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Forschungsstelle
ASTRA SBT
Projektnummer
SVI2004/006
Projekttitel
Der Verkehr aus Sicht der Kinder

Texte zu diesem Projekt

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Schlüsselwörter
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Forschungsprogramme
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Kurzbeschreibung
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Projektbeschreibung
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Methoden
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Spezielle Geräte und Installationen
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Allgemeiner Stand der Forschung
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Projektziele
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Umsetzung und Anwendungen
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Publikationen / Ergebnisse
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Berichtsnummer
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Literatur
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Erfasste Texte


KategorieText
Schlüsselwörter
(Deutsch)
Sicherheit im Verkehrsraum, Sicht der Kinder, Schulwegsicherheit, Verkehrsmittelnutzung Kinder, Verkehr und Gesundheit der Kinder.
Schlüsselwörter
(Englisch)
Road safety, children’s perspectives, safe routes to school, means of travel by children, traffic and health of children.
Forschungsprogramme
(Deutsch)

Wir schlagen ein Untersuchungsprogramm mit den folgenden Arbeitsschritten (AS) vor:

AS 1: Literaturrecherchen
Wie oben ausgeführt, gibt es zu den hier interessierenden Fragen eine beträchtliche Literatur, insbesondere zum Thema Schulwegsicherung. Diese soll zusammengestellt und systematisch ausgewertet werden.
Produkt: 1) Schriftlicher Zwischenbericht (ca. 20 Seiten)
und 2) Präzisierte Fragen und Hypothesen, welche in der empirischen Untersuchung und den Fallstudien bearbeitet werden

AS 2: Quantitative Auswertungen bestehender Erhebungen (insbes. Mikrozensus 2005)

Wir bauen auf den Ergebnissen von Ecoplan (BFS 2007) auf und vergleichen die Resultate des Mikrozensus 2005 mit der vorliegenden Auswertung der Mikrozensen 1994 und 2000 (BASPO 2006). Insbesondere prüfen wir Veränderungen bei den Ausbildungswege (Verkehrsmittelwahl, Distanz der Ausbildungswege usw.). Zum Zweiten untersuchen wir Datenmaterial zum Unfallgeschehen aus dem In- und Ausland. Dabei sollen unter anderem wichtige Tendenzen im Bereich der Verkehrssicherheit aufgezeigt werden.

AS 3: Repräsentative Befragung von Eltern und Kindern im Primarschulalter
Ziel sind repräsentative Resultate zur ganzen Schweiz, zu den drei Sprachregionen sowie zu den Siedlungstypen Stadt, restliche Agglomeration und Land u.a. zu den folgenden Themen:

· Verkehrsmittelwahl für den Schulweg (wie oft welches Verkehrsmittel) (Kind und Elternteil)

· Gründe für diese Verkehrsmittelwahl (Kind und Elternteil)

· Einschätzung des Schulwegs bezüglich safety und security (Kind und Elternteil)

· Zeitbedarf für den Ausbildungsweg

· Durchschnittliche Bewegung

· Eigene Sozialisierung bezüglich Verkehrsmittelwahl (Elternteil)

Vorgesehen ist eine ca. 15-minütige Befragung bei 800-1000 Haushalten mit Kindern im Primarschulalter. Aus jedem Haushalt werden 1 Kind (kurz) und eine erwachsene Person (ausführlicher) befragt. Die Befragung wird durch ein professionelles Marktforschungsinstitut telefonisch durchgeführt.

AS 4: Gezielte Analyse bestehender Videoaufzeichnungen aus früheren Erhebungen

Das Büro Verkehrsteiner, Bern, verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Videoaufnahmen verschiedenster Verkehrssituationen. Diese sollen mit Blick auf die hier interessierenden Fragen hauptsächlich der Schulwegsicherheit gesichtet werden; ausgewählte Sequenzen sollen zur Illustration typischer Situationen sowie zur Kommunikation zum Thema Kind und Verkehr aufbereitet werden.

