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Forschungsstelle
BASPO
Projektnummer
2000.34110.2040.02
Projekttitel
Erholungs- und Belastungsbilanzen im Sport

Texte zu diesem Projekt

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Schlüsselwörter
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Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)
Sportpsychologie
Kurzbeschreibung
(Deutsch)
Der heutige Spitzensport erfordert ausserordentlich hohe Trainingsumfänge, um auf nationalem oder gar internationalem Niveau erfolgreich zu sein. Unter den Bedingungen des Schweizerischen Spitzensportsystems, in welchem die Gleichzeitigkeit von (teil-)beruflicher Aktivität bzw. Ausbildung und sportlichem Trainings- und Wettkampfalltag eher die Regel als die Ausnahme ist, droht die Bilanz zwischen sportlichen und aussersportlichen Belastungen einerseits und möglichen (sportlichen und aussersportlichen) Erholungsressourcen andererseits negativ zu werden. In zunehmendem Masse wurde deshalb am SWI im letzten verschiedene psychologische Instrumente Jahr eingesetzt, unter anderem zur frühzeitigen Diagnose von Übertrainingszuständen, zur Erfassung der Belastungen in Trainingslagern oder zur Diagnose des Jet-Lags bei Flügen um die halbe Welt.
Neben dem in der internationalen Literatur häufig gefundenen, aber auch oft kritisierten Profile of Mood States (POMS) gelangte vor allem die athletenspezifische Version des Erholungs-Belastungs-Fragebogens (EBF-Sport) zum Einsatz. Über die Gütekriterien des EBF-Sport liegen allerdings erst wenige Angaben vor.
Projektziele
(Deutsch)
s. Abstract
Abstract
(Deutsch)
Kriterienvalidität des Erholungs-Belastungsfragebogens-Sport
Daniel Birrer, Roland Seiler, Andrea Binggeli und Roger Vogel
Sportwissenschaftliches Institut des BASPO, Magglingen, Schweiz
Schlüsselwörter: Erholung, Beanspruchung, EBF-Sport, POMS, Befindlichkeit

Einführung
Die Beziehung zwischen Bewegung und Sport einerseits und der Befindlichkeit andererseits war eines der zentralen Themen in der Sportpsychologie der vergangenen zwei Jahrzehnte. Dabei standen zwei Fragen im Zentrum: (1) Lassen sich durch sportliche Aktivität positive Befindlichkeitsveränderungen erreichen und (2) welche Beziehung besteht zwischen der Befindlichkeit und der sportlichen Leistung. Die ers-te Frage wurde weitgehend mit einem "Ja" beantwortet. Bei der zweiten Fragestellung wurde vor allem im Zusammenhang mit einem Übertrainingszustand Stimmungserhebungen ein hoher diagnostischer Wert zugeschrieben.
Seit kurzem steht der Erholungs-Belastungsfragebogen Sport (EBF-Sport) (Kellmann & Kallus, 2000) zur Verfügung, in welchem die gängigen biopsychologischen Stressmodelle durch die zusätzliche Erhebung von Faktoren der Erholung zu einem Beanspruchungs-Erholungs-Modell erweitert werden. Gleichzeitig werden im EBF-Sport sowohl sportunspezifische als auch sportspezifische Bereiche unterschieden. Es wird versucht die Beanspruchung und Erholung mittels unspezifischer Ereignisse, emotionalen Reaktionen, sozialen Aktivitäten, Leistung/Arbeit, und körperlichen Symptomen zu messen. Der EBF-Sport misst also stimmungsorientierte Aktivitäten. Dennoch soll das Verfahren die Vorhersage aktueller Befindlichkeiten erlauben. Zudem soll das Verfahren dazu beitragen, die Wettkampfleistung von Sportlerinnen und Sportlern vorherzusagen. Diese beiden Annahmen sollen im vorliegenden Beitrag überprüft werden.

Methode
Fragestellung 1: Kriterium Befindlichkeit. Bei Sportlerinnen und Sportlern, welche sich für einen längeren Aufenthalt (mindestens 14 Tage) in der Sportschule Magglingen befanden, wurde gleichzeitig der EBF-Sport und der Profile of Mood States (POMS) eingesetzt. Es handelte sich dabei einerseits um SportlehrerstudentInnen in der sportpraktischen Ausbildung (n=170) oder um Teilnehmer der Spitzensportler Rekrutenschule (n=71). Beim EBF-Sport wurde die Version mit 76 Items verwendet (Kellmann & Kallus, 2000), beim POMS die deutschsprachige Version von Bullinger, Heinisch, Ludwig und Geier (1990) mit 34 Adjektiven zur Befindlichkeit, welche in Angleichung an den EBF für die letzten 3 Tage erhoben wurden . Es wurden Korrelationen nach Pearson zwischen den EBF-Sport Faktoren (Globalwert, Beanspruchung, Erholung, und jeweils den sportspezifischen und sportunspezifischen Werten der Beanspruchung und der Erholung) und den POMS-Faktoren (Globalwert, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit, Tatendrang, Missmut) berechnet.
Fragestellung 2: Kriterium Leistung. In einer Längsschnittuntersuchung mit insgesamt 11 Ausdauerathletinnen und Ausdauerathleten auf Nationalkaderniveau wurde wöchentlich der EBF-Sport erhoben. Alle 2 Monate wurde die körperliche Leistungsfähigkeit mittels eines Laktatstufentests ermittelt. Korrelationen nach Pearson wurden zwischen dem EBF-Sport und der Leistung an der 4 mmol Laktatschwelle berechnet. Um der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen, wurden in der Analyse nicht die absoluten Leistungswerte verwendet, sondern die individuellen absoluten Differenzwerte zur jeweiligen Bestleistung jeder Person.

