Gering- bis mittelgradige, chronische Schmerzen bei Labormäusen können während der üblichen kurzen Untersuchung und Beobachtung nicht erkannt werden. Deshalb werden, beispielsweise nach Operationen, standardisierte Protokolle zur Schmerzbehandlung angewendet, deren Wirksamkeit nicht überprüfbar ist. Die Schmerzbehandlung beruht somit nicht auf den Bedürfnissen des Individuums (u.a. beeinflusst durch die Schwere des Eingriffes, Geschicklichkeit des Chirurgen), und auch äussere Faktoren (z.B. Umgebung, unterstützende Massnahmen zur Erholung wie Wärmezufuhr und Flüssigkeitssubstitution) bleiben unberücksichtigt. Da die Anwendungsdauer der Schmerztherapie und auch das Regime bezüglich Applikationsintervall und Dosierung der Analgetika nicht angepasst werden, können die Tiere trotz Behandlung unter erheblichen Schmerzen leiden (z.B. zu kurze Behandlungsdauer). Andererseits wirken sich lange und/oder hohe Dosierungen des Schmerzmittels negativ auf den Organismus aus und die Erholung ist deutlich erschwert (z.B. Geschwüre oder Blutungen in Magen und Darm, dauernde Hemmung der Futter- und Flüssigkeitsaufnahme). Das Erkennen der gering- bis mittelgradigen Schmerzen ist erforderlich um die Schmerzbehandlung effizient, mit Blick auf das Wohl des Tieres, anzupassen.
Nach Laparotomie haben wir Auswirkungen fehlender Schmerzbehandlung auf den Nestbau und die Strukturierung des Käfigareals beobachtet. Davon ausgehend sollen diese und ähnliche Verhalten genauer untersucht und mit verschieden schweren chirurgischen Eingriffen korreliert werden. Daraus sollen Verhaltensmuster bei der Maus identifiziert werden, die für gering- bis mittelgradige post-operative Schmerzen evident sind. Aus diesen Verhaltensweisen sollen diejenigen Parameter definiert werden, die für den Experimentator auch unter Routinebedingungen einfach und in kurzer Zeit erfasst werden können. Diese sollen soweit validiert werden, dass sie in score sheets eingesetzt werden können. Sie geben damit Entscheidungshilfe für die Anpassung von Dauer und Dosierung der Schmerztherapie.
Es wird allgemein angenommen, dass durch äussere Bedingungen (z.B. gewohnte Umgebung/Stall, bekannter Partner/Genosse) die Erholung nach operativen Eingriffen unterstützt werden kann. Es wird deshalb die Auswirkung des Verbringens in den Heimkäfig im Vergleich zum neuen, sauberen Käfig sowie der Einfluss eines gewohnten, kompatiblen Käfiggenossen auf den Verlauf der Erholung nach einem chirurgischen Eingriff untersucht. Damit sollen Empfehlungen zur Haltung von Labormäusen vor und nach Operationen oder in Versuchen, die vergleichbare Interventionen beinhalten, etabliert werden.