AS 5: Drei Fallstudien im Umfeld von Primarschulhäusern
Anhand von drei Primarschulhäusern soll die Schulwegsituation insbesondere im Hinblick auf die Schulwegsicherheit sowie die Gründe und Auswirkungen des Chauffierens der Kinder exemplarisch in verschiedenen Kontexten (Stadt/Agglomeration/Land) qualitativ untersucht werden. Die Untersuchung soll folgende Aspekte erhellen und dabei insbesondere Unterschiede zwischen jüngeren und älteren PrimarschülerInnen sowie zwischen selbstständigen und chauffierten Kindern sichtbar machen:

· Den Anteil chauffierter und selbstständiger (zu Fuss und Fahrrad) Kinder

· Die Länge und den Zeitbedarf für den Schulweg

· Die objektiven Merkmale des Schulwegs (Distanz, Verkehrsmenge, Sicherungen, Querungen, Verkehrssituation unmittelbar beim Schulhaus, etc.)

· Die Wahrnehmung der Schulwegsicherheit durch Eltern und Kinder generell und bezogen auf einzelne Gefahrenstellen

· Die Einschätzung der Attraktivität des Schulweges durch die Kinder

· Die Zufriedenheit der Kinder mit der praktizierten Verkehrmittelwahl

· Die Gründe der Eltern für ihre Verkehrsmittelwahl, sowie ihre Einstellung zum Auto und ihre Mobilitätsorganisation

· Die von Kindern und Eltern wahrgenommenen Auswirkungen der Verkehrsmittelwahl

· Ausgewählte Merkmale und Kompetenzen der Kinder (insbesondere: mentale Repräsentation des Raums zwischen Wohnung und Schulhaus, motorische Geschicklichkeit, Verhalten im Verkehr, soziale Stellung im Klassenverbund, Kenntnis von Verkehrsregeln und ev. von öV-Möglichkeiten, Bewegungsgewohnheiten und Gewicht).

· Realisierte und/oder geplante Massnahmen der Schule bzw. der Gemeinde zur Schulwegsicherung und deren (erwartete) Erfolge.

Soweit wie möglich werden die Fragen aus der repräsentativen Bevölkerungsbefragung (siehe AS3) ebenfalls in den Fallstudien verwendet.

AS 6: Workshop zur Diskussion der Ergebnisse im Hinblick auf die Praxis
Die Ergebnisse der vorangegangenen Arbeitsschritte sollen an einem Workshop mit Vertretern der Auftraggeber sowie weiteren Personen aus der Praxis vorgestellt und diskutiert werden.

AS 7: Entwurf Schlussprodukte (Bericht, Videomaterial, Vorschlägen für praxistaugliche Massnahmen aufgrund der Forschungsergebnisse)

AS 8: Präsentation, Diskussion und Fertigstellung der Schlussprodukte
Kurzbeschreibung
(Deutsch)

Der Schwerpunkt des Projekts liegt bei den Themen “sichere Schulwege“ aus der Sicht der Kinder/Eltern und „Lösungen für den Langsamverkehr.“ Unter anderem werden Gründe für den beobachtbaren Trend, dass immer mehr Kinder regelmässig zur Schule und zu anderen Alltagsaktivitäten chauffiert werden, analysiert. Dazu wird einerseits der internationale Stand des Wissens systematisch erschlossen (Literaturrecherche, Auswertung Mikrozensen), andererseits werden neue, innovative Ansätze (z.B. Analysen von Videoaufzeichnungen im Bereich Schulwegsicherheit) entwickelt. Eine repräsentative Telefonbefragung wird die Verkehrsmittelwahl von Kindern/Eltern sowie ihre Einschätzung des Schulweges bezüglich Verkehrssicherheit untersuchen. Fallstudien zu drei Schulhäusern (Herstellung von Porträts der Schulwegsituation) runden schliesslich die Untersuchungen ab. Um die Relevanz der Ergebnisse und eine zweckmässigen Form zur Praxis-Anwendung zu überprüfen werden die Resultate an einem Workshop mit der Begleitgruppe sowie weiteren Personen aus der Praxis diskutiert. Ein Schlussbericht mit Vorschlägen für praxistaugliche Massnahmen und Videomaterial als Rohstoff für die Weiterbearbeitung sollen als Schlussprodukte vorliegen.

