Die Verkehrsplanung benötigt verlässliche Grundlagedaten zum Mobilitätsverhalten und zum Verkehrsgeschehen (Verkehrsbelastungen, Geschwindigkeiten usw.). Dieses Teilprojekt wird sich auf Datengewinnung mit Hilfe von Befragungen der Verkehrsteilnehmer konzentrieren und ergänzt damit die beiden anderen Teilprojekte. Die Komplexität solcher Befragungen hat in den letzten zwei Jahrzehnten stark zugenommen, da die generell sinkenden Beteiligungsraten zu einer Erweiterung der verwendeten Kanäle, mit denen man Zugang zum Befragten erhält, respektive seine Antworten empfängt, sowie zu einer Erhöhung der Anzahl Kontakte mit den Befragten im Protokoll der Befragung geführt hat. „Multimodale“ Befragungen sind heute die Regel, d.h. computer-aided telephone interviewing, Papierfragebögen und Webbefragungen werden wo jeweils am besten geeignet oder gemeinsam eingesetzt. Die Versuche, den Kontakt zur Befragten herzustellen, wurde erhöht. Angesichts dieser für die meisten Auftraggeber, aber auch für viele Unternehmen unübersichtlichen Situation gilt es die SN 640 003 „Verkehrserhebungen, Verkehrsbefragungen“, die vor 20 Jahren in Kraft gesetzt wurde, zu erneuern.
Die überarbeite Norm SN 640 003a ist des neuen Normierungskonzepts, das die VSS EK 1.01 "Verkehrsplanerische Grundlagen und Parkieren" entwickelt hat:
Graphik 1
Abbildung 1: Vorgeschlagenes Konzept für die Normierung "Erhebung verkehrsplanerischer Grundlage-Daten"
Dieses Teilprojekt soll in enger Abstimmung parallel zu beiden anderen Teilprojekten durchgeführt werden, um den aktuellen Stand-der-Technik in geschlossener Form der Praxis zur Verfügung zu stellen. Das entsprechende Forschungsbündel umfasst also die folgenden Projekte:
§ Teilprojekt 1: Verkehrserhebungsmethoden, Systematik und Glossar
§ Teilprojekt 2: Methoden der Verkehrsbeobachtung
§ Teilprojekt 3: Methoden der Verkehrsbefragung.
Ziel der Forschungsarbeit ist die Ausarbeitung detaillierter Empfehlungen, die es den Entwerfern von revealed und stated preference Befragungen erlauben sollen, ihre Entscheidungen auf der Grundlage abgesicherter Informationen fällen zu können. Dies gilt insbesondere für die Abwägung von Umfang und Detail der Befragung mit den Rücklaufquoten der Befragungen. Dazu sollen beispielhafte Befragungen erarbeitet werden, die die „best practices“ inhaltlich und vom Protokoll her dokumentieren.
Die zentrale Aufgabe einer Befragung ist es, die Antwortbereitschaft der Befragten zu gewinnen und danach nicht mehr zu verlieren. Es ist dabei egal, ob es um eine Befragung zu:
§ Den Eigenschaften einer Person
§ Den abgeschlossen Wegen und Entscheidungen einer Person
§ Den möglichen Entscheidungen einer Person in möglichen zukünftigen Märkten
§ Den Haltungen, Werten und Einschätzungen einer Person
handelt. In jedem Fall muss die Befragung durch die Gestaltung und Inhalte ihrer Kontakte die Befragten überzeugen, dass die Mitarbeitet die angemessene Reaktion ist.
Die Kontakt- und Antwortmöglichkeiten sind heute vielfältig: Papier, Telephon, Internet und smartphones in Kombination mit dem möglichen Einsatzes eines Interviewers, der in unterschiedlichen Rollen eingesetzt werden kann: als Befrager oder auch nur als Helfer, der die Befragten beim selbständigen Beantworten unterstützt.
In einem ersten Teil der Arbeit soll untersucht werden, wie Umfang der Befragung und der gewählte Kanal zusammenwirken. Eine Meta-Analyse der vorliegenden Literatur und Befragungen wird versuchen, den Rücklauf der untersuchten Befragungen als Funktion der Belastung (siehe Axhausen und Weis, 2009), des verwendeten Kanals und der Anzahl Kontakte abzubilden.
Im zweiten Teil werden auf Grundlage aktueller Befragungen und den entsprechenden Erfahrungen beispielhafte Befragungen zu den wichtigsten Themenbereichen entwickelt, die den Entwerfern als Checklisten für ihre eigenen Entwürfe dienen sollen:
§ Verkehrsverhaltenstagebücher, einschliesslich der Sozio-Ökonomie der Befragten
§ Parkraumbefragungen
§ Befragungen zur ÖV-Nutzung im Fahrzeug
§ Stated-preference Befragungen
Den speziellen Anforderungen der stated-preference Befragungen wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, hier vor allem der Konstruktion des Versuchsplans und der Wechselwirkung zwischen späterem Modell und den Befragungsinhalten.
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes bilden die Grundlagen für die Neuerstellung der VSS-Normen SN 640 003a "Verkehrserhebungen, Verkehrsbefragungen".