E. coli gehört zu den mehr als einhundert Bakterienarten, aus denen sich die normale Darmflora von gesunden Menschen und Tieren zusammensetzt. Während die meisten E. coli Stämme apathogen sind, können bestimmte Stammvarianten intestinale oder extraintestinale Krankheiten auslösen. Unter diesen pathogenen E. coli Stämmen besitzen die Shigatoxin-bildenden E. coli (STEC) aus lebensmittel hygienischer Sicht eine ganz spezielle Bedeutung. Nach dem ersten Nachweis von “high pathogenic” E. coli O157:H7 Stämmen in der Schweizerischen Rinderpopulation (Al-Saigh et al. 2004), soll die Datenlage auch für weitere potentielle Reservoire (Schaf, Schwein) abgeklärt und womöglich längerfristig überwacht werden.
Ziel dieses Projektes war es, anhand einer grösseren Stichprobe von Schweinen und Schafen die Prävalenz Shigatoxin-bildender E. coli O157 bei Schlachttieren in der Schweiz zu erheben, sowie isolierte Stämme hinsichtlich der wichtigsten bekannten Virulenzfaktoren zu charakterisieren. Diese Daten können als Grundlage für ein mögliches zukünftiges E. coli O157 Zoonosemonitoring herangezogen werden.
Von September 2004 bis Juli 2005 wurden an einem grossen EU-zugelassenen Schlachthof der Schweiz jeweils 630 Kotproben von Schlachtschweinen und Schlachtschafen aus unterschiedlichsten Herkunftsregionen erhoben und auf das Vorkommen von E. coli O157 untersucht. Es wurde darauf geachtet, dass die Proben aus möglichst vielen unterschiedlichen Lieferbetrieben gezogen wurden. Isolierte Stämme wurden anschliessend phänotypisch und genotypisch weitergehend charakterisiert.
47 (7.5%) der 630 untersuchten Schlachtschweine erwiesen sich im PCR-Screening (rfbE-Gen) positiv für E. coli O157. Von 31 zufällig ausgewählten PCR-positiven Proben wurden mittels Koloniehybridisierung 31 E. coli O157 isoliert und weitergehend charakterisiert. Die meist Sorbitol-postiven Stämme waren alle stx-negativ und gehörten einer breiten Palette von Serotypen an (O157:H2, O157:H7, O157:H12, O157:H18, O157:H19, O157:H38, O157:H45, O157:H54), wobei die Serotypen O157:H2, O157:H19 und O157:H38 gehäuft gefunden wurden. Der E.coli O157:H7 Stamm wie auch die beiden E. coli O157:H45 Stämme waren zudem Intimin- positiv, wobei sich die beiden E. coli O157:H45 in der weitergehenden Charakterisierung zudem als typische EPEC Stämme erwiesen, die damit zum ersten Mal auch in Schweinen nachgewiesen wurden.
Das Auffinden von stx-negativen E. coli O157 Stämmen deckt sich mit Ergebnissen einer kürzlich publizierten Arbeit zu Hackfleischproben (211 Rinderhackfleisch und 189 Schweinehackfleisch) aus der Schweiz (Fantelli et al. 2001).
7 (1.1%) der 630 untersuchten Schlachtschafe erwiesen sich im PCR-Screening (rfbE-Gen) positiv für E. coli O157. Aus 6 der 7 PCR-positiven Proben konnten mittels Koloniehybridisierung 6 E. coli O157 Stämme isoliert und weitergehend charakterisiert werden. Die Sorbitol-positiven Stämme waren alle stx-negativ und gehörten den Serotypen (O157:H7, O157:H12, O157:H38, O157:H48) an. Ein Stamm mit dem Serotyp O157:H7 war Intimin-positiv, und erwies sich damit als EPEC.
Im Rahmen dieser Arbeit werden erstmals in der Schweiz die Ausscheiderate sowie Charakterisierungsdaten von E. coli O157 bei Schlachtschweinen und Schlachtschafen dokumentiert. Im Gegensatz zu Rindern wurden bei Schlachtschweinen wie auch Schlachtschafen keine “high pathogenic” E. coli O157:H7 Stämme gefunden. Eine direkt auf die STEC-Problematik ausgerichtete Überwachung, wie sie im Rahmen des EU Zoonosemonitorings gefordert wird, muss im Rahmen eines „risikobasierten Ansatzes“ dieser Situation Rechnung tragen und umso mehr die Bedeutung der non-O157 STEC berücksichtigen.
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen zudem, dass E. coli mit dem O157-Antigen nicht nur zu STEC sondern auch zu anderen Pathotypen, z.B. EPEC, gehören können. Die Bedeutung und Epidemiologie gerade von typischen EPEC bei Nutztieren ist jedoch noch weitgehend ungeklärt. Daher sind weiterführende Arbeiten notwendig, um auch hier die Rolle asymptomatischer Tiere als Ursache humaner Erkrankungen zu evaluieren.