevante Ergebnisse der in Bearbeitung befindlichen Forschungsprojekte VSS 2006/301 „Funktionale Anforderungen an Planung, Bau, Betrieb und Unterhalt von Verkehrsrechnern“ und VSS 2007/303 „Funktionale Anforderungen an Verkehrserfassungssysteme“ berücksichtigen. Das betrifft vor allem die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Komponenten bzw. Anlagen, die auf das Vorgehen bei der Modernisierung Einfluss haben.
(Teil-) Ergebnisse des Forschungsprojekts zur LSA – Modernisierung werden auch für die im VSS – Mehrjahresprogramm 2008 – 2012 geplanten Forschungsvorhaben „IT-Support für Planung und Betrieb von Lichtsignalanlagen“(MJP 40) und „Verkehrstechnische Bewertung und Qualitätssicherung des LSA- Betriebes“ (MJP 44) relevant sein. Hier geht es vor allem darum, dass mit der Modernisierung von LSA der zielgerichtete Auf-/ Ausbau eines modernen Datenmanagements möglich ist sowie die Verkehrssicherheit und Bedienungsqualität für alle Verkehrsteilnehmenden erhöht wird.
Die Einbindung des Forschungsprojekts wird im nachstehenden Diagramm anschaulich gemacht:
|
|
|
|
|
|
|
VSS - Mehrjahresprogramm
2008 - 2012 |
|
Modernisierung
von LSA
(MJP 39)
|
|
IT – Support für
Planung und Betrieb von LSA
(MJP 40)
|
|
Verkehrstechn. Bewertung und Qualitätssicherung
im LSA – Betrieb
(MJP 44) |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Forschungsbündel
Verkehrsregelungssysteme |
|
VSS 2005/304
Grundlagen Erhaltungsmanagement |
|
VSS 2006/301
Verkehrsrechner |
|
VSS 2006/ 303
Verkehrserfassungssysteme |
|
|
|
|
|
|
|