Ergebnisse
Fragestellung 1: Kriterium Befindlichkeit. Tabelle 1 zeigt die berechneten Korrelatio-nen. Nimmt man als Vergleich sowohl den POMS-Globalwert, als auch den EBF-Globalwert (welcher aus teststatistischen Überlegungen problematisch ist) ergibt sich mit einer Korrelation von -.809 ein starker Zusammenhang zwischen den beiden Messinstrumenten. Nimmt man als "konservative" Grenze Korrelationen =.7 gibt es noch mittlere bis starke Beziehungen zwischen der unspezifischen Erholung, bzw. dem gesamten Erholungsfaktor und der POMS-Skala Tatendrang, sowie dem POMS-Globalwert.

Tabelle 1: Korrelationen zwischen den EBF-Sport Faktoren und den Faktoren des POMS (n=241)

POMS-Faktoren
EBF-Faktoren Niedergeschlagenheit Müdigkeit Tatendrang Missmut POMS Global
Unspez. Beanspruchung .500 .490 -.380 .503 .660
Unspez. Erholung -.432 -.386 .715 -.324 -.704
Sportspez. Beanspruchung .245 .460 -.267 .326 .485
Sportspez. Erholung -.407 -.453 .596 -.331 -.674
Beanspruchung total .448 .525 -.372 .482 .654
Erholung total -.452 -.460 .709 -.345 -.744
EBF-Globalwert -.515 -.573 .624 -.482 -.809

Fragestellung 2: Kriterium Leistung. Auf Grund der sehr geringen Korrelationen (Ta-belle 2) kann nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen den EBF-Faktoren und der physischen Leistung eine starke Beziehung besteht. Auch hier scheint der Faktor der unspezifischen Erholung den grössten Zusammenhang (r=.286, p=.081) mit der Leistung aufzuweisen.

Tabelle 2: Korrelationen zwischen den EBF-Sport Faktoren und der 4mmol Leistung. Um individuelle Leistungsunterschiede auszupartialisieren wurden die individuellen Differenzwerte zur Bestleitung berechnet (n=38).

EBF-Sport Faktoren
4mmol-Leistung Unspez. Beanspruchung Unspez. Erholung Sportspez. Beanspruchung Sportspez. Erholung Beanspruchung total Erholung total EBF-Globalwert
Delta zur Bestl. -.156 .286 .082 .035 -.092 .168 .144
Signifikanz .350 .081 .624 .833 .581 .313 .388

Diskussion
Obwohl der EBF-Sport keine eigentlichen Stimmungen oder Befindlichkeiten misst, scheint es eine enge Beziehung zwischen den Erholungsfaktoren und einzelnen POMS-Faktoren zu geben. Die geringsten Beziehungen zeigten sich erwartungsgemäss zwischen den sportspezifischen Beanspruchungsfaktoren des EBF-Sport und den die Befindlichkeit messenden, unspezifischen, das heisst "sportunabhängigen", POMS-Faktoren.
Zwischen der physischen Leistung und den EBF-Sport-Skalen scheint auf Grund der vorliegenden Studie keine starke Beziehung zu bestehen. Überraschend ist dabei, dass die sportunspezifischen Faktoren die höheren Korrelationen mit der Leistung aufweisen als die sportspezifischen Faktoren. Der allgemein schwache Zusammen-hang könnte zum einen damit erklärt werden, dass es Responder und Non-Responder gibt. Zum anderen ist nicht anzunehmen, dass zwischen den EBF-Werten oder Werten der Befindlichkeit und der physischen Leistung eine lineare Be-ziehung besteht. Von einer Beziehung in Form einer umgekehrten U-Funktion ist e-her auszugehen. Denkbar wäre auch eine Beziehung, die durch ein Katastrophenmodell beschrieben werden kann (Fazey & Hardy, 1988). Diese Annahme wird durch die klinischen Erfahrungen mit SportlerInnen, welche mit der Diagnose Übertraining ans Sportwissenschaftliche Institut gelangen, bestärkt. Diese AthletInnen zeigen sehr ausgeprägte Befindlichkeitsverschlechterungen, welche sowohl mit dem POMS als auch mit dem EBF-Sport deutlich dargestellt werden können.

Literatur
Bullinger, M., Heinisch, M., Ludwig, M. & Geier, S. (1990). Skalen zur Erfassung des Wohlbefindens: Psychometrische Analysen zum 'Profil of Mood States' (POMS) und zum 'Psychological Well-Being Index' (PGWB). Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 11 (1), 53-61.
Fazey, J. & Hardy, L. (1988). The inverted-U hypothesis: a catastrophe for sport psychology? Leeds: British association of sport sciences.
Kallus, K.W. & Kellmann, M. (2000). Burnout in athletes and coaches. In Y. L. Hanin (ed.), Emotions in sport (pp. 209-230).Champaign, IL: Human Kinetics.
Kellmann, M. & Kallus, K.W. (2000). Erholungs-Belastungsfragebogen für Sportler. Manual. Frank-furt/M: Swets & Zeitlinger.


Weitere Projektpublikationen:
Binggeli, A., Birrer, D. & Seiler, R. (2001). Optimale Trainingsbedingungen für Spitzensportler? Erholungs-Belastungsbilanzen von Spitzensport-Rekruten. In R. Seiler, D. Birrer, J. Schmid & S. Valkanover (Hrsg.), Sportpsychologie - Anforderungen, Anwendungen, Auswirkungen (S. 176-178). Köln: bps.

Birrer, D. (2002). Konzeptuelle und methodologische Überlegungen zur Messung von Befindlichkeit. In B. Strauss, M. Tietjens, N. Hagemann & A. Stachelhaus (Hrsg.), Expertise im Sport: lehren, lernen, leisten (S. 195-196). Köln: bps.Verlag.