Die SIA gibt lediglich Hinweise, wie mit der Einwirkung Brand umgegangen werden soll, ist aber in den meisten Fällen nur wenig konkret oder verweist auf weiterführende Literatur, die wieder auf andere Referenzen verweist. Die Gefahr besteht darin, sich im Literaturstudium zu verlieren. Dies bestätigt auch die Literaturrecherche der Grundlagen und Regeln in den anderen Ländern. Um das Tragverhalten der Tunnelkonstruktion im und nach einem Brandfall beurteilen zu können, muss zwischen den verschiedenen Ausführungsmöglichkeiten der Tragkonstruktion unterschieden werden. Die Verformungen und Schnittgrössen der Tunnelkonstruktion während eines Brandes hängen vor allem von den Faktoren Bettung, Wandstärke und Betonart ab. Die Verformungen im Brandfall lassen sich anhand von vorgegebenen Temperatur-Zeit-Kurven mithilfe von nichtlinearen, temperaturabhängigen Materialgesetzen berechnen. Diese sind aber abhängig von definierten Brandschutzzielen und Brandschutzkonzepten, welche durch den Bauherrn teilweise vorgegeben werden müssen. Hier fehlen jedoch Hilfestellungen und Randbedingungen.
In der Literatur gibt es schon einige Temperatur-Zeit-Kurven, deren Anwendbarkeit es jeweils zu überprüfen gilt. Hier fehlen auch konkrete Angaben, auf welcher Grundlage diese beruhen (z. B. Brandsimulationen).
Die Tragwerksanalyse für die Bemessungssituation Brand hat unter Verwendung geeigneter Modelle zu erfolgen, wobei thermische und mechanische Einwirkungen sowie das Tragwerksverhalten bei erhöhten Temperaturen zu berücksichtigen sind. Der Tragsicherheitsnachweis kann wahlweise auf folgende Arten erfolgen (SIA 261):
- im Zeitbereich anhand der Feuerwiderstandsdauer
- im Festigkeitsbereich anhand des Tragwiderstands
- im Temperaturbereich anhand der kritischen Temperatur
Hierzu werden weder weitere Details noch konkrete Berechnungsmodelle vorgegeben. Diese sollen anhand der bestehenden Grundlagen definiert werden. Eigentliche Bemessungsverfahren können dann auf diesen Grundlagen aufbauen und werden bezüglich ihrer Anwendung spezifiziert.
Es gibt folgende Berechnungsverfahren: allgemeine oder vereinfachte Nachweise sowie Nachweise mit Tabellen. Das allgemeine Berechnungsverfahren ist sehr aufwändig, vereinfachte Verfahren sind bisher sehr umstritten und der Nachweis nach Tabellen ist eigentlich nur für eine Normbrandkurve aus dem Hochbau gültig. Bis auf das vereinfachte Verfahren wurden keine weiteren analytischen Bemessungsverfahren in der Literatur gefunden. Bemessungskriterien in Abhängigkeit des Tragwerks fehlen völlig.
In der SIA 262 sind das allgemeine Berechnungsverfahren und der Nachweis des Feuerwiderstandes mit Tabellen aufgeführt. Die Untersuchung von Tragwerken unter Brandeinwirkung durch das allgemeine Berechnungsverfahren soll eine verlässliche Annäherung an das erwartete Verhalten der Bauteile liefern. Für die Ermittlung der thermischen Einwirkung, der Temperaturverteilung im Bauteil und des Tragverhaltens des Bauteils dürfen gesonderte Berechnungsverfahren eingesetzt werden. Die Temperaturverteilung im Bauteil ist auf der Grundlage der Theorie der Wärmeübertragung durch Wärmestrahlung, Wärmeleitung und Konvektion zu ermitteln. Die Temperaturabhängigkeit der Baustoffeigenschaften ist zu beachten. Wird der geforderte Feuerwiderstand durch wärmedämmende Schutzschichten erreicht, dürfen für den Nachweis nur Kennwerte der Eigenschaften verwendet werden, die mit geeigneten Prüfverfahren ermittelt wurden. Die Prüfverfahren sollen die Schutzschicht für alle zu erwartenden Temperaturen untersuchen und dem Einfluss von Rissen und Ablösungen Rechnung tragen.
Die Nachweise für das allgemeine Verfahren erfolgen auf Grundlage der Berücksichtigung reduzierter Baustoffeigenschaften. Beanspruchungen infolge ungleichmässiger Temperaturverteilung im Bauteil und Schwächungen infolge von Abplatzungen und Rissen sind zu berücksichtigen.
Der Nachweis des Feuerwiderstands mit Tabellen darf für nicht vorgespannte Bauteile mit vorwiegender Biege- und Normalkraftbeanspruchung für eine Normbrandeinwirkung geführt werden. In SIA 262 Tabelle 15 werden minimale Bauteilabmessungen und Bewehrungsüberdeckungen in Abhängigkeit der Feuerwiderstandsklasse definiert. Durch dieses Nachweisverfahren nicht abgedeckte Versagensarten wie Abplatzen des Überdeckungsbetons, Verbundversagen oder Ausknicken der Druckbewehrung sind mit konstruktiven Massnahmen zu verhindern.
Bis auf das vereinfachte Verfahren wurden keine weiteren analytischen Bemessungsverfahren in der Literatur gefunden. Bemessungskriterien in Abhängigkeit des Tragwerks fehlen völlig.
In der Literatur wird bezüglich der Bemessung zwischen Alt- und Neubauten nicht explizit unterschieden, kann aber relativ einfach durch angepasste Materialeigenschaften berücksichtigt werden.
Als eine Konsequenz aus den verheerenden Brandunfällen der letzten Jahre hat die Europäische Kommission im Rahmen des 5. Forschungsrahmenprogramms eine Reihe wichtiger Forschungsprojekte auf den Weg gebracht, die sich mit dem Thema Brandschutz in Tunneln auseinandersetzen. Diese beschäftigen sich alle mit Sicherheitsaspekten und betrieblichen Massnahmen in Tunneln. Es ist uns kein aktuelles Forschungsvorhaben bekannt, dass sich direkt mit Bemessungsvorgaben befasst.
Eine eigentliche Vorgabe zur Bemessung von Tunneltragwerken auf ‚Brand’ existiert in der SIA nicht, obwohl in der Norm die Forderung nach einer solchen Bemessung erhoben wird. Im Rahmen des Forschungsauftrages wird evaluiert, auf welche Art die Normforderung umzusetzen ist. Auf Basis der Grundlagenermittlung werden weitergehende Forschungsvorhaben identifiziert.
Die Resultate dieser Forschungsvorhaben soll in der Form einer Empfehlung, eventuell gar als Anwendungs-Richtlinie vorliegen im Sinne einer Anleitung, wie man die Problematik angehen soll.
Aus den genannten Gründen erscheint uns ein Forschungsantrag sinnvoll. Ziel sollte sein, in Abhängigkeit der Brandschutzziele und des Brandschutzkonzeptes Brandkurven bzw. deren Anwendung zu definieren und Bemessungskriterien in Abhängigkeit des Tragwerks vorzugeben. Es soll insbesondere die Vorgehensweise definiert werden, welche Modelle und Verfahren zur Bemessung des Tragwerks respektive der einzelnen Bauteile herangezogen werden sollen und wie der Nachweis im Detail geführt werden kann.