Kurzbeschreibung
(Englisch)
The emphasis is on children’s/parents’ view of safe routes to school and on solutions for transport by bike/on foot. We will also concentrate on the ongoing development of children being escorted by car to school and to their leisure activities. On the one hand we will summarize the international standard of knowledge about road safety (literature inquiries, analysis of travel behavior in Switzerland) and on the other hand new and innovative approaches (analysis of video-sequences) will be applied. The various means of transportation of children/parents as well as the estimation of safety of the school routes will be investigated by a representative telephone survey. Furthermore, case studies of three schools will provide portraits of routes to school. In order to check the importance of the results and their usefulness for practice a workshop with experts will be organized. The results will be presented by a report including practicable measures/actions and by video-sequences.
Projektbeschreibung
(Deutsch)

Problembeschreibung:

Die Integration der spezifischen Anliegen und Bedürfnisse von Kindern ist der Verkehrsplanung in der Vergangenheit oft nicht gelungen. Insbesondere im Langsamverkehr scheint die vermehrte Berücksichtigung der kindlichen Perspektive aber angebracht, zeigt doch eine Vielzahl von Studien, dass sich Kinder in ihrem Verkehrsverhalten stark von Erwachsenen unterscheiden, und dass der Gestaltung von Verkehrsräumen im Rahmen der Entwicklung und Sozialisation von Kindern eine grosse Bedeutung zukommt.

Das Spannungsfeld Verkehr-Kinder kann in aller Kürze wie folgt charakterisiert werden:

Sicherheit im Verkehrsraum
Verkehrsräume können zur Gefahrenquelle werden. Zu unterscheiden ist zwischen Safety (Verkehrsunfälle) und Security (Gewaltverbrechen in Verkehrsräumen). Kinder sind dabei nicht nur Opfer, sondern auch Täter: besonders Jugendliche können zur absichtlichen Missachtung von Verkehrsregeln oder zu Gewaltanwendung neigen. Obwohl insbesondere Unfälle mit schwer verletzten oder getöteten Kindern in den letzten Jahrzehnten trotz zunehmenden Verkehrsaufkommens stetig abgenommen haben, ist das Unfallrisiko von Kindern, die zu Fuss oder mit dem Fahrrad am Verkehr teilnehmen, noch immer relativ hoch.

Wohnumfeld und Schulwege als wichtige Erfahrungsräume
Für die kognitive, soziale und motorische Entwicklung ist es wichtig, dass Kinder ab dem Alter von ca. 4 Jahren Gelegenheit haben, selbstständig, d.h. ohne enge Begleitung Erwachsener, ihre Umwelt ausserhalb der eigenen Wohnung spielerisch zu erkunden und Wege selbstständig zurückzulegen. Durch die Entwicklung des Strassenverkehrs in den letzten Jahrzehnten und die Bestrebungen, Kinder vor dessen Gefahren zu schützen, sind die Aktionsräume der Kinder zunehmend eingeschränkt worden, und zwar sowohl auf dem Land wie in den Städten: Viele Wohnumfelder erlauben ein unbeaufsichtigtes Spielen jüngerer Kinder ausserhalb der Wohnung nicht, Hauptstrassen verunmöglichen es ihnen, in der Nähe wohnende Kameraden zu besuchen, sie werden zum Kindergarten oder zur Schule geführt, etc. Die ungünstigen Auswirkungen dieser Situation sind teilweise wissenschaftlich belegt.

Verkehrsmittelnutzung der Kinder

Mit welchem Verkehrsmittel Kinder als aktive Verkehrsteilnehmende überwiegend unterwegs sind, hängt von ihrem Alter, bzw. von der Lebensphase ab. Die typische Fortbewegungsart von Kindern im Primarschulalter ist das Zufussgehen oder das Fahrradfahren. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Verkehrsmittelnutzung von Kindern im Zusammenhang mit der Gestaltung des städtischen Verkehrsraums stehen; d.h. der Anteil der Wege, die Kinder mit dem Fahrrad zurücklegen, hängt von der Fahrradfreundlichkeit des Umfelds ab.

Verkehr und Gesundheit
Jedes fünfte Kind in der Schweiz ist übergewichtig, wozu auch Bewegungsmangel beiträgt. Dieser wiederum dürfte auch eine Folge eingeschränkter kindlicher Aktionsräume und des verbreiteten Chauffierens der Kinder anstelle des selbstständigen Zurücklegens der Alltagswege zu Fuss oder mit dem Fahrrad sein. Weiter haben die durch den Verkehr bedingten Umweltbelastungen in Form von Lärm und Luftverschmutzung nachweisliche Effekte auf Kinder.

