Die neue Tierschutzverordnung (TSchV) besagt, dass gemäss art. 61, Abschnitt 7, Pferden täglich ausreichend Bewegung zu gewähren ist. Zur Bewegung zählen die Nutzung und der Auslauf. Nach Art. 2 der TSchV wird Auslauf wie folgt definiert: „freie Bewegung im Freien, bei der das Tier ungehindert durch Fesseln, Zügel, Leinen, Geschirr, Stricke, Ketten oder Dergleichen über die Schrittart, die Richtung und die Geschwindigkeit seiner Fortbewegung selber bestimmen kann.“ Die Auslauffläche für Pferde (Equus caballus) ist hierbei jeweils entweder an eine Boxe angeschlossen und somit permanent zugänglich oder besteht aus einem abgetrennten, nicht permanent zugänglichen Bereich. Die durch die neue TSchV vorgegebenen Mindestmasse für Pferde mit Stockmass 162 bis 175 cm belaufen sich auf 24m2 im ersteren Fall (permanent zugänglicher Auslauf) bzw. 36m2 im zweiten Fall (nicht permanent zugänglicher Auslauf). Auslaufboxen mit einer kleineren Fläche als vorgeschrieben sind zwar nicht verboten, den Pferden muss aber zusätzlich die Bewegung auf einem der TSchV entsprechenden, grösseren Auslauf/ Weide gewährt werden. In der Praxis werden Ausläufe/ Weiden aller Grössen häufig durch einen elektrischen Zaun abgegrenzt. Praxisüblich hierbei sind Spannungen zwischen 3.0 und 8.0kV (Altenburger, Firma Gallagher, Personal comm., Seminar Pferd und Weide, Bern, 2010) Aus tierschützerischer Sicht stellt sich nun die Frage, ob stromführende Zäune in Kleinausläufen das Verhalten des Pferdes beeinflussen und/oder eine permanente Stressbelastung für das Pferd darstellen. Stresszustände können sowohl im Einzelauslauf (z.B. Angst vor einem Stromschlag bei Sozialkontakt mit dem Nachbartier) als auch in der Gruppenhaltung (z.B. Angst, von einem hochrangigeren Pferd in den Zaun gedrückt zu werden) vorkommen. Diese alltäglichen Situationen können einerseits zu einer Erhöhung des individuellen Stresses beitragen, aber auch Auswirkungen auf die Ausnutzung der Paddockfläche haben, wenn die Pferde die Nähe zum Zaun meiden und somit eine kleinere Bewegungsfläche nutzen. Letzteres hätte zur Folge, dass die Mindestanforderungen der TSchV für die Paddockgrössen unterschritten würden und somit die Normen für Ausläufe überdacht und gesetzlich neu festgelegt werden müssten
In verschiedenen Studien mit Ratten, Hunden und Kühen wurde nachgewiesen, dass elektrische Schocks erhebliche Stressoren sein können und somit das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere beeinträchtigen (Stresserscheinungen beim praxisähnlichen Einsatz von elektrischen Erziehungshalsbändern beim Hund, Stichnoth et al. 2002; Plasma Corticosterone Response to Parameters of Electric Shock Stimulation in the Rat, Friedman et al,1966; Associations between use of electric cow-trainers and clinical diseases, reproductive performance and culling in Swedish dairy cattle, Oltenacua et al.,1998 , und andere).
Da heutzutage diesbezüglich keinerlei Daten über das Pferd vorhanden sind, ist es notwendig, mittels einer kontrollierten Studie die möglichen Auswirkungen von stromführenden Zäunen auf das Pferd zu erfassen. Mittels Verhaltensbeobachtungen, der Aufzeichnung der Herzschlagfrequenz und Herzfrequenzvaraibilität sowie Messung von Speichelcortisol soll die physische und psychische Stressbelastung sowie die effektive Ausnutzung der Fläche in stromführenden Kleinausläufen untersucht werden.