Prägung von verkehrsrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen im Kindesalter
Die Einstellungen der Eltern zu verschiedenen Verkehrsmitteln und die Art und Weise, wie sie ihre Mobilität organisieren, werden im Verlaufe der Sozialisation von den Eltern an die Kinder vermittelt und von diesen zum Teil übernommen.

Insgesamt können die folgenden dynamischen Wirkungszusammenhänge im System Kind und Verkehr vermutet werden: Der Strassenverkehr stellt für Kinder grundsätzlich eine Gefahr dar; dies führt dazu, dass sie von Strassen ferngehalten und für ihre Alltagswege chauffiert werden; als Folge davon sind ihre Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten eingeschränkt, und sie haben weniger Möglichkeiten, Verkehrskompetenz zu entwickeln, dh., sich selbstständig sicher im Verkehrsraum bewegen zu lernen; dies wiederum führt dazu, dass sie mehr gefährdet sind, wenn sie mal alleine unterwegs sind; das verbreitete Chauffieren von Kindern führt ausserdem zu mehr Verkehr und ev. zu besonders gefährlichen Situationen bei Schulhäusern, begünstigt den Bewegungsmangel von Kindern und fördert eine Sozialisierung zur Autoabhängigkeit. Die Zusammenhänge werden in der Darstellung 1 (siehe Anhang 1) skizziert. Diese Zusammenhänge sind unterschiedlich gut empirisch belegt; um zielführende Massnahmen auszuarbeiten, müssen sie in ihrer Gesamtheit im Auge behalten werden.

Die geplante Forschungsarbeit soll dazu beitragen, dass die bisher vernachlässigte Anspruchsgruppe der Kinder in der verkehrsplanerischen Praxis künftig besser berücksichtigt wird. Der Fokus soll dabei auf dem Aspekt der „safety“ für die Altersgruppe der 6- bis 14 Jährigen liegen, und sie sollen in erster Linie als „Opfer“ und nicht als „Täter“ in den Blick genommen werden. Ein Schwerpunkt liegt bei den Themen “sichere Schulwege“ und „Lösungen für den Langsamverkehr.“ Dazu soll einerseits der internationale Stand des Wissens systematisch erschlossen werden, andererseits sollen auch neue, innovative Ansätze entwickelt werden.
Methoden
(Deutsch)

AS 1: Literatur/Internetrecherche: Systematische Erfassung der Grundlagen und Auswertung der Informationen

AS 2: Zusatzauswertungen des Mikrozensus und Auswertungen der Statistiken zur Verkehrssicherheit

AS 3: Repräsentative Telefonbefragung bei 800-1000 Haushalten

AS 4: a) Heranziehen bestehender Analysen und gezielte, ergänzende Zusatzauswertung bestehender Videoaufnahmen von Schulwegen und allgemein Quartierstrassen; b) Aufbereiten exemplarischer Aufnahmen zur Verwendung in der Praxis und insbesondere bei der Bewusstseinbildung

AS 5: a) Wahl von 3 hinreichend verschiedenen Primarschulhäusern in Stadt, Agglomeration und Land; b) Kurzbefragung zur Identifikation von chauffierten und selbstständigen SchülerInnen; c) Befragung der Eltern der beiden Gruppen; d) Befragung der Kinder der beiden Gruppen; e) Schulwegbegehung, Videoaufnahmen und Tests mit ausgewählten Kindern („typische Fälle“)

AS 6: Präsentation der Ergebnisse in Kurzreferaten und mittels exemplarischer Videosequenzen an die zu diesem Zweck erweiterte Begleitkommission (zusätzlich Lehrpersonen, Mobilitätsberater z.B von Energie Schweiz, bfu, Langsamverkehrsbeauftragte von Städten, DozentInnen von Fachhochschulen u.A.). Diskussion der Ergebnisse und deren Bedeutung für die Praxis in Gruppen und im Plenum, Empfehlungen an das Team zum weiteren Vorgehen und Aufbereiten der Unterlagen

AS 7: Synthese des Forschungsmaterials und der Ergebnisse von AS 6

AS 8: Präsentation und Diskussion an Sitzung mit Auftraggeber; Bereinigung der Schlussprodukte
Spezielle Geräte und Installationen
(Deutsch)

Videoaufnahmen bei Schulhäusern.

Allgemeiner Stand der Forschung
(Deutsch)

Sicherheit von Kindern im Verkehr

Zur Sicherheit von Kindern im Verkehr und insbesondere im Strassenverkehr liegt umfangreiches statistisches Material aus dem In- und Ausland zum Thema Safety vor (z.B. BFS 2005). Für die Schweiz sei hier der jährlich erscheinende SINUS-Report der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) hervorgehoben: Dieser belegt, dass die Anzahl der im Strassenverkehr verletzten und getöteten Kinder in den letzten Jahrzehnten erfreulicherweise deutlich gesunken ist. Dies dürfte mehrere Ursachen haben: Zum einen sind Kinder als Folge von Schutzvorkehrungen der Eltern (Einschränkung der Spielmöglichkeiten im Freien, Begleitung oder Chauffieren der Kinder) von den Strassen verschwunden, zum andern gibt es insgesamt weniger Kinder, und schliesslich haben sicher auch die Anstrengungen in der Verkehrserziehung sowie Sicherungsmassnahmen ihre Wirkung (vgl. Hüttenmoser 1995). Interessant an den Unfallstatistiken ist, dass häufig nicht die Kinder, sondern die (erwachsenen) Kollisionsgegner den Unfall verursachten. Sicherheitsmassnahmen dürfen sich also nicht ausschliesslich auf die Seite der Kinder beschränken. In diesem Bereich kann auch auf ein internes Papier zurückgegriffen werden, welches im Rahmen einer Evaluation zur Verkehrssicherheit erstellt wurde (Haefeli et al. 2006a).

Neben diesen Auswertungen der Unfallstatistiken gibt es in der Literatur eine grosse Zahl wissenschaftlicher Studien (z.B. Limbourg 1997, Flade 1996, Johansson et al. 2004), und grauer Literatur mit Praxisempfehlungen[1] (z.B. Allenbach et al. 1995) zu Fragen der Safety. Weniger gut erforscht scheint der Aspekt der Security im Strassenraum bzw. im öffentlichen Raum, obwohl dieser Aspekt für viele Eltern von grosser Bedeutung sein dürfte (z.B. Weir et al. 2006, Prezza et al. 2006).

Mobilitätsverhalten von Kindern

Grundlegend für die quantitativen Analysen im Rahmen dieses Forschungsauftrags ist die umfangreiche Auswertung der Mikrozensen 1994 und 2000 zur Mobilität von Kindern und Jugendlichen (BASPO 2006). Für den Mikrozensus 2005 ist eine erste Auswertung in Vorbereitung (Ecoplan); für unsere Fragestellung wird es allerdings ergänzende Analysen brauchen. In jedem Fall kann auf Ergebnisse ausländischer Forschung zurückgegriffen werden. Krause et al. (1999) zeigten beispielsweise, dass der Einfluss von verkehrlichen Randbedingungen oder elterlichen Restriktionen auf die Aktionsräume der Kinder nicht unterschätzt werden darf.

Entwicklunsgpsychologische Apekte

Aus Sicht der Entwicklungspsychologie sind in der Beziehung Kind und Verkehr verschiedene Aspekte relevant:

· Um sich zu Fuss oder mit dem Fahrrad sicher im Verkehr bewegen zu können, bedarf es einer Reihe von Fähigkeiten, die sich im Kindesalter als Folge sowohl von Reifungs- als auch von Lernprozessen erst allmählich entwickeln. Diese Fähigkeiten betreffen insbesondere Leistungen der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung (z.B. Gesichtsfeld, Orientierung im Raum, Einschätzung von Zeiten, Distanzen und Geschwindigkeiten, Bewusstsein für „Sicherheit“ und „Gefahr“), die Aufmerksamkeitssteuerung (z.B. Ablenkung durch Spiel oder Kameraden) und das Sozialverhalten (z.B. Kommunikation mit andern Verkehrsteilnehmern, allg. Grad der Selbstständigkeit; siehe z.B. Limbourg 1994, Johansson et al. 2004). Hinzu kommt, dass Kinder wegen ihrer geringeren Körpergrösse teilweise weniger Übersicht über die Verkehrssituation haben können als Erwachsene oder von Fahrzeuglenkern eher übersehen werden (z.B. bfu 1995).

· Um sich die weitere Umwelt (ausserhalb der eigenen Wohnung) aneignen zu können, dh. sich in ihr räumlich zurecht zu finden, vielfältige Erlebnisse allein und mit andern Kindern zu machen (u.a. Nauturerlebnisse), die sozialen Regeln in verschiedenen Settings kennen zu lernen, ein Vertrauen in die eigene Kompetenz zu entwickeln, müssen Kinder Möglichkeiten haben, sich ohne ständige Hilfestellung und Kontrolle durch Erwachsene den Herausforderungen des Alltags zu stellen. Ab dem Alter von ca. 4 Jahren heisst das, dass Kinder sich allein im näheren Wohnumfeld aufhalten und kurze Alltagswege (etwa zum Nachbarn) allein bewältigen können sollten, und dass sich diese Aktionsbereiche mit zunehmendem Alter allmählich ausdehnen sollten. Tatsache ist, dass das Bestreben, Kinder vor den Gefahren des Verkehrs zu schützen, in den letzten Jahrzehnten dazu geführt hat, dass diese Möglichkeiten eingeschränkt sind und manche Kinder vermutlich wichtige Erfahrungen nicht oder zu wenig machen können. Daraus resultierende Defizite für 5-jährige Kinder sind z.B. durch die Arbeiten von Hüttenmoser et al. (1995) belegt. Es gibt auch Studien, die die Bedeutung des Schulweges als sozialen und naturbezogenen Erfahrungs- und Lernraum aufzeigen (z.B. Moore et al. 1987, Civelli 1992, Bessire et al. 1999). Systematische Untersuchungen über die Auswirkungen des Fehlens solcher Erfahrungen auch bei älteren Kindern fehlen jedoch.

· Der dritte relevante Aspekt betrifft die Sozialisation im Bereich Mobilität und Verkehr. Verkehrspolitisch wünschenswert ist, dass ein möglichst grosser Anteil der Bevölkerung seine Mobilität multimodal organisiert und eine möglichst kleine Zahl „car dependent“ agiert, dh. fast ausschliesslich das Privatauto benützt. Eine Voraussetzung dafür ist, dass Individuen überhaupt bereit und in der Lage sind, ihre diesbezüglichen Gewohnheiten zu reflektieren und sich mit allfälligen Alternativen auseinander zu setzen. Es ist zu vermuten, dass Kinder, die auf den meisten ihrer Alltagswege chauffiert werden und deren Eltern „car dependent“ agieren, dies als die „normale“ Art, Mobilität zu organisieren, wahrnehmen und schon früh entsprechende mentale Skripts und Gewohnheiten entwickeln und diese beibehalten, wenn sie selber erwachsen sind (z.B. Sandqvist 2004). Diese Sozialisationsprozesse sind jedoch noch wenig erforscht.

Verkehr und Gesundheit

Die Besorgnis, dass sich Kinder zu wenig bewegen, wird heute breit diskutiert. Es existieren jedoch nur wenige Daten zum Aktivitätsverhalten von Kindern. Insbesondere die Ursachen, die zu einer zunehmenden Bewegungsarmut führen, sind noch wenig erforscht. Aus internationalen Studien geht hervor, dass allein der Schulweg wesentlich zum täglichen Bewegungsbedarf beiträgt.[2]
In einer Studie zum Bewegungsverhalten von Kindern in der Schweiz (BASPO 2005) konnte gezeigt werden, dass die körperliche Aktivität mit zunehmendem Alter (Altergruppen 6/7-Jährige, 9/10-Jährige und 13/14-Jährige) signifikant abnimmt. Weiter konnte ein unterschiedliches Bewegungsverhalten zwischen den Geschlechtern beobachtet werden: Knaben sind signifikant länger aktiv als Mädchen.

Schulwegsicherung und verkehrsplanerische Massnahmen

Seit knapp zwei Jahrzehnten wird vor allem in Städten und zunehmend auch in grösseren Ortschaften in der Schweiz das Ziel angestrebt, auf nutzungsorientierten Strassen das gefahrenarme Spielen und Bewegen von Kindern zu ermöglichen. Im Vordergrund stehen Tempo 30 und Begegnungszonen sowie punktuelle Massnahmen, insbesondere zur Schulwegsicherung. Seit der Einführung von flächendeckenden Tempo 30 Zonen sind beispielsweise in Bern die Unfälle auf Quartierstrassen massiv zurückgegangen (ca. Faktor 10). In den letzten Jahren werden diese Bemühungen zunehmend auf Hauptverkehrstrassen ausgedehnt. Dabei wird das Ziel verfolgt, die Sicherheit und Koexistenz aller Verkehrsteilnehmenden zu verbessern. Mit den Überlegungen zu Vision Zero und analogen Konzepten (Vesipo) wird das Ziel angestrebt, Verkehrsanlagen möglichst fehlertolerant zu gestalten.
Projektziele
(Deutsch)

Die geplante Forschungsarbeit soll dazu beitragen, dass die bisher vernachlässigte Anspruchsgruppe der Kinder in der verkehrsplanerischen Praxis künftig besser berücksichtigt wird. Der Fokus liegt auf dem Aspekt der „safety“ (sicherheitsbezogenen Gründe für den Schulweg) für die Altersgruppe der 6- bis 14 Jährigen. Folgende Projektziele werden gesetzt:

· Überblick über bestehende Literatur zum Thema Schulwegsicherung erstellen.

· Auswertung bestehender Erhebungen zur Thematik Verkehr und Kinder (Mikrozensen).

· Repräsentative Bevölkerungsbefragung zur Verkehrsmittelwahl für den Schulweg durchführen.

· Aufbereitung bestehender Videoaufzeichnungen von Kindern und ihrem Schulweg.

Drei Fallstudien zu Schulwegsituationen von verschiedenen Schulhäusern erstellen.

Projektziele
(Englisch)

The project will contribute to a better understanding of children’s needs in traffic planning. The focus of the project is on safety for children at the age of 6-14. The objectives are:

· Overview of existing literature on “safe routes to school”

· Analysis of existing surveys of traffic and children (microcensus)

· Representative survey of travel behavior for routes to school

· Processing of existing video-sequences of children and their routes to school

Tree case studies of roads to school situations at different schools.
Umsetzung und Anwendungen
(Deutsch)

Erwartete Resultate

· Praxisgerechte Zusammenfassung der vielfältigen Forschungsergebnisse aus den verschiedenen Disziplinen

· Repräsentative und aktuelle Informationen zu den Themen Verkehrsmittelwahl, Gründe für diese Wahl, Einschätzung des Schulweges bezüglich Sicherheit.

· Anschauliche und konkrete Beschreibung typischer Verhältnisse bei Primarschulhäusern (Stadt/Agglomeration /Land) und typischer Verhaltensweisen von Kindern und Eltern

Nutzen der Forschungsarbeit

· Vorliegen einer vertieften Analyse zum Thema Kind und Verkehr in der Schweiz als Grundlage für Massnahmen in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Verkehrplanung etc.

· Interdisziplinäre Sicht auf den Forschungsgegenstand

· Vorschläge für praxistaugliche Massnahmen werden im Rahmen der Forschungsarbeit von Experten validert.

· Umfangreiches Datenmaterial, Forschungsergebnisse, Fotos und Videosequenzen sind praxisgerecht aufgearbeitet und visualisiert.

Umsetzbarkeit in die Praxis

· Vorschläge für sofort umsetzbare Massnahmen

· Vorschläge für rechtliche Anpassungen auf Grund der Forschungsergebnisse

Grundlagen für Unterrichtseinheiten (z.B. für Verkehrsschulung in den Schulen)
Publikationen / Ergebnisse
(Deutsch)
.
Berichtsnummer
(Deutsch)
1312
Literatur
(Deutsch)

Allenbach, R., Cotting, M., Haldemann, R., Huber, Ch.A., Scaramuzza, G., Weber, W. 1995: Sicherheit auf Schulwegen. Bern: bfu.

BASPO Bundesamt für Sport 2005: Bewegungsverhalten im Alltag, Kinder und Umwelt. Bern.

BASPO Bundesamt für Sport 2006: Mobilitätsverhalten von Kindern und Jugendlichen. Vergleichende Analyse der Mikrozensen zur Mobilität aus den Jahren 1994 und 2000. Bern.

BFS Bundesamt für Statistik 2005: Strassenverkehrsunfälle in der Schweiz. Statistik 2004. Neuchâtel.

BFS Bundesamt für Statistik 2007: Mobilität in der Schweiz. Ergebnisse des Mikrozensus 2005 zum Verkehrsverhalten. Neuchâtel.

Bessire, G., Illg, H., Fuster, M., Marti, B., Mathis, Th., Scheppler, P. 1999: Erlebnis und Verkehr auf dem Schulweg. Interdiszipliäre Projektarbeit in Allgemeiner Ökologie. Bern: IKAÖ.

Bfu 1995: Sicherheit auf Schulwegen. Dokumentation. Bern.

Civelli, S. 1992: „...mehr Bäume, mehr Wiesen und mehr Menschen, die wir kennen...“ Der Schulweg als Lernfeld. Schulwegerlebnisse und –erfahrungen von Zürcher Primarschülern. Konstanz: Maus.

Flade, A. 1996: Verkehrsinteresse von Kindern und Jugendlichen. In: Flade, A., Eubel, K.-D., Kalwitzki. K.-P., Quehl, J.: Mobilität in jungen Jahren. Verkehrsinteressen von Kindern und Jugendlichen und neue Ansätze der Verkehrspädagogik. Darmstadt: Institut für Wohnen und Umwelt. S. 7-29.

Flade, A., Limbourg, M. 1997: Das Hinweinwachsen in die motorisierte Gesellschaft. Darmstadt: Institut Wohnen und Umwelt.

Haefeli, U., Kenel, J. 2006a: Bestandesaufnahme nationaler und internationaler Themen und Trends bei der Diskussion um Verkehrssicherheit. Luzern: Arbeitspapier Interface.

Haefeli, U., Matti, D., Maibach, M., Schreyer, Ch. 2006b: Evaluation Car-Sharing, Hg.: Bundesamt für Energie, Bern.

Haefeli, U., Farago, P., Matti, D., Landis, F. (in Vorbereitung), Ein Umzug in Richtung Nachhaltigkeit? Eine experimentelle Interventionsstudie, NFP 54 Nachhaltige Siedlungs- und Raumentwicklung, Bern.

Hüttenmoser, M., Degen-Zimmermann, D. 1995: Lebensräume für Kinder. Empirische Untersuchungen zur Bedeutung des Wohnumfeldes für den Alltag und die Entwicklung der Kinder. Zürich: Nationales Forschungsprogramm Stadt und Verkehr.

Hüttenmoser, M. 1995: Veränderungen in den Bedingungen des Aufwachens: Auswirkungen des „1950er Syndroms“ auf den Alltag der Kinder. In: Pfister, Ch. (Hrsg.): Das 1950er Syndrom. Der Weg in die Konsumgesellschaft. Bern: Paul Haupt. S. 265-285.

Johansson, C., Garder, P., Leden, L. 2004: Towards a safe environment for children and elderly as pedestrians and cyclists. A synthesis based on an analysis of video recordings of behavior and police-reported crashes including in-depth studies of fatalities. Conference Paper.

Krause, J. et al. 1999: Mobilität und Raumaneignung von Kindern. Berichte der Bundesanstalt für Strassenwesen, Heft M 108, Bonn.

Limbourg, M. 1994: Kinder im Strassenverkehr. Münster: Gemeindeunfallversicherungsverband (GUVV).

Limbourg, M. 1997: Kinder unterwegs im Verkehr – Ansätze zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Kindesalter. Verkehrswachtforum Heft 3. Meckenheim bei Bonn.

Moore, R., Young, D. 1987: Childhood outdoors: Toward a social ecology of the landscape. In: Altmann, I, Wohlwill, J.F. (Hrsg.): Children and the environment. NewYork: Plenum. S. 83-130.

Prezza, M. et al. 2006: Parental perception of social risk and of positive potentiality of outdoor autonomy for children: the development of two instruments. Conference Paper.

Sandqvist, K. 2004: Car-related attitudes of adolescents and their parents. A comparison between car-owning and car-less households in suburban an inner-city Stockholm. Conference Paper.

Weir, L.A., Etelson, D., Brand, D. 2006: Parent’s perceptions of neighborhood safety and children’s physical activity. Conference